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„Im Elterntraining kann ich ungünstige Verhaltensmuster aufdecken“

Klaus Weißenberger hat seit 2003 eine eigene Ergotherapiepraxis in Bad Mergentheim, wo er insbesondere auch mit Kindern und Familien arbeitet. Er beantwortete die Fragen von Nadja Fischer.

GSCHWÄTZ: Wie viele Ihrer Kinder, die Sie behandeln, haben ein Aufmerksamkeitsproblem?

Weißenberger: Ich arbeite überwiegend mit Familien, deren Kinder Aufmerksamkeitsprobleme haben, oft als Symptom einer Bindungs- und Beziehungsproblematik.

GSCHWÄTZ: Betrifft das eher Jungen oder Mädchen?

Weißenberger: Es sind überwiegend Familien mit Jungen angemeldet.

„In der schulischen Laufbahn kommen erste Konsequenzen in Form von schlechten Noten“

GSCHWÄTZ: Wie zeigen sich bei Kindern Aufmerksamkeitsprobleme?

Weißenberger: Rasches und flüchtiges Arbeiten. In der Kommunikation kurz angebunden oder Redefluss. Inadäquate Kommunikation, die Kinder wechseln die Themen. Unruhiges Verhalten, Bewegungsdrang. Widerständiges, oppositionelles Verhalten. Soziale Unsicherheit, Angst.

GSCHWÄTZ: Welche Konsequenzen hat dieses Verhalten in der schulischen Laufbahn?

Weißenberger: In der schulischen Laufbahn kommen die ersten Konsequenzen in Form von schlechten Noten. Oppositionelles Verhalten hat auch Entzug von Wärme und Nähe des/der Lehrer/in gegenüber dem Schüler/in zur Folge. Die fehlende Automatisierung von zum Beispiel Einmaleins und Leseverständnis hat zur Folge, dass darauf aufbauende Anforderungen wie Textaufgaben nicht gelöst werden können.

GSCHWÄTZ: Inwieweit fördert das soziale Umfeld, im speziellen das familiäre Alltagsleben, unruhige Kinderseelen?

Weißenberger: Innerhalb der Familie geschieht die bestmögliche Förderung für Beziehung und Bindung des Kindes. Gibt es dahingehend Probleme beim Kind, so können Eltern diese unbewusst verstärken.

„Im Elterntraining kann ich ungünstige Verhaltensmuster aufdecken“

GSCHWÄTZ: Sie arbeiten sehr stark verhaltenstherapeutisch. Das heißt, das Verhalten aller Familienbeteiligten wird mittels Videoanalyse von Ihnen evaluiert und dementsprechend verbessert.

Weißenberger: Ja, ich arbeite zu 50 Prozent mit den Eltern im Beisein des/der Kindes/Kinder. Im Elterntraining kann ich ungünstige Verhaltensmuster aufdecken und mit den Eltern passende Reaktionen einüben. Es wird der Transfer in den Alltag besprochen.

GSCHWÄTZ: Was sind typische familiäre Muster, die aus unruhigen Kindern noch unruhigere Kinder machen? Sie nennen unter anderem kein strukturierter Alltag, keine klaren Regeln, direkter Blickkontakt fehlt bei der Kommunikation.

Weißenberger: Ihre Vorschläge sind gut und bewusst. Ich mache den Eltern unbewusste Signalgebung bewusst. Bis zu 99 Prozent unserer Signalgebung ist hochautomatisiert und somit unbewusst (Gestik, Mimik, Bewegung, Stimme und vieles mehr). Sind diese Signale als elterliche Reaktion zeitnah (Sekundenfenster) zum Verhalten des Kindes, so sind sie stark steuernd. Sind diese zeitnahen Signale unpassend, so wird das ungünstige Verhalten des Kindes verstärkt.

„Es gibt Ratgeber mit konträrem Inhalt, hier wird die Unsicherheit der Eltern gefördert.“

GSCHWÄTZ: Wie kann man als Eltern seinen Teil leisten, dass Kinder im Alltag ruhiger werden?

Weißenberger: Für die Aufdeckung von verstärkenden Signalen benötige ich die Anwesenheit der Familie. Eltern können eben Besprochenes in der Lernsituation erfolgreich anwenden und sich umstellen. Es gibt zahlreiche Literatur mit richtigen Ratschlägen, die Umsetzung ohne Moderation bleibt für die Eltern schwierig. Zudem gibt es Ratgeber mit konträrem Inhalt, hier wird die Unsicherheit der Eltern gefördert. In meinem Vortrag zum Thema Konzentration mache ich zur besprochenen Theorie Rollenspiele mit meinem Kollegen. Hier kann das Publikum die Zusammenhänge zwischen unbewussten Signalen und deren Auswirkung besser verstehen.

GSCHWÄTZ: Sie arbeiten auch mit einem Punktesystem (positive / negative Konsequenzen) sowie mit einem fünf- beziehungsweise zehnstufigen Modell. Können Sie dies näher erklären?

Weißenberger: Ja. Eltern und Kinder können sich in der Therapie nicht sofort zu 100 Prozent auf neue Lerninhalte (Verhaltensweisen) umstellen. Hier benötigen sie Hilfsmittel in Form von Wochenplänen und Zielleisten. Es werden einige wenige Schwerpunkte gesetzt und eine Überforderung somit vermieden.

„Bei richtiger Dosierung verringert sich zum Beispiel die Unruhe.“

GSCHWÄTZ: Inwieweit kann Ritalin oder können andere Medikamente Kindern mit ADHS helfen?

Weißenberger: Methylphenidat ist einer der besterforschtesten Wirkstoffe. Er wird schon über Jahrzehnte teilweise mit Erfolg bei ADHS eingesetzt. Für eine sichere Diagnostik beinhaltet die Anamnese des Arztes Kinder/Jugendpsychiatrie auch eine Beobachtung von Lehrer/in. Bei richtiger Dosierung verringert sich zum Beispiel die Unruhe, die Aufmerksamkeit des Kindes kann sich stabilisieren. Optimal ist eine medikamentöse Einstellung bei gleichzeitigem Elterntraining. Hier kann es auch zu einer Verbesserung der Frustrationstoleranz, Konfliktbewältigung und der emotionalen Reife insgesamt kommen.

GSCHWÄTZ: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Die Fragen wurden Herrn Weißenberger schriftlich eingereicht.

Mitarbeit: Nadja Fischer

Auch physische Beweglichkeit gehört zur Ergotherapie. Foto: GSCHWÄTZ




„Ich würde mich im Grabe umdrehen“ – Warum sprechen wir nicht über den Tod?

Sterben will keiner. Der Tod kommt aber und das ist gewiss. Die Frage ist nur, was man daraus macht. Wünschen wir uns nicht alle, irgendwann mit über 100, nach einem wunderschönen Tag mit den Lieben ohne größeres Gebrechen einfach friedlich einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen? Eine sehr stilvolle Beerdigung folgt und die Hinterbliebenen trocknen sich die Tränen und sagen zueinander: „So hätte der Verstorbene sich das gewünscht.“

Vorsorgemappe ausfüllen

Tja… die Realität sieht aber meist anders aus. Plötzlich klopft der Tod an die Türe und dann ist es auch schon rum oder aber man liegt leidend im Bett und wartet sehnlichst auf den Sensenmann. Nicht zu vergessen – man ist noch nicht einmal richtig kalt und schon beginnt der Streit um das Erbe.Warum sprechen wir nicht schon früher über den Tod, das Älterwerden und was im Fall der Fälle mit uns geschehen soll? Da setzt man sich an einem Sonntagmittag hin und füllt die Vorsorgemappe aus. Einfacher gesagt als getan – denn, was will man überhaupt?

Wer soll sich um was kümmern?

Wem traue ich es zu, mir ein nettes Pflegeheim auszusuchen? Wann soll „der Stecker gezogen“ werden? Was soll der Pfarrer an meiner Beerdigung alles über mich erzählen? Möchte ich ein Plätzchen auf dem Waldfriedhof oder doch lieber einen Sarg und das klassische Grab auf dem Friedhof? Sollen meine Hinterbliebenen den billigsten Sarg nehmen, denn der verrottet ja sowieso – oder will ich auf meinem letzten Weg doch noch einmal einen pompösen Auftritt hinlegen? Wer wird mein Erbe sein? Und wer bekommt was?

Über diese Fragen sollte jeder von uns nachdenken, die Antworten festhalten und bestenfalls mit einem der Lieben in seinem Umfeld darüber sprechen – bevor man eine Bestattung bekommt, bei der man sich am liebsten im Grabe umdrehen würde.




„Wer soll die nächste Vertrauensperson sein?“ – Wie hilfreich eine Vorsorgemappe sein kann

Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung, Testament, Beerdigung… das will keiner hören, man will sich nicht damit beschäftigen und schiebt es immer vor sich her. Aber irgendwann ist es zu spät und die Angehörigen wissen vielleicht nicht, wie sie richtig handeln sollen.

Für die letzte Lebensphase

Der Kreisseniorenrat, Betreuungsverein im Hohenlohekreis e.V., Pflegestützpunkt Hohenlohekreis und das Sozial- und Vorsorgeamt im Landratsamt Hohenlohekreis mit Betreuungsbehörde und Altenhilfefachberatung erabeiteten eine Vorsorgemappe für alle Einwohner im Hohenlohekreis. In dieser Vorsorgemappe kann man alles für seine letzte Lebensphase oder im Todesfall regeln.

Alles Wichtige zusammengefasst

Solange man noch seinen eigenen Willen äußern kann und entscheidungsfähig ist – sollte man dies auch tun, auch wenn man sich gerade nicht mit diesem schweren Thema befassen möchte. Die Vorsorgemappe des Hohenlohekreises hat alles Wichtige zusammengefasst, so dass man die Mappe nur noch ausfüllen muss. Möchte man bei einer schweren Krankheit am Leben erhalten werden oder wo möchte man seine letzten Augenblicke erleben dürfen? Wer soll die nächste Vertrauensperson sein? All diese Informationen kann man Patientenverfügung, der Vorsorgevollmacht und der Betreuungsverfüfung festhalten. Dieser Wille muss umgesetzt werden.

Vorsorgeausweis im Geldbeutel

Wichtig ist auch der Vorsorgeausweis, den man einfach in seinen Geldbeutel legt. Wenn einem etwas zustoßen sollte und man nicht mehr entscheidungsfähig ist, hilft dieser Vorsorgeausweis, auf dem angekreuzt ist, welche Vollmachten und Verfügungen vorhanden sind, um weitere Schritte ganz im Sinne des Betroffenen zu planen. So darf etwa niemand Sterben gegen den Willen des Betroffenen aufhalten oder verlängern.

Auch den digitalen Nachlass regeln

Auch das digitale Zeitalter spielt eine Rolle. Was soll mit den persönlichen Daten nach dem Tod passieren? Soziale Medien, Cloud, Festplatten, Online-Banking, Passwörter … soll alles gelöscht werden, soll einiges erhalten bleiben oder sollen die Angehörigen darüber entscheiden? Ein digitales Weiterleben ist schließlich auch nach dem Tod möglich.




„Nehmen Sie das nächste Mal den anderen Auszahl-Automaten“ – Meine Wochenenden ohne EC-Karte

Es ist Freitagnachmittag, Ende September, gegen 16 Uhr. Bevor ich einkaufen gehe, brauche ich noch Bargeld, also laufe ich in Künzelsau in der Hauptstraße zum Geldautomaten. Karte rein, der Automat flackert kurz und auf dem Display ist zu lesen „Störung“. Fassungslos starre ich auf das Display. Ein paar Sekunden später steht dort: „Bitte führen Sie Ihre Karte ein.“

Ich fühle mich wie ein hilfloses Rehkitz

Was? Ich stemme meine Hände rechts und links an den Rand des Geldautomaten und atme tief durch. Mein Blick wechselt zwischen Display und Kartenschlitz. Meine Karte ist weg. Wie ein Häufchen Elend stehe ich nun im Foyer. Was ist passiert und wo ist meine Bankkarte? Warum hat der Automat sie eingezogen? Oh mein Gott – ist mein Konto leer? Ich habe doch diesen Monat noch nicht so viel ausgegeben. Leicht verstört kruschel ich in meiner Tasche nach dem Handy. Mein Herz schlägt schneller und ich fange schwitzend an, die Telefonnummer der Volksbank zu wählen, die auf dem Geldautomaten steht. „Ähm… ich stehe hier am Volksbank-Automaten in der Künzelsauer Hauptstraße und der Automat hat einfach meine Karte eingezogen. Aber ich weiß nicht, warum…“, versuche ich dem netten Herrn am anderen Ende der Leitung zu erklären. Um mich zu beruhigen, schaut er auf mein Konto und bestätigt mir, dass sich noch Geld auf meinem Konto befindet. Auf meine verwunderte Frage, warum dann meine Karte eingezogen wurde, kam nur ein: „Das passiert.“ Es ist Freitag und ich war viel zu schwach, eine Diskussion zu starten. „Was mach‘ ich denn jetzt? ich brauche meine Karte“, krächzte ich nur. Ich solle doch an die Hauptfiliale hochlaufen und dort kann ich am Schalter Bargeld abheben.
Ich seufze. Die Schiebetüren der Filiale öffnen sich und ich stapfe hinaus. Es regnet aus Eimern – ich habe keinen Regenschirm. Während mir der kalte Regen gegen mein Gesicht peitscht, steigt Wut in mir hoch. Eine fiese Wut – wieso muss ich jetzt meiner Karte hinterherrennen? Das war doch die Schuld der Bank. Und ehe ich mich versehe, führe ich den gesamten Weg zur Volksbank eine hitzige Diskussion in meinem Kopf – mit mir allein.

Ohne EC-Karte kann das Leben ganz schön grausam sein. Foto: GSCHWÄTZ

Hallo, ich würde gerne Geld abheben

Völlig durchnässt und tropfend stehe ich am Schalter, schildere der Dame meine Situation und verlange umgehend eine Aushändigung meiner EC-Karte. „Leider ist heute niemand mehr im Haus, der die EC-Karte holen könnte“, antwortet das Fräulein mir gegenüber. Meinen Kommentar, ob man denn ein Diplom bräuchte, um einen Automaten zu öffnen und dort eine Karte raus zu holen, verkneife ich mir und frage stattdessen: „Wann wäre denn jemand da, der das machen könnte?“ Frühestens am Montag, hieß es. Und wie komme ich nun an mein benötigtes Geld? Ich tigere geknickt zum Auszahlungsschalter: „Hallo, ich würde gerne Geld abheben.“ „Wie lautet denn ihre Kontonummer?“ – „Das weiß ich leider nicht, weil die auf meiner EC-Karte steht und diese steckt im Automaten fest.“ Der Bankangestellte am Schalter hält kurz inne. Ich lege ihm meinen Personalausweis hin und bekomme schließlich mein Geld ausgezahlt. Die EC-Karte wartet montags darauf bereits in der Filiale auf mich.

 Und täglich grüßt das Murmeltier

Zirka drei Monate später, Dezember: Es ist Freitagnachmittag und bevor ich mit meinen Weihnachtseinkäufen anfange, sollte ich mir noch Bargeld holen. Da steh‘ ich nun – in der Künzelsauer Innenstadt – und hadere mit mir, an welchen Automaten ich gehe. „Bis ich jetzt hoch zur Hauptfiliale gelaufen bin…das war damals bestimmt nur ein dummer Zufall, dass meine EC-Karte eingezogen wurde. Stell‘ dich nicht so an“, diskutiere ich im Kopf mit mir selbst. Also bevorzuge ich den kürzesten Weg und steuere den Geldautomaten in der Hauptstraße an. Einer ist belegt, also nehme ich wieder mal den rechten Automaten. Karte rein – zack – der Automat flackert kurz und auf dem Display ist zu lesen: „Störung“. Fassungslos starre ich auf das Display. Ein paar Sekunden später steht auf dem Display: „Bitte führen Sie Ihre Karte ein.“

„Es wäre nett, wenn sich jemand von Ihnen hierher bequemt, um mir meine Karte auszuhändigen“

Ich beiße die Zähne zusammen, damit ich nicht lauthals das Fluchen anfange und das Foyer erschüttere, während Mütter ihren Kindern die Ohren zuhalten müssen. Ich zücke das Handy, rufe die Nummer der Künzelsauer Hauptfiliale an und sage schroff: „Ihr Automat hat mal wieder meine Bankkarte eingezogen. Es wäre nett, wenn sich jemand von Ihnen hierher bequemt, um mir meine Karte auszuhändigen.“ Eine zarte junge,weibliche Stimme sagt etwas verschüchtert: „Oh, das tut mir leid, aber leider ist heute niema…“ – „Niemand mehr im Haus“, unterbreche ich. „Ja, ja ich weiß. Danke. Tschüss“, platzt es aus mir heraus. Nachdem ich aufgelegt hatte, tat mir die junge Frau am Telefon etwas leid, sie kann ja schließlich nichts dafür, ich aber auch nicht, verdammt. Also stiefele ich die Hauptstraße nach oben Richtung Hauptfiliale. Wer hätte es gedacht – es regnet und ich habe mal wieder keinen Regenschirm dabei. Ich versuche mein Gefühlschaos zwischen – was ist das denn für ein amateurhafter Haufen- und – bist ja selbst schuld, du musstest ja wieder denselben Automaten wie das letzte Mal nehmen – irgendwie zu sortieren. Mit etwas gezügelter Wut – in meinem Kopf hatte ich diese Diskusion schon gewonnen – stapfe ich schnurstracks zum Schalter. „Meine Karte wurde mal wieder eingezogen und ich brauche sie“, schildere ich mein Problem vermutlich derselben jungen Dame, mit welcher ich Minuten zuvor noch telefoniert hatte. Direkt klingt sich eine weitere Mitarbeiterin der Volksbank in unser Gespräch mit ein: „Warum macht der Geldautomat sowas?“, frage ich empört.

Keine Befugnis für die Bankangestellten

Die Antwort der Volksbankangestellten lässt meine Stirn runzeln: „Sie haben bestimmt den rechten Automaten benutzt. Der macht öfter Probleme. Sie sind auch nicht die einzige, der das passiert. Und wissen Sie, der Automat vermerkt es noch nicht einmal im Protokoll, dass er eine Karte verschluckt. Das nächste Mal einfach den linken Automaten nehmen. Und die Karte können wir Ihnen leider auch nicht aushändigen, weil alles, was mit den Automaten zu tun hat, fremdvergeben wurde. Somit kommen wir da jetzt leider nicht ran. Die Firma, die für die Automaten zuständig ist, ist erst am Montag wieder zu erreichen.“

Entweder war dies eine sehr durchdachte Ausrede oder aber die Bankangestellten wurden tatsächlich entmachtet. Keine Macht über die Geräte zu haben und scheinbar leicht defekte Geräte nicht austauschen zu können, kann nun ein Fluch oder ein Segen für die Volksbank sein.

Jochen Leitner, Bereichsleiter Vertriebsmanagement der Volksbank Hohenlohe, bestätigte die Aussage nach unserer Presseanfrage: „In der Tat gab es letztes Jahr Probleme mit dem Automaten in unserer SB-Geschäftsstelle in der Künzelsauer Hauptstraße. Es wurden bei dem Automaten vermehrt Karten eingezogen, weil ein Defekt in der Kartenleseeinheit vorlag und die Kartendaten vom Automaten nicht ausgelesen werden konnten. Nach dem Bekanntwerden des Defekts, haben wir umgehend reagiert und den Kartenleser getauscht. Seitdem funktioniert der Automat wieder störungsfrei. Eingezogene Karten werden beim Öffnen des Gerätes von unserer Partnerfirma protokolliert, mitgenommen und bei der nächsten Anfahrt in einer unserer Volksbank-Hauptstellen zur weiteren Bearbeitung abgegeben.“

Nun ja, ich weiß noch nicht ob ich die Aussage überprüfen werde und diesen Teufelsautomaten jemals wieder benutze oder ob ich fortan doch ein Fan von bargeldlosen Zahlungen werde.

Einer dieser beiden Automaten trieb unsere GSCHWÄTZ-Redakteurin Nadja Fischer schier in den Wahnsinn. Foto: privat




„Kein Tier ist gerne in einer lauten, grellen & kreischenden Umgebung“ – Erneut Demo gegen Tiere im Zirkus

Erneute Demo gegen Zirkustiere in Bad Mergentheim

2018 demonstrierten 45 Teilnehmer in Bad Mergentheim beim Main-Tauber-Weihnachtszirkus gegen Tiere im Zirkus (wir berichteten).
Beim Bad Mergentheimer Weihnachtszirkus 2019 organisierte Carolin Kästner aus Bad Mergentheim nun erneut eine Demo.

„In dieser Saison des Main-Tauber-Weihnachtszirkus‘ haben wir uns mit insgesamt drei Demonstrationen beim Volksfestplatz Bad Mergentheim erneut für einen Zirkus ohne Tiere eingesetzt. Mit Plakaten, Bannern, kurzen Reden und Sprechchören haben wir auf die Ausbeutung und Qual der Tiere im Zirkus aufmerksam gemacht“, sagt Carolin Kästner. Die Demonstrationen fanden am Samstag, den 21. Dezember 2019, am Samstag, den 28. Dezember 2019, sowie am 04. Januar 2020 von 14.45 Uhr bis 16 Uhr statt. Rolf Grüning, Smilla Huck und Robert Binder von den Linken hielten an den einzelnen Samstagen eine Rede, um auf einen Zirkus ohne Tiere aufmerksam zu machen.

Kästner erklärt: „Wir stehen für einen Zirkus ohne Tiere im Programm. Egal ob Hund, Schwein, Elefant, Kamel, Löwe oder Tiger. Kein Tier ist gerne in einer lauten (Musik),  grellen (Lichter) und von Menschen kreischenden Umgebung und das mehrmals am Tag während der Shows. Dabei ist es egal, ob die Tiere bereits in Gefangenschaft aufgezogen wurden oder nicht. Die Instinkte sind jedem Individuum angeboren. Auf die viel gerühmten Zirkus-Leitlinien ist hier kein Verlass. Diese sind veraltet und extrem lax.“

Die von Zirkusbetreibern oft angesprochene „einwandfreie Abnahme durch das Veterinäramt“ sei ebenfalls kaum als ein Indikator für Tierwohl zu sehen, da es, so Kästner, unheimlich schwer sei, einen beschlagnahmten Tiger geeignet unterzubringen aus Mangel an verfügbaren Einrichtungen. Daher werde in den meisten Fällen die Abnahme – aus Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten – ausgestellt.

„Tiere können nicht selbst entscheiden, ob sie auftreten wollen, menschliche Artisten schon. Es muss endlich Schluss sein mit dem Profit auf Kosten der Tiere“, appelliert die Bad Mergentheimerin.

Organisatorin Carolin Kästner. Foto: privat

Erneute Demo gegen Zirkustiere in Bad Mergentheim im Dezember 2019. Foto: privat




Wenn der Ehemann die Sekretärin schwängert – Liebe Frauen, seid lieber unromantisch als arm

„Jammern verändert nichts. Frauen müssen einen Lebensplan entwerfen, um sich ihre ökonomische Existenz zu sichern“, rät Helma Sick. Man solle ein Abkommen mit dem Mann finden, dass er für sie in die Rente einzahlt, denn die Frau muss schauen, wo sie bleibt, wenn die Ehe schiefgehe.

Helma Sick ist eine bekannte Finanzexpertin für Frauen, Buchautorin und Brigitte-Kolumnistin. Sick gründete 1987 eine Finanzberatung für Frauen und schildert ein Beispiel: „Der Mann erzählt, dass er jeden Monat 200 Euro für seine Frau in einem Fonds anlegen möchte, damit sie später einmal Rücklagen habe. Und wissen Sie, was seine Frau dazu gesagt hat? ‚Ach, 100 Euro reichen auch.‘ Frauen, denkt nach, was das für euch bedeutet.“

 

Frau muss schauen, wo sie bleibt

 

Zum Thema der Frauenwirtschaftstage ‚Ein Mann ist keine Altersvorsorge‘ lud die Sparkasse Hohenlohe am 18. Oktober 2019 zum Vortrag von Helma Sick ein.

„Ich als Ehemann bin ja auch direkt angesprochen. Da meine Frau und ich drei Kinder haben, meine Frau sich auch ganz bewusst für die eher klassische, nach unser beider Verständnis aber keineswegs überholte Rollenverteilung, entschieden hat und erst in den letzten Jahren wieder in Teilzeit berufstätig ist, bin ich für sie schon auch eine kleine Altersvorsorge“, erzählt Werner Siller, Vorstandsmitglied der Sparkasse Hohenlohe.

 

 Jede dritte Ehe wird geschieden

 

„Früher und auch noch in den 1970er und 1980er Jahren war die Ehe mit einem Mann eine Art Deal. Der Deal war, dass – egal, was passiert – man zusammenbleibt. Aber dieser Deal gilt heute nicht mehr, denn jede dritte Ehe wird geschieden“, leitet Helma Sick ihren Vortrag ein. Und trotzdem wählen, laut Sick, viele Frauen das Leben ihrer Mütter.

„Mein Kind ist mein Beruf und mein Mann sorgt sich um uns“, heißt es von den Frauen, schildert Sick, die seit über 30 Jahren dafür kämpft, dass Frauen von ihrem Partner finanziell unabhängig bleiben. Aber was ist mit der Rente? „Oder was passiert, wenn der Mann mit 50 seiner Frau sagt, dass er sich von ihr scheiden lässt, weil seine Sekretärin von ihm schwanger ist. Was ist dann?“, fragt die Finanzexpertin.

 

 Altersarmut von Frauen

 

Frauen verdienen weniger als Männer. Die Frauenberufe sind meist soziale Berufe und auch diese werden schlechter bezahlt. „Durch die Blauäugigkeit der Frauen stehen sie dann im Alter finanziell schlecht da“, so Sick. Viele Frauen bekämen Kinder und arbeiten später in einem Minijob, bis sie mit der Elternpflege anfangen. Somit würden sie in der Altersarmut landen. Wer einmal in einem Minijob gearbeitet habe, steige meist nicht mehr in das normale Berufleben ein. Die Kolumnistin rechnet vor: „Wer 15 Jahre lang mit einem Minijob in die Rente einzahlt, hat später eine Rente von 70 Euro.“

 

 „Das ist doch sein Vater. Er soll sich doch darum kümmern“

 

Wenn ein Pflegefall in der Familie ansteht, reduzieren Frauen ihren Job auf Teilzeit. Denn es heiße ja immer: „Die Pflege ist eine Tätigkeit, die Frauen von Natur aus können.“
„Wenn es ‚von Natur aus‘ heißt, dann heißt es, dass es teuer für sie wird“, erklärt die 78-Jährige. Sie habe immer den Film ‚Honig im Kopf‘ vor Augen, wenn sie daran denkt. Der Vater des Hauptcharakters wird dement. Die Partnerin opfert sich direkt und bietet an, dass sie daheim bleibt, um den Vater ihres Partners zu pflegen. „Das ist doch sein Vater. Er soll sich doch darum kümmern. Ich wünsche mir, dass wir den Männern nicht alles gleich nachtragen“, appelliert Sick.

 

Frauen reduzieren ihre Arbeitswoche um fünf Stunden

 

Teilzeitarbeit sei nur für zirka 70 Prozent der Frauen sinnvoll und auch nur dann, wenn die Kinder klein sind. Aber viele Frauen reduzieren ihre Arbeitswoche um fünf Stunden, sobald sie mit einem Mann zusammenziehen. Er zahle ja Miete und der Haushalt müsse ja von jemanden gemacht werden.

 

 Wenn der Ehemann die Sekretärin schwängert

 

Nach einer Scheidung müsse ein Mann auch keinen Unterhalt mehr zahlen, so wie es vor Jahren einmal war. Sick mahnt: „Auch nichteheliche Lebensgemeinschaften können bitter enden. Wenn der Partner stirbt und kein Testament zugunsten der Partnerin geschrieben wurde, geht sie leer aus.“ Und fordert auf: „Liebe Frauen, seid lieber jetzt unromantisch, als später arm.“
Eheverträge und Testamente seien wichtig. Jede zweite Frau überlebe ihren Mann und die Witwenrente – falls man verheiratet war – beträgt nur 60 Prozent der Rente des Mannes. Wenn der Mann zum Beispiel 1.600 Euro monatlich an Rente bekommen hat, entspreche das einer Witwenrente von 960 Euro monatlich.

Über 50 Besucher lauschten Sicks Vortrag. Foto: Sparkasse

 

 




Hoch die Beine – Alltags-Fitness-Test in Kupferzell

„Das Alter ist schön, von einfach war nie die Rede.“ Unter diesem Motto stand der Fachtag für Alter und Pflege, zu dem rund 150 Interessierte in die Carl-Julius-Weber Halle in Kupferzell gekommen waren.

Welche Fähigkeiten benötigt man, um sich alleine um seine Bedürfnisse zu kümmern? Man sollte sich anziehen können, alleine baden gehen, leichte Hausarbeiten erledigen, Treppen laufen und alleine einkaufen gehen.

Aber selbst das Einkaufen gehen darf nicht unterschätzt werden. „Selbst wenn man mit dem Auto zum Einkaufen fährt, sollte man ohne Probleme 400 bis 800 Meter laufen können. Denn man muss vom Parkplatz in den Einkaufsladen kommen und die Einkaufsläden sind heutzutage sehr weitläufig. Es wäre auch nicht schlecht, wenn der Einkauf nicht schwerer als acht Kilogramm ist, denn der Einkauf muss ja ins Auto und dann ins Haus“, erklärt Dr. Christoph Rott. Rott, Gerontologe an der Universität Heidelberg, erläuterte seine Forschungsergebnisse zur Hochaltrigkeit.

Manche Übungen gehen ganz schön in die Beine. Foto: GSCHWÄTZ

Um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder bis ins sehr hohe Alter zu verzögern, ist demnach die altersrelevante körperliche Fitness von besonderer Bedeutung. So stellte er in seinem Workshop am Nachmittag auf anschauliche Weise die Grundlagen des ‚Alltags-Fitness-Tests‘ vor, bei dem so mancher Teilnehmer ins Schwitzen geriet – auch GSCHWÄTZ-Redakteurin Nadja Fischer.

 

Der Test

 

Der Alltags-Fitness-Test besteht aus sechs Aufgaben, deren Durchführung zirka 15 Minuten dauert.

1. Der Beinkrafttest: Ohne Benutzung der Arme zu einem vollständigen Stand aufstehen und sich wieder hinsetzen. Das Ganze so oft wie möglich innerhalb von 30 Sekunden wiederholen.
2. Der Armkrafttest: In einer ganzen und vollständigen Bewegung eine Hantel (2,3 kg bei Frauen und 3,6 kg bei Männern) im Sitzen bis zur Schulter anheben und wieder senken. Und auch hier gilt: Die Übung so oft wie möglich innerhalb von 30 Sekunden durchführen.
3. Der Ausdauertest: Zwei Minuten lang die Knie abwechselnd auf der Stelle so hoch wie möglich anheben.
4. Der Hüftbeweglichkeitstest: Mit beiden Händen so weit wie möglich an die Fußspitze herankommen.
5. Der Schulterbeweglichkeitstest: Man soll mit einer Hand über die Schulter den Rücken hinunter sowie mit der anderen Hand um die Taille den Rücken hinauf die Hände so weit wie möglich zusammenbringen.
6. Geschicklichkeitstest: Man soll vom Stuhl aufstehen, so schnell wie möglich um den Markierungskegel herumlaufen, der 2,4 Meter entfernt steht, zurück zum Stuhl gehen und sich wieder hinsetzen.

Einfach ist der Test nicht, auch unserer Redakteurin Nadja Fischer ist die Puste ausgegangen. „Wie trainiere ich für diesen Test. Oder besser gesagt, wie schaffe ich es, in diesem Test besser abzuschneiden?“, fragte einer der Workshop-Teilnehmer. Laut Rott kommt es nicht darauf an, was man trainiert, sondern einfach nur, dass man gestärkt ist.

„Alles, was kräftigt, ist gut. Für mich hat die oberste Priorität die Beinkraft“, so Rott. Denn ohne die Beine gehe nichts. „Ob Sie sich einfach beim Sportverein anmelden oder gezielt für den Alltags-Fitness-Test trainieren oder aber einfach selbst daheim aktiv sind, ist egal – Hauptsache bewegen“, rät Rott.

Tabelle der Werte, die man erzielen sollte. Foto: Screenshot vom Alltags-Fitness-Test

Weitere Informationen: www.alltags-fitnesstest.de




Barocke Grabsteine auf dem Friedhof Künzelsau

„Andere Städte bauen für solche Denkmäler ein Museum“, zitierte die Künzelsauer Kunsthistorikerin Ursula Angelmaier einen der Restauratoren an einer offiziellen Begehung des Künzelsauer Friedhofes am 07. Oktober 2019, organisiert von der Stadt Künzelsau für die Gemeinderäte, Bürgermeister Stefan Neumann und dem Stadtarchivar Stefan Kraut. An der Friedhofsmauer des Künzelsauer Friedhofs reihen sich 16 barocke Grabsteine aneinander. Sie wurden vor Jahren in Mäusdorf eingelagert, um in diesem Jahr auf dem Friedhof von der Firma Dengel aus Schöntal-Berlichingen restauriert und professionell aufgestellt
zu werden.

Künstlerfamilie Sommer gestaltete damals viele der barocken Grabsteine

 

Auf deutschen Friedhöfen sind nur noch wenige Grabsteine aus dem 18. Jahrhundert erhalten, Künzelsau gehört somit zu einer der wenigen Gemeinden, die solche Kunstwerke besitzen. Wesentlich ist dies aber auch der Künstlerfamilie Sommer zu verdanken. Familie Sommer, wohnhaft in Künzelsau, fertigte diese außergewöhnlichen, kunstvollen Grabmale aus der Barockzeit auf Bestellung an. Familie Sommer war auch für die Figuren im Weikersheimer Schlossgarten zuständig.

Künzelsaus Kunsthistorikerin Ursula Angelmaier (links) erklärte die einzelnen Grabsteine. Foto: GSCHWÄTZ

 

„Der Pavillion der Stille hätte rund 250.000 Euro gekostet“

Die eigentliche Idee war es, auf dem Friedhof einen Pavillon der Stille zu errichten, um dort die barocken Grabsteine aufzustellen, damit diese vor der Witterung geschützt sind. „Der Pavillion der Stille hätte rund 250.000 Euro gekostet und es hätten nicht einmal alle 16 Grabsteine darin Platz gefunden“, erklärt Bürgermeister Neumann.

16 barocke Grabsteine ließ die Stadtverwaltung Künzelsau entlang der Künzelsauer Friedhofsmauer aufstellen. Foto: GSCHWÄTZ

 

Adeligen wollten Denkmäler

 

Bis zum Jahre 1700 gab es keine Grabsteine, denn damals hieß es‚ im Tode sind alle gleich‘, erklärt Angelmaier. Die wohlhabenden Bürger wollten sich nach dem Tode, nach Vorbild der Adeligen, jedoch ein Denkmal errichten. „So wollte man in der Nähe des Altares beerdigt sein – um nahe bei Gott zu sein. Luther schuf diese Regelung mit der Reformation ab“, erzählt Angelmaier.

Die Grabsteine aus Sandstein restaurierte die Firma Dengel aus Schöntal-Berlichingen. Foto: GSCHWÄTZ

Symbol des Todes

Die barocke Grabmalkultur war sehr redselig, sagt Angelmaier. Die Grabsteine beinhalteten sehr viel Inschrift. Diese Inschrift der Sandsteine erzählt das Leben des Verstorbenen. Der Beruf war eines der Attribute, die auf einem damaligen Grabstein nicht fehlen durfte. Sei er Anwalt oder Kronenwirt gewesen – es ist noch heute zu
lesen. Aber auch liebende Ehemänner widmeten ihrer verstorbenen Gattin ein Denkmal. Angelmaier beschrieb: Die Struktur der Grabstein-Gestaltung ist meist klar definiert. Am Fuße des Steines ist meist ein Symbol des Todes zu sehen. Zum Beispiel ein Totenkopf, Gebeine oder eine Sanduhr. Darüber, aber noch auf dem unteren Teil des Steines, befindet sich der Leichentext. Der Leichentext sei auch der Text, den der Pfarrer bei der Beerdigung gesprochen hat. Die Ornamente des Grabsteines seien sehr mode abhängig gewesen. Schleifchen, Bänder, Blätter, Engel – jedes Detail wurde mit Bedacht gewählt, um eine Botschaft des Denkmals zu vermitteln. Auf einem der Grabsteine sieht man etwa Engel, die förmlich aus dem Himmel stürzen und eine Krone bringen. „In den Händen von Frauen-Skulpturen sieht man meist ein Lamm oder ein Herz. Diese sollen die typischen Charakterzüge einer Frau wiederspiegeln. Das Lamm steht für Frommheit und das Herz in der Hand für Herzlichkeit“, schildert die Kunsthistorikerin.

Eine Ära der Kunst ging zu Ende

Aber mit dem Tod von Bildhauer Sommer ging auch seine Kunst. Die Vorlagen der Skulpturen waren zwar da, jedoch sieht man an den barocken Grabsteinen, die weiter hinten an der Friedhofsmauer stehen, dass der Sohn von Sommer einfach nicht dasselbe Talent hatte wie der Vater. Die Skulpturen und Ornamente wirken fast lieblos und nicht mehr so detailgetreu.

Fein gearbeitete Skulpturen und Ornamente zieren die Steine. Foto: GSCHWÄTZ




Künzelsau: Bei Hempels unterm Sofa – Lars Ruppel erzählt, wie es ist, Dichter im 21. Jahrhundert zu sein

Lars Ruppel, ein moderner Dichter, der 2014 deutscher Poetry-Slam-Meister wurde, war am 19. Oktober 2019 zu Gast im Kulturhaus Würth in Künzelsau. GSCHWÄTZ hat den 35-jähringen Berliner gefragt, was man denn als Dichter im 21. Jahrhundert so macht.

Lars Ruppel ist ein Meister des Reimes. Foto: GSCHWÄTZ

GSCHWÄTZ: Wie würde eine Stellenausschreibung zu ihrem Job aussehen?

Ruppel: Sie fahren gerne Zug und arbeiten lieber nachts? Sie haben kein Problem damit, vor Publikum zu reden und sind selten heiser? Sie können eine gesunde Ernährung und genügend Bewegung auf mehrwöchigen Geschäftsreisen managen? Sie können sich mit den Grundwerten der Aufklärung und dem Grundgesetz identifizieren und mögen bewussten Umgang mit Worten? Werden Sie Poetry Slammer!

Poetry Slam demokratisierte die Kunst

GSCHWÄTZ: Poetry Slammer sind die Dichter des 21. Jahrhunderts. Goethe, Schiller, Shakespeare, Ruppel – Was ist der Unterschied zwischen Ihnen und den etwas älteren Dichtern?

Ruppel: Alle genannten Künstler waren aus gutem Haus und männlich. Durch Poetry Slam wurde die Kunst demokratisiert, man muss keinen Adelstitel tragen, um anerkannt zu werden und schreiben können ist kein Privileg der Reichen mehr. Außerdem haben es Frauen heute leichter als damals, aber immer noch zu schwer, sich im Kulturbetrieb zu etablieren. Textlich aber hat sich bis auf den normalen Wandel der Sprache nichts geändert, man findet bei den Alten experimentelle und moderne Texte, bei uns findet man klassische Formen, da gibt es kaum Berührungsangst.

Das Einkommen ist zu hoch

GSCHWÄTZ: Hier in Hohenlohe stellt man sich meist die Frage – Verdient der au a Geld?

Ruppel: Ich erhalte mehr Geld, als ich verdiene. Mein Einkommen ist zu hoch, wenn man es mit der Relevanz und dem Einkommen anderer Berufe vergleicht.

GSCHWÄTZ: Wieso sind Redensarten ihr Ding und warum schreiben Sie darüber?

Ruppel: Die Reihe war aus der Not heraus geboren. Ich brauchte neue Texte und nachdem „Holger, die Waldfee“ so gut funktioniert hatte, nahm ich mir einfach die nächste Redensart und versuchte es nochmal. So musste ich keine Themen suchen, sondern konnte einfach die Redensarten abarbeiten.

GSCHWÄTZ: Was ist ihre Lieblingsredensart?

Ruppel: Bei Hempels unterm Sofa. Ich frage mich, was Familie Hempel darüber denkt.

Gedichte sollen Pflege kulturell aufwerten

GSCHWÄTZ: Sie haben das Projekt „Weckworte“ ins Leben gerufen. Was genau ist das und wie kam es dazu?

Ruppel: Es ist ein Fortbildungsprogramm, in dem ich Angehörigen oder Pflegekräften von Menschen mit Demenz zeige, wie sie Gedichte so in der täglichen Pflege integrieren, dass sie trotz aller Verständnisschwierigkeiten verstanden und gefühlt werden. Die Pflege soll kulturell aufgewertet werden.

GSCHWÄTZ: Glauben Sie, dass sich die deutsche Sprache im Zuge von Social Media und WhatsApp verschlechtert hat?

Ruppel: Es ist nur eine weitere Veränderung, das war schon immer so, jeder hat das Gefühl, die Jungen würden der Sprache schaden. Über Sprachnachrichten kommunizieren wir viel mehr miteinander als früher über Telefon, wir schreiben permanent mit unzähligen Leuten. Zwar nicht immer richtig, aber wenn ich mir handschriftliche Postkarten vom Flohmarkt betrachte, ging da auch nicht immer alles mit rechten Dingen zu.

Crashkurs für angehende Poetry Slammer

GSCHWÄTZ: Workshops halten Sie auch noch. Können Sie unseren Lesern einen kurzen Crashkurs geben, wie man zu einem Poetry-Slammer á la Lars Ruppel wird?

Ruppel: Einfach versuchen und herausfinden, wie man selbst klingt. Niemanden nachmachen, schreiben und direkt vortragen, dann erfährt man die Wirkung des eigenen Wortes. Der Rest ist Übungssache und kommt mit der Zeit.

GSCHWÄTZ: Sie sind mittlerweile Vater von zwei kleinen Kids. Poetry-Slammen Sie die Kleinen in den Schlaf oder wie kann man sich Ihren Alltag vorstellen?

Ruppel: Die lieben Reime, wie alle Menschenskinder auch. Über das Spiel mit der Sprache lernen wir alle das Sprechen. Leider bin ich immer viel zu müde, um den beiden extra was zu dichten, deshalb nehmen wir Reime, die es schon gibt. Kinderlieder finde ich langweilig, ich singe lieber Lieder, die ich selbst textlich gut finde, von Degenhardt, Reiser, Mey, Tocotronic.

Heimat ist Fernweh und Heimweh zugleich

GSCHWÄTZ: Da Sie meist in ganz Deutschland unterwegs sind – was bedeutet Heimat für Sie?

Ruppel: Heimat ist immer woanders. Sie ist Fernweh und Heimweh gleichzeitig, ein Kommen und Gehen. Dort, wo meine Frau und meine Kinder sind, ist immer Heimat, aber Heimat ist auch die Reiselust und die Schönheit des Unterwegsseines. Es gibt mehrere Heimaten unterschiedlicher Art.

GSCHWÄTZ: Nun sind Sie wieder hier. Wie würden Sie denn die Hohenloher charakterisieren?

Ruppel: In einer globalisierten Welt gibt es diese Zuordnung, finde ich, nicht mehr. Man merkt aber, wie wohl sich Menschen dort fühlen, wo sie leben. Und ich glaube, die Hohenloher fühlen sich sehr wohl und sind deshalb sehr lieb. Sie sind fleißig, weil es viel Arbeit gibt, sie sind oft gläubig, weil die Kirche dort eine lange Tradition hat. Sie essen gerne gut, weil es gutes Essen dort gibt. Das mag ich.

Seine Gäste waren Lars Ruppel in Sachen Lyrik und Poesie durchaus gewachsen. Foto: GSCHWÄTZ

Nicht schlecht, Herr Specht

Auszug aus einem von Lars Ruppels Gedichten

Herr Bertold Specht war zweifelsohne
Eine Spechthandwerksikone
Angestellt im Großbetrieb
Bei dem er nach der Lehrzeit blieb

Schob dort täglich Extraschichten
Saß danach noch an Berichten
Rinden-Härte-Wert-Tabellen
Kalkulierte Sollbruchstellen

Hielt (wenn seine Zeit es zu ließ)
Vorträge für Specht Azubis
Kurz bevor der Tag zu Ende
Kehrt er das Betriebsgelände

Dann im Dunkeln heimgeflogen
Jogginghose angezogen
Doch statt Feierabendfeeling
Abendliches Schnabelpeeling

Bleibt am Ende Zeit für gerade
So ne Fertigtiefkühlmade
Und ein zimmerwarmes Bierchen
Für das bettelarme Tierchen

Das mit letzter Willenskraft
Den letzten Weg ins Bett noch schafft
Um pünktlich mit dem Morgengrauen
Den Schnabel in den Baum zu hauen

Doch all die Opfer, die er brachte
Alle Mühen, die er machte
All die Tränen, all der Schweiß
Sein nicht endenwolllender Fleiß

All das gab er dem Betrieb
Und als Dank? Nicht mal ein Piep!
Wenn man sich die Bilanz ansah
Die Dank Herrn Specht fantastisch war

Kam vom Chef geradebrecht
Ein läppisches „Nicht schlecht, Herr Specht“

Nicht schlecht, Herr Specht!

Und als er mal der einen Fichte
Gegen deren derbe, dichte
Rinde manche Spechtkollegen
Schon so tragisch unterlegen

Nur mit einem höchst präzisen
Schlag dem ganzen Nadelriesen
Seine Rinde abgeschlagen
Hörte er den Chef nur sagen
Nicht schlecht, Herr Specht.
In all den Jahren
Die nun schon vergangen waren
Hörte er nur diesen einen
Schrecklich, unpersönlich kleinen

Satz, der so dahergesprochen
Herrn Specht beinahe das Herz gebrochen
Worte ohne Wert und Wärme
Wie ein Lied in weiter Ferne

Das ein toter Vogel singt
Luft die halt wie Sprache klingt
Trotzdem ist er immer wieder
Im Arbeitssicherheitsgefieder

An seinem Arbeitsplatz erschienen
Um dort wie gewohnt zu dienen
Und war damit, nicht übertrieben,
Aber meistens, ganz zufrieden

Doch! Das Wort an sich zeigt deutlich:
Jetzt wird es sehr unerfreulich
Und das Timbre in der Stimme
Unterstreicht, dass sich das Schlimme

Auf die Handlung zubewegt
Und das Poem entscheident prägt
Denn dem „Doch“ folgt „eines Tages“
Es ist hart, aber so war es

Mit „Sollte alles anders kommen“
Hat das Unglück schon begonnen
Denn in der Betriebskantine
Trat mit trüber Trauermine

Der Chef vor seine Mitarbeiter
Grüßte kurz und sprach dann weiter
Von den Konjunkturproblemen
Steuern, die die Wirtschaft lähmen

Explodierten Nebenkosten
Billigmaden aus dem Osten
Dass ein Weg aus der Misere
Leider nicht so einfach wäre

Opfer seien nicht zu vermeiden
Doch man musste sich entscheiden
Lange Rede kurzer Sinn
Letzlich käm man nicht umhin

Diesen Wald hier aufzugeben
Und nach China zu verlegen

Grad als das letzte Wort gesprochen
War das Chaos ausgebrochen[…]




Achim Beck betont: Wir stehen hinter der Entscheidung zur Schließung des Künzelsauer Krankenhauses

Der Kreistag hat am 10. Dezember 2018 die Geschäftsführung der Hohenloher Krankenhaus gGmbH beauftragt, den Notfall-Sitzdienst in Künzelsau vertraglich zu verpflichten. Die Laufzeit ist auf drei Jahre angelegt. Aber auf Grund der beschlossenen jährlichen Bewertung dieses Pilotprojektes wurde der Vertrag durch die Geschäftsführung der Hohenloher Krankenhaus gGmbH zunächst auf ein Jahr abgeschlossen. Die Kosten hierfür, laut der Fraktion Freien Wähler Vereinigung (FWV) 500.000 Euro, trägt der Hohenlohekreis.

Soll der Sitzdienst nach einem halben Jahr schon aufgegeben werden?

Die FWV Hohenlohekreis, mit Niedernhalls Bürgermeister Achim Beck als Fraktionsvorsitzenden, sieht die jährliche Bewertung des Sitzdienstes aber kritisch. Sie haben nun beantragt, dass der Kreistag ihren Tagesordnungspunkt über die Überprüfung dieses Notarzt-Sitzdienstes für die kommende Kreistagssitzung am Montag, den 09. Dezember 2019 aufnimmt. Die FWV Hohenlohekreis fordert, dass die erste Bewertung des Sitzdienstes in Künzelsau bereits zum 15. Februar 2020 oder spätestens bis zum 15. März 2020 erfolgen. Die Ergebnisse sollen dem Kreistag in einer nachfolgenden öffentlichen Sitzung im März oder April 2020 zur Entscheidung für eine Fortführung des Sitzdienstes vorgelegt werden. 

Für die zu bewertenden Punkte listet die FWV folgende auf:

– Gesamtkosten/Gesamtzahlungen zum Zeitpunkt der Evaluation
– Einnahmen/Umsatzerlöse zum Zeitpunkt der Evaluation
– Bericht über die Inanspruchnahme (Fallzahlen/Zahl der Patienten/Kategorien) im Zeitraum bis 15.02.2020/15.03.2020
– Ergebnisse der Behandlungen (z.B. Überweisung zum Facharzt, Überweisung in eine Klinik, Behandlungserfolg/Behandlungsweg durch 24/7 Versorgung etc.)

FWV Hohenlohekreis steht hinter der Entscheidung der Schließung des HK

Der Kreistag solle laut Antrag der FWV nach der Evaluation in der darauffolgenden Sitzung über die Fortführung des 24/7-Versorgung entscheiden. Weiter heißt es: „Je nach Arbeitsvertragsausgestaltung kann der Kreistag entscheiden, ob an der Freiwilligkeitsleistung weiter festgehalten wird oder das Angebot kurzfristig wieder aufgegeben wird.“

Des Weiteren betont die FWV in ihrem Antrag, gezeichnet von Niedernhalls Bürgermeister Achim Beck, die Wichtigkeit Landrat Dr. Neth mitzuteilen, dass sie in der Entscheidung über die Schließung des Künzelsauer Krankenhauses hinter ihm stehe: „Sehr geehrter Herr Landrat, unsere FWV-Fraktion ist es darüber hinaus wichtig, Ihnen mitzuteilen, dass wir in der Entscheidung üb die Schließung des Künzelsauer Krankenhauses hinter Ihnen stehen. Freundliche Grüße Achim Beck Fraktionsvorsitzender“

Nun hat der Kreistag in seiner Sitzung am kommenden Montag, den 09. Dezember 2019, über den Antrag der FWV zu entscheiden.

FWV Antrag auf Aufnahme eines Tagesordnungspunktes. Foto: Landratsamt des Hohenlohekreises