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  • Carolin und Matthias Wied mit einem ihrer Alpakahengste. Foto: GSCHWÄTZ

Nix zum Schmusen

Sobald man den hellen Stall betritt, gehen die Köpfe hoch. Neugierig schauen 20 große, dunkle Augen aus schwarzen, hell- und dunkelbraunen, wolligen Gesichtern auf den Besuch: Zehn Alpakas stehen und liegen in den großen Boxen. Sie strahlen Ruhe aus, durch ihr wolliges Fell sogar eine gewisse Gemütlichkeit, und kauen genüsslich ihr Futter wieder. Mit den hochgezogenen Mundwinkeln scheinen sie zu lächeln. Die Vorderzähne stehen leicht hervor, was ihnen zusätzlich etwas Drolliges verleiht. Gleichzeitig ist etwas zu hören, was am ehesten einem leisen Summen oder Brummen ähnelt – quasi die Alpaka-Sprache. Jedes der Tiere hat seinen eigenen Ton. Damit unterhalten sie sich oder betteln um Futter.

„Als Rasenmäher sind die Alpakas eher nicht geeignet“

Die fünf Hengste und fünf Stuten sind im Besitz von Carolin und Matthias Wied auf dem Bobachshof oberhalb von Criesbach. „Vor fünf Jahren haben wir die ersten drei Hengste gekauft“, blickt der 41-Jährige zurück, der aus dem Weiler stammt. „Das hat sich dann so peu à peu entwickelt“, ergänzt seine Frau lachend. Ein Jahr später kam das erste Fohlen zur Welt, dieses Jahr werden im Juni zwei erwartet. Der Nebenerwerbslandwirt wollte, dass die Wiesen um den Hof der Familie herum abgefressen werden. Außerdem sei ein Alpaka doch wirklich mal etwas anderes. Allerdings: „Als Rasenmäher sind die Alpakas eher nicht geeignet.“ Die Tiere seien sehr wählerisch und fressen nicht alles. Gourmets also.

„Monte ist der Chef“

Alpakas sind Kleinkamele und kommen ursprünglich aus den Anden in Südamerika. Sie sind nicht mit Lamas verwandt, sondern stammen vom Vikunja ab. Neben den unterschiedlichen Farbtönen der Felle fällt auf: Die Tiere im Stall der Familie Wied sind nicht alle gleich groß. Sieben bis acht Jahre alt ist das älteste Alpaka auf dem Bobachshof – der Hengst Monte. Er ist zwar der Chef der Herde, aber bei weitem nicht der Größte. Teilweise sind jüngere Tiere größer als die älteren. Doch die Rangordnung ist geregelt – „die Pubertiere streiten eher aus Langeweile“.

Beste Futterverwerter

„Alpakas sind robust in der Pflege“, sagen die Besitzer. „Sie fressen Heu und draußen auf der Weide Gras.“ Im Stall hängen auch noch Lecksteine für den Mineralienhaushalt. Nur die tragenden Stuten bekommen zusätzlich etwas Kraftfutter. „Die Hengste bekommen das nur ab und zu, denen haut’s sonst den Draht raus“, merkt Carolin Wied lachend an. Sie sind beste Futterverwerter, die alles verdauen und selbst auf dem Weg zur Weide noch das kleinste Grashalm abzupfen. Rund eine halbe Stunde Zeit müssen die Besitzer täglich für die Tiere aufwenden zum Ausmisten und Füttern: „Ihnen ist es egal, ob wir da sind oder nicht.“ Hauptsache die Stalltür ist offen, durch die sie direkt auf die Weide können. Hinter dem Stall erstreckt sich ein großes Wiesengelände, das durch Zäune unterteilt ist. Hier verbringen die Alpakas am liebsten ihre Zeit – natürlich streng getrennt nach Geschlechtern. Nur wenn es regnet, dürfen sie nicht raus. „Das macht ihnen zwar nicht wirklich was aus, aber es dauert vier bis fünf Tage, bis das Fell wieder trocken ist.“

Optimal auf Kälte eingestellt

Als echte Hochgebirgler sind Alpakas optimal auf Kälte eingestellt. „Die genießen sie regelrecht und legen sich mit dem Bauch direkt in den Schnee, wenn es mal schneit“, erklärt die 34-Jährige. Das Vlies ist sieben bis acht Zentimeter lang und so dicht, dass sogar Schnee darauf liegen bleibt. Die einzelnen Haare sind sehr dünn und innen hohl – „eine der wertvollsten Fasern der Welt.“ Im Mai, wenn die Tage wärmer werden, werden die Alpakas geschoren. Das macht Matthias Wied selbst, manchmal unterstützt von einem Scherer. Das Wollvlies wird anschließend von Hand vorsortiert. Daraus lassen sie Decken, Kissen und sogar Seife machen, die sie unter dem Label „Die Alpaka-Hirtin“ in ihrem Hofladen verkaufen. Weitere Produkte in ihrem Sortiment: Strickgarn, Socken, Einlegesohlen, Mützen und Schals, Kleidung und Plüschtiere.

Spaziergänge mit Alpakas

Zusätzlich bietet das Paar Spaziergänge mit den Alpakas an – beliebt für Kindergeburtstage aber auch bei Firmen oder privaten Gruppen. Dann geht’s für rund eine Stunde in die nähere Umgebung – der idyllisch gelegene Weiler bietet dafür die optimalen Gegebenheiten. Die Kunden dürfen die Tiere führen, die allerdings bestimmen das Tempo. Nur am Strick ziehen gehe nicht – dann könne es schon mal passieren, dass sich das Alpaka einfach hinlegt. „Wir nehmen immer mindestens zwei der Hengste mit“, sagt Matthias Wied. „Alpakas sind Herdentiere, ein einzelnes allein würde nicht mitgehen.“ Tragende oder säugende Stuten könne man nicht nehmen und gemischte Alpaka-Gruppen würden auch nicht funktionieren. „Da haben die Hengste dann ganz andere Interessen.“ Reiten könne man Alpakas ebenfalls nicht – der Rücken der Tiere ist dafür nicht ausgelegt. Trotzdem sind sie sehr kräftig und können aus dem Stand heraus einen Meter hochspringen.

„Alpakas spiegeln den Menschen“

Alpakas gelten als friedliche und sensible Tiere, sozial und anhänglich und werden gern für Therapiezwecke eingesetzt. „Sie spiegeln den Menschen“, erklären die Besitzer. „Wenn wir Stress haben, sind sie auch unruhig.“ Und sie sind sehr neugierig: „Wenn man im Stall was macht, kommen sie und schauen zu.“ Trotzdem sind Alpakas keine Haus- oder Schmusetiere: „Es sind Wildtiere mit ganz speziellen Eigenschaften, die sich auch anders als Haustiere verhalten.“ Bevor sie sich die ersten Exemplare angeschafft haben, besuchten die Besitzer Kurse, denn die Tiere brauchen gewisse Bedingungen, um optimal versorgt zu sein. „Ein Schaf oder eine Ziege ist einfacher zu halten“, ist Matthias Wied überzeugt.

Kein Spucken

Und nein: Entgegen der landläufigen Meinung spucken Alpakas im Normalfall nicht auf Menschen. „Das machen sie bei Futterneid oder Rangkämpfen unter einander“, erklärt ihr Besitzer. „Bei Menschen machen sie das nur, wenn sie Angst haben oder man sie ärgert.“

Hofladen

Coronabedingt finden zurzeit keine Spaziergänge mit den Alpakas statt. Alle Produkte aus dem Hofladen von Familie Wied können unter Telefon 0152/0994 0066 oder per E-Mail an info@alpaka-hirtin.de bestellt und nach Terminvereinbarung kontaktlos abgeholt oder per Post verschickt werden. Weitere Informationen auf der Internetseite: https://alpaka-hirtin.jimdo.com/

Text: Sonja Bossert

 

Alpakas gelten als friedliche und sehr sensible Tiere. Foto: GSCHWÄTZ

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