Keine Produkte im Warenkorb.
Polizeibeamte nehmen einer Mutter am Donnerstag, den 27. Oktober 2022, ihren fünf Wochen alten Jungen von ihrer Brust, während sie es gerade stillt. Ihr Auftrag vom Familiengericht in Augsburg: das ein Monate alte Kind zum Vater zu bringen, da dieser sich vermeintlich besser um das Kind kümmern kann.
Wie ist so etwas möglich?
Die Mutter ist weder psychisch krank noch drogensüchtig oder alkoholkrank. Sie hat ein Jurastudium absolviert, ist Anfang 30 und kann immer noch nicht glauben, was ihr widerfahren ist in einem Land, in welche sie dem Rechtsstaat bislang blind vertraut hat, ja, sogar für ihn arbeitet.
Wie ist so etwas möglich? Rückblende:
Vorausgegangen war eine Beziehung mit einem studierten Ingenieur. Margarethe Katz (Name von der Redaktion geändert) hat lange braune Haare, ist hochintelligent, innerlich aber durch eine traumatische Kindheit, Missbrauchsopfer, hoch verunsichert in ihrem Selbstwert, keine Familie im Hintergrund, die ihr Halt gibt. Ein gefundenes Fressen für narzisstische Persönlichkeiten.
„Mein Exmann war der erste Mensch, dem ich vertraut und dem ich geglaubt habe“
Sie lernten sich vor zehn Jahren im Dezember 2013 kennen. „Mein Exmann war der erste Mensch, dem ich vertraut und dem ich geglaubt habe“, erinnert sich die ehemalige Jurastudentin. Die Beziehung wurde schnell ernst, nach nur drei Monaten waren sie verlobt, nach einem halben Jahr bereits verheiratet. Nach zwei gescheiterten Schwangerschaften kam ein Jahr später ihre gemeinsame Tochter auf die Welt. Sie war ein Frühchen. Es gab laut Margarethe Katz psychische Gewalt in der kurzen gemeinsamen Zeit. Worte wie „Fotze“ und „Schlampe“ gehörten angeblich zum Repertoire ihres Noch-Ehemannes. Sie solle aufhören zu arbeiten, sich lediglich um ihr Kind kümmern. Sie ging auf Abstand zu ihren Freunden, da ihr Noch-Ehemann sie warnte, dass ihre alle ihr Glück mit ihm nicht gönnen würden. Ein perfides, aber leider auch typisches Spiel von Isolation bei narzisstischen Persönlichkeiten im Rahmen einer toxischen Beziehung.
„Ich war ihm auch damals noch hörig“
Die Trennung erfolgte 2021, als ihre Tochter sechs Jahre alt. Margarethe zog aus der gemeinsamen Wohnung nach einem Streit aus, stand zunächst gänzlich alleine da. Mündlich vereinbarten die Eltern das „Nestmodell“. Das heißt, die gemeinsame Wohnung bleibt bestehen, das Kind kann in der gewohnten Umgebung aufwachsen. Wochenweise wollten sich die Eltern abwechseln mit der Betreuung. Sie wohnte bei einer Freundin, wenn sie nicht in der Wohnung war, er im Hotel, das sie finanziert. So hatten sie es vereinbart. „Ich war ihm auch damals noch hörig. Ich habe bei allem zugestimmt, ich bin durch jeden Reifen gesprungen“, erklärt sie rückblickend. Derweil kontaktiert ihr Noch-Ehemann Bernhard* die Schule, behauptet, dass er alleinerziehend sei und Margarethe psychisch krank. Später habe er unter anderem dem Jugendamt suggeriert, dass Margarethe ihn vergewaltigt habe. Er zeigt sie im Jahr darauf an. Die Anzeige gegen sie wird später fallengelassen.
Das ist nicht die einzige Anzeige, die der Kindsvater gegen sie stellt
Das ist nicht die einzige Anzeige, die der Kindsvater (KV) gegen sie stellt. „Das Erbe meines 2019 verstorbenen Vaters ist komplett weg durch die ganzen Gerichtsverfahren“, sagt sie. Kindsunterhalt wolle er haben, Trennungsunterhalt wolle er wiederum nicht zahlen (und kann er jetzt durch die ihm von Staats wegen bewilligte Elternzeit nicht mehr zahlen). Die Hälfte ihres Erbes möchte. Des Weiteren möchte er nun die Rechtsreferendarin für geschäftsunfähig erklären lassen und einen Antrag auf Vormundschaft stellen. Immer wieder stand in den vergangenen Monaten der Notarzt vor ihrer Tür, weil Bernhard diesen kontaktiert hat wegen angeblicher Eigengefährdung, sprich, er mache sich Sorgen, dass Anna sich etwas antue.
Behauptungen werden scheinbar zur Realität, wenn sie jemand nur lange genug wiederholt
Während unseres Videointerviews wirkt Margarethe Katz klar, äußert sich differenziert und kann es lediglich nicht fassen, wie es in einem Rechtssystem wie in Deutschland möglich ist, jemanden auf diese Weise durch alle Instanzen ohne jegliche Beweismittel vorzuführen und an den Pranger zu stellen. Behauptungen werden scheinbar zur Realität, wenn sie jemand nur lange genug wiederholt. Immer wieder verweist ihr Noch-Ehemann Bernhard darauf, dass sie psychisch labil sei. Es gibt mittlerweile mehrere Gutachten, die alle belegen, dass das nicht der Fall ist – und dabei hätte Margarethe allen Grund dazu, mittlerweile durch die Diffamierungen ihres Noch-Ehemannes psychisch labil zu sein. Denn auf diese Weise hat er es am Ende geschafft, dass beide Kinder bei ihm leben, selbst der Säugling, der ihr im Alter von nur 5 Wochen im Oktober 2022 von Polizeibeamten beim Stillen weggenommen wurde.
„Ich bin kein aggressiver Mensch, sondern ein Fluchttier“
„Ich gehe sehr ungern in die Konfrontation“, erklärt Margarethe. „Ich bin kein aggressiver Mensch, sondern ein Fluchttier.“ Dennoch geht sie nun rechtlich gegen ihn vor, unter anderem wegen falscher Verdächtigung, Verleumdung und übler Nachrede.
Lieber in eine Pflegefamilie, als zur Mutter, so der Kindsvater
Das am 18. März 2022 gerichtlich vereinbarte Wechselmodell bei der Tochter funktionierte genau eine Woche, dann gab Bernhard 2022 die Tochter nicht mehr her. Im Rahmen des ersten Gerichtsverfahrens zur gemeinsamen Tochter im Frühling 2022 vermutet der Kindsvater bei der Kindsmutter eine unerkannte Persönlichkeitsstörung wie Schizophrenie oder Borderline, gibt zugleich an, dass ausschließlich sie sich um die Tochter gekümmert habe und diese immer verbal misshandelt hätte. Im Herbst 2022 im Gerichtsverfahren bezüglich des frisch geborenen Sohnes macht er sich plötzlich „ernsthafte Sorgen“ um seine Frau und suggeriert, dass diese einen erweiterten Suizid begehen wolle. Sie sei schon immer psychisch labil gewesen, erklärt er. Es gehe ihm darum, dass das Kind von der Mutter getrennt wird, sprich, lieber in einer Pflegefamilie lebt, als bei der Mutter. Wie die Tochter am 28. April 2022 bis zum Ende des Jahres 2022 kommt auch der Sohn zumindest für eine Nacht aufgrund der Aussagen vom Kindsvater in die Pflegefamilie. Mittlerweile leben beide Kinder beim Vater.
Wie eine Schwerverbrecherin gefühlt
Der letzte Kontakt zwischen Margarethe und ihrer mittlerweile fast achtjährigen Tochter war am 1. Dezember 2022 und wurde abgebrochen, da Margarethe sich während der betreuten Umgänge, die sie mit ihrer Tochter führen durfte, wie eine Schwerverbrecherin gefühlt hat.
Gericht beschließt die „Herausgabe des Kindes“
Kurz vor ihrer Trennung wird Margarethe schwanger von Bernhard. Sie möchte das Kind behalten, informiert auch Bernhard, dass er nochmal Vater wird. Dieser setzt alles daran, auch das Sorgerecht für den Säugling für sich zu beanspruchen.
Sie darf ihren Sohn täglich eine Stunde zum Stillen sehen
Im September 2021 kommt Margarethes Sohn etwas zu früh bei einer Spontangeburt in Erlangen auf die Welt. Das Gericht in Augsburg beschließt derweil die „Herausgabe des Kindes.“ Der Grund: Der Kindsvater mache glaubhaft, dass er sich Sorgen und seine Frau und sein Kind macht und den Aufenthalt der Mutter nicht weiß. Daher müsse man das Kind vorsichtshalber wegnehmen oder man mache den Wunsch des Vaters wahr und die Mutter gehe in eine Mutter-Kind-Einrichtung. Margarethe möchte das zunächst nicht. Sie sucht stattdessen Hilfe bei MIA, einem Mütterverein, der Mamas in derartigen Notsituationen unterstützt und kann bei Carola Wilcke, Gründerin der Löwenmamas, der Selbsthilfegruppe des Müttervereins MIA Deutschland, für ein paar Tage bleiben. Dann stürmen Polizeibeamte im Oktober 2022 das Haus von Carola Wilcke, nehmen Margarethes Sohn mit. Über Nacht kommt er in eine Pflegefamilie und am Folgetag wird er vom Vater in Görlitz abgeholt und nach Augsburg gefahren. Stillen, abgepumpte Milch oder auch Umgang verweigert zunächst der Vater der Mutter. Der Polizeieinsatz wird im Nachhinein als überzogen bewertet. Ein Gerichtsvollzieher hätte dabei sein müssen, wie die TAZ berichtete. Carola Wilcke, die Margarethe für ein paar Tage Schutz gewährt hat, gerät ins Kreuzfeuer und mit ihr ihre beiden Pflegekinder, wie der Spiegel schreibt. Der Sohn, dem der Vater mittlerweile einen anderen Namen gegeben hat als Margarethe, lebt nun beim Vater, Margarethe darf ihren Sohn täglich eine Stunde zum Stillen sehen. Es ist demütigend, bis Dezember 2022 zieht sie ihr Dasein als „Milchkuh“ durch, dann beendet sie auch diese Farce. Auch weil der Kindsvater nicht gerade zimperlich mit ihr während dieser Zeit umgeht. Er sprich angeblich auch eine Morddrohung ihr gegenüber aus. Margarethe zieht sich seitdem zurück. Sie möchte keine Milchkuh für ihren Sohn sein, sondern einfach nur eine Mutter. Und sie möchte sich von ihrem Ehemann nicht länger demütigen lassen.
Findet hier nicht eine Täter-Opfer-Umkehr statt?
Wie kann es sein, dass aufgrund keiner Beweislage einer Mutter zwei Kinder entzogen werden? Im Gegenteil. Die Mutter verlässt den Vater wegen psychischer Gewalt in der Ehe. Der Vater wiederum bekommt am Ende das Sorgerecht für die Kinder, eines davon ein Säugling, zugesprochen. Findet hier nicht eine Täter-Opfer-Umkehr statt?
Amtsgericht verweist darauf, dass der Polizeieinsatz nie von ihnen angewiesen worden sei – Dokumente der Polizei widerlegen diese Aussage
Wir haben beim zuständigen Jugendamt und bei dem zuständigen Amtsgericht in Augsburg nachgefragt, auf das öffentliche Interesse im Zuge des Polizeieinsatzes im Oktober 2022 verwiesen. Das Amtsgericht in Augsburg verweist dabei darauf, dass sie aufgrund „der Persönlichkeitsrechte der weiteren Verfahrensbeteiligten keine Auskünfte zum konkreten Fall geben können“. Richterin Martina Triebel betont darüber hinaus auf folgenden Sachverhalt: „Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass es nicht zutreffend ist, dass der Polizeieinsatz durch das Familiengericht Augsburg angewiesen wurde. Die Umsetzung einer Herausgabeanordnung unterliegt nicht mehr dem Einflussbereich des Amtsgerichts.“ Aber wer hat dann diesen skurrilen Herausgabebeschluss ohne fundierte Grundlage bezüglich einer Kindeswohlgefährdung veranlasst? Auf den Dokumenten der Polizei Görlitz, die diesen Einsatz durchgeführt hat, wird wiederum auf das Amtsgericht Augsburg verwiesen, von welchem dieser Herausgabebeschluss ausgegangen sein soll.
Das passiert, wenn ein Partner die Kontrolle über den anderen Partner verliert. Dann gibt er diesen zum Abschuss frei.“
Carola Wilcke kann sich noch gut an den Abend erinnern, als die Polizeibeamten ihr Haus stürmten, um den Sohn von Margarethe Katz mitzunehmen. Diese „Zwangspsychiatrisierung“, die stattfindet, ist richtig schlimm“, sagt sie. Sprich: Ein Ex-Partner betreibt so genanntes „Blaming“ gegenüber dem anderen Ex-Partner, etwa, in Form, dass dieser vermeintlich psychische Probleme habe. Oft liegen keinerlei Beweise auf dem Tisch, aber dennoch werden den Lügen geglaubt. Nicht selten sind das jedoch genau die Menschen, die die eigentlichen Probleme haben. Das Problem, so Wilcke, sei, dass vor dem Familiengericht keine Zeugen gehört werden. Der Richter entscheidet am Ende, wer glaubwürdiger ist, ruhiger. Und das in einer emotional aufgeladenen Situation, die Frauen häufig wesentlich mehr zu schaffen macht als Männer, nämlich dann, wenn der Verlust der Kinder droht.
Wilcke sagt aber auch: „Sie dürfen nicht denken, dass das ein Unterschichtenproblem ist. Das passiert, wenn ein Partner die Kontrolle über den anderen Partner verliert. Dann gibt er diesen zum Abschuss frei.“
Text: Dr. Sandra Hartmann
zurück zu den LÖW:INNEN
WIR KÖNNEN’S AUCH AUF HOCHDEUTSCH
GSCHWÄTZ – Das Magazin
Gaisbacher Straße 6 | 74653 Künzelsau
Tel. 07940 | 935 557