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Mit diesem Satz katapultierte sich eine 16-Jährige 50 Jahre hinter Gitter

Sie war 16, als sie mit einer Waffe, die sie von ihrem Vater geschenkt bekam, am 29. Januar 1979 in eine Schule ging und damit neun Menschen verletzte – acht davon Kinder – und zwei Erwachsene tötete. Brenda Spencer wurde damals zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Nach 46 Jahren bat sie nun um eine Begnadigung. Das Gericht lehnte ab. Dabei war damals nichts so wie es schien.

„I don’t like Mondays“

„I don’t like mondays“, soll die damals 16-Jährige Brenda Spencer zu einem Reporter gesagt haben, als dieser sie unmittelbar nach ihrem Amoklauf mit einer Waffe an einer Schule, bei der zwei Erwachsene starben und neun weitere Personen verletzt wurden, befragt hat. Ihr angeblicher Satz wird heute noch als zentrale Aussage bewertet, die bei Gericht und bei der Presse damals wie heute das Mädchen wie eine eiskalte Teen-Killerin wirken lässt. Dabei täuscht das Bild massiv und viele wichtige Dinge flossen nie in die Urteilsbewertung mit ein – bis heute nicht.

Vom Vater eine Waffe zum Geburtstag

Brendas lange leicht lockige rötliche Haare waren ihr Markenzeichen. Ein hübsches Mädchen, das von ihrem Vater, wie sie in einem Interview später erzählt, eine Waffe zu ihrem 16. Geburtstag geschenkt bekommen hat. Mit dieser Waffe ging sie an einem Montag im Jahr 1979 in eine Schule und schoss um sich. Es war einer der ersten so genannten Amokläufe in den USA zu der damaligen Zeit und der erste überhaupt, ausgeübt von einem Mädchen. Das Entsetzen darüber und die Betroffenheit mit den Opfern war verständlicherweise groß.

Das personifizierte Böse?

Die Presse stürzte sich auf diesen Fall. Ein Journalist behauptete, er habe direkt nach der Tat mit Brenda gesprochen und nach den Gründen ihrer Tat gefragt. Sie habe anscheinend geantwortet: „I don’t like mondays“. Durch diesen Satz, wenn er denn je so gefallen sein sollte, erschien Brenda wie das personifizierte Böse, ohne jegliches Gewissen. Sie wird als Erwachsene und nicht gemäß dem Jugendstrafrecht verurteilt zu einer lebenslänglichen Haftstrafe – mit der Möglichkeit auf Entlassung ab 1993. Ab 1993 hatte Brenda Spencer die Möglichkeit, um ihre Freilassung zu bitten, was sie bis heute sechsmal versuchte. Sechsmal lehnte das Gericht ab. So bleibt sie weiterhin, seit nunmehr fast 50 Jahren hinter Gittern. Die Begründung hierfür wirkt fadenscheinig. Zumal viele Dinge in ihrem Fall nach wie vor nicht als strafmildernde Umstände herangezogen werden.

Auch Gerichte entwickeln sich innerhalb der vergangenen 50 Jahre weiter

Mittlerweile ist psychologisch längst widerlegt, dass Menschen von Natur aus „böse“ sind. Kein Mensch wird als „Monster“, ohne jedes Gewissen geboren. Wenn wir Geschichten über Täter:innen hören, sind diese oft stark traumatisiert – in ihrer Kindheit und/oder in ihrem weiteren Leben. Nicht selten sehen sich viele Täter:innen interessanterweise selbst als nicht traumatisiert an und weisen jegliche verstörende Kindheit von sich und idealisieren sie möglicherweise noch, da sie die Wahrheit gar nicht verkraften würden. Das ist ein Teufelskreis, denn durch ein Ausblenden der eigenen Traumata, besteht auch nie die Möglichkeit einer Aufarbeitung und damit einer Verarbeitung. Eines solcher Beispiele ist etwa der Serienmörder Ted Bundy, der Frauen zunächst umschmeichelt und dann auf qualvolle Weise umgebracht und sich an ihren Leichen vergangen hat. Das war ebenfalls in den 1970er Jahren. Sein Umfeld berichtete von einem verstörenden schwierigen Kindheit und einem abweisenden Elternhaus. Bundy selbst nahm alle Schuld auf sich und erklärte in ausführlichen Interviews, eine perfekte Kindheit gehabt zu haben und er einfach so geboren oder eventuell die Pornoindustrie Schuld an seinen verstörenden Trieben sei.

Kein Mensch wird als Mörder geboren

Es gibt in keinen einzigen Täter, der bewusst derartige Taten durchgeführt hat. ohne dass er traumatisiert ist und/oder dass er psychische Leiden hat und/oder von äußeren Einflüssen bestimmt wurde, wie etwa durch Drogenkonsum. All diese Dinge werden in der Regel im Rahmen eines Gerichtsverfahrens näher geprüft – und zwar dahingehend, ob es schuldmindernde Umstände gibt, die zu dem Mord geführt haben. Liegen schuldmindernde Umstände vor, werden Mörder in Deutschland nicht wegen Mordes verurteilt, sondern wegen Totschlages, was eine wesentlich geringere Haftstrafe bewirkt. So ist es zumindest heute, 50 Jahre später, üblich. Aktuelle zahlreiche Fälle von Pädophilie in Deutschland kommen vor Gericht noch immer häufig mit einer Haftstrafe zwischen 5 und 10 Jahren davon – und das, obwohl die Täter:innen diese Taten nach der Haft wieder begehen könnten.

In dem Video wirkt sie authentisch und glaubwürdig

In einem Interview aus dem Gefängnis, das das Mädchen kurz nach ihrer Verurteilung mit CSB führte, erklärte sie, dass sie an diesem Tag und auch die darauffolgenden Tage noch unter massivem Drogeneinfluss stand und sich nur noch bruchstückhaft an diese Tage erinnern konnte. In eben diesem Interview erzählte sie auch, dass ihr Vater ihr diese Waffe zu ihrem 16. Geburtstag geschenkt hat. Das ist kein übliches Weihnachtsgeschenk und spricht sicher nicht für ein friedvolles Elternhaus. Als sie mit dem Reporter über die beiden Männer spricht, die durch ihre Hand gestorben sind, weint sie und sagt, das sei sehr schwer auszuhalten, dass diese Männer wegen ihr tot sind. In dem Video wirkt sie absolut authentisch und glaubwürdig. Sie zeugte echte Reue, was ein Gericht ebenfalls als positiv bewerten sollte.

Convicted San Diego school shooter Brenda Spencer exclusive CBS 8 interview in 1993

Heute werden strafmildernde Umstände mehr beleuchtet und höher bewertet bei der Urteilssprechung

Vielleicht waren die Gerichtsverfahren Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre noch nicht soweit, um auch das soziale Umfeld, das Elternhaus und die Kindheit in den Blick zu nehmen. Vielleicht wurden mögliche psychische Leiden nicht geprüft. Aber nun, nach knapp 46 Jahren hinter Gittern hat sich die Welt verändert und es sollte jedem, der eine so lange Haftstrafe verbüßt (geschweige denn, dass die wenigsten Menschen eine so lange Haftstrafe überhaupt verbüßen müssen, selbst wenn sie die schlimmsten Taten verübt hatten, wie etwa Kindesmissbrauch), die Möglichkeit gegeben werden, den Fall noch einmal neu prüfen zu lassen. Sechsmal hat Brenda in den vergangenen Jahrzehnten versucht, eine gerichtliche Wiederaufnahme ihres Falles zu erkämpfen, ohne Erfolg. Das letzte Mal im Februar diesen Jahres.

Die Anwaltskanzlei in San Diego, die unter anderem drei der damaligen Opfer vertritt, freut sich über die Entscheidung des Gerichts und erklärt:

„The shock of this brazen crime rippled through the community in San Diego at the time and it continues to hold a place of infamy in the history of mass shootings in our nation. While new laws are in place that can potentially speed up releases for individuals who were convicted as minors, as well as inmates who are over 50 years old, our position is that the totality of the horrific circumstances of this crime and this case do not warrant release and we are gratified that the Parole Board agreed with our position.“

Die Anwaltskanzlei bezieht sich damit auf den Schock-Moment des damaligen Amoklaufes und was dieser bis heute für Auswirkungen auf San Diego hat und daher eine Freilassung von Brenda nicht in Frage komme.

Bei einer Entscheidung über eine Freilassung eines Menschen sollte jedoch nicht im Vordergrund stehen, welche verheerenden Auswirkungen die vergangenen Taten noch immer auf das Umfeld haben, da der Umkehrschluss bedeuten würde, dass im Grunde niemals ein Mensch wieder entlassen werden dürfte, der wegen Totschlags oder Mord verurteilt worden ist. Es sollte einzig und allein darum gehen, zu prüfen, ob dieser Mensch nach wie vor eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellt.

Das nächste Mal kann Brenda Spencer im Jahr 2028 um ihre Freilassung bitten.

 

 

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