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„Man kauft bei uns nicht die Katze im Sack“

Heute ist einer dieser Überraschungsei-Tage. Uschi Rösch hat eigentlich keinen Platz mehr für einen weiteren Hund, doch dann wird ein schwarzer Schäferhund in einem nahegelegenen Waldstück gefunden und zu ihr gebracht. Der Hund ist bei der Tierschutzorganisation Tasso registriert. Uschi Rösch, seit 2006 Leiterin des einzigen Tierheimes im Hohenlohekreis im Gewerbegebiet in Waldenburg, hofft so, die/den Besitzer:in ausfindig zu machen. Doch die Kontaktdaten sind veraltet. Nun guckt der Hund mit den großen Ohren neugierig aus dem Fenster des Aufenthaltsraums heraus und wartet geduldig.

Futterspende fürs Tierheim

Nur ein paar Minuten später kommt Miriam Stadtfeld vorbei und bringt Hundefutter, eine Spende an das Tierheim, nachdem ihr Hund Whiskey nach 13 Jahren verstorben ist. Das Tierheim kann solche Gaben gut gebrauchen, die müssen schön nicht gekauft werden, sagt Rösch pragmatisch. Träger des einzigen Tierheimes im Hohenlohekreis ist der Tierschutzverein des Hohenlohekreises. Hinter der Tierheimleiterin hängt ein Plakat an der Wand: „Tierheime schließen mehr Bünde fürs Leben als das Standesamt.“

Manche Tiere sind auch in Pflegestellen untergebracht

Derzeit warten 35 Katzen, 6 Hunde und ein paar Hasen und Meerschweinchen auf eine Weitervermittlung in ein neues Zuhause. Nicht alle Tiere kann man im Tierheim besichtigen, manche sind auch in Pflegestellen untergebracht. Wenn der Platz nicht reicht, kann es auch sein, dass man sie an das Tierheim in Heilbronn oder Schwäbisch Hall weitergibt. Das Tierheim finanziert sich hauptsächlich über Spenden, lebt aber auch von Erbschaften von Tierliebhabern. Zusä0ztlich bekommen sie einen gewissen Betrag von den jeweiligen Gemeinden für jedes in Obhut genommene Tier. Wenn beispielsweise ein Tier in einem Waldstück in Neuenstein gefunden wurde, dann muss auch die Stadt Neuenstein für die Versorgung und Vermittlung einen Festbeitragssatz an das Tierheim bezahlen. Neben Rösch als einzige Vollzeitkraft arbeiten noch drei Teilzeitkräfte in dem Tierheim sowie rund 50 Ehrenamtliche. So können auch die Sonn- und Feiertage überbrückt und die Tiere auch abends gut versorgt werden.

Extrem sauber

In dem kleinen Tierheim ist es extrem sauber. Die Katzen und Hunde sehen gepflegt aus. Die Ehrenamtlichen kommen hierher zum Katzen streicheln, Gassi gehen oder putzen auch mal ein Fenster – wie Margarethe Stubenfall aus Kupferzell. Die 70-Jährige schaut zweimal wöchentlich nach ihren geliebten Katzen, streichelt sie, spricht mi ihnen, kennt sie alle mit Namen, weiß, was sie mögen, was eher nicht, gibt ihnen Leckerli und freut sich für jede, die vermittelt wurde in eine neue Familie. Wichtig sei, dass es passe, sagt sie. Einmal wollte eine ältere Dame eine Katze haben, doch die habe zu nah an einer stark befahrenen Straße gewohnt. Das wäre nicht gut gegangen, sagt die Rentnerin, auf die Zuhause ein Kater wartet: „Ich mag ja Katzen über alles. Mein Kater versteht unglaublich viel“, erzählt sie, während sie die dankbar um sie herumtänzelnden Katzen im Tierheim streichelt.

„Man kauft bei uns nicht die Katze im Sack“

In der Tat schauen Uschi Rösch und ihr Team, dass das Haustier zu dem neuen Zuhause passt und umgekehrt. „Man kauft bei uns nicht die Katze im Sack. Unsere Mitarbeitenden schon ein Auge dafür, ob es passt oder nicht.“ Derzeit wartet etwa der Schäferhundmischling Chico auf ein passendes Zuhause. Der Besitzer hatte nicht die nötige Zeit für diesen jungen, dynamischen Hund, der sich, so Rösch, mitten in seiner „Sturm-und-Drang-Phase“ befinde. Die 54-Jährige selbst hat ebenfalls einen Hund und zwei Katzen zu Hause.

Ausgesetzte Tiere

In dem Tierheim landen Tiere, die irgendwo im Hohenlohekreis gefunden wurden, mache wurden bewusst einfach ausgesetzt, oder an das Heim übereignet, wenn sich die Besitzer:innen nicht mehr kümmern können oder verstorben sind und auch beschlagnahmte Tiere wegen Verwahrlosung oder Misshandlung werden hier abgegeben. Ein Hund sei etwa jahrelang lediglich in einer Transportbox gehalten worden, berichtet Rösch. Sie hat in ihrer jahrezehntelangen Laufbahn schon einiges erlebt. Bevor sie Leiterin des Tierheimes in Waldenburg wurde, arbeitete sie 13 Jahren im Tierheim in Heilbronn. Manche Tiere müssten erst einmal ärztlich versorgt werden, Fußbrüche seien nicht selten oder Augenverletzungen.

Immer schwieriger mit der Vermittlung

Die Vermittlung sei nicht mehr so einfach wie früher, erzählt Rösch. Der Markt sei übersättigt, vor allem bei Katzen, werde es immer schwieriger mit der Vermittlung. Junge Kätzchen, kämen schneller weg wie alte und „die Optik macht auch viel aus bei der Vermittlung.“ Scheue Tiere hätten es schwerer wie zutrauliche. „Viele Menschen haben einfach nicht die nötige Geduld“, weiß Rösch.

Mache Tiere leben nur ein paar Monate im Tierheim, bis sie vermittelt werden, andere über ein Jahr.

Uschi Rösch stellt den heutigen Neuankömmmling, den schwarzen Schäferhund nun erst einmal in die Facebook-Gruppe Kupferzell ein und wartet, ob sich jemand meldet, der diesen Hund kennt. Bis es soweit ist, bleibt er erst einmal hier.

Tierpatenschaften

Wer sich für eine ehrenamtliche Aufgabe im Tierheim interessiert, für den gibt es mehrere Möglichkeiten, sich einzubringen. Zum einen werden Menschen für die Katzen gesucht, die am Wochenende und an Feiertagen vorbeikommen, um die Katzen zu füttern, die Katzenklos zu reinigen, ihnen Medikamente zu geben und sie zu streicheln. Zum anderen werden auch dringend Pflegestellen gesucht, also Pflegefamilien, die vorübergehend ein krankes oder hilfsbedürftiges Tier bei sich aufnehmen möchten, bis es ins Tierheim kann. Das Tierheim in Waldenburg hat jedes Jahr rund 1.000 Tiere in seiner Obhut. Nur für Tierarztkosten belaufen sich dabei auf rund 100.000 Euro. Daher freut sichd as Tierheim auch imemr über Spenden.

Es gibt darüber hinaus ale und kranke Tiere, die das Tierheim versucht, in Dauerpflegestellen unterzubringen. Hier kann man eine Tierpatenschaft übernehmen und sich mit einem regelmäßigen monatlichen Beirag an den Kosten beteiligen.

Fahrer:inen sind auch immer willkommen, die die Tiere zum Tierarz fahren. Wer Mitglied im ierschutzverein des Hohenlohekreises werden möchte, zahlt 35 Euro jährlich (20 uro für Kinder/Jugendliche) und kann auch auf diese Weise das Tierheim utnerstüzen.

Kontakt:

Tierschutzverein Hohenlohekreis e.V.

& Tierheim Waldenburg

Max-Eyth-Straße 11

74638 Waldenburg

Besuchstermine nach telefonischer Vereinbarung: 07942/94 57 40

Notrufnummer bei einem gefundenen Tier: 0152/04 33 8006

Spenden:

Paypal: tierheim-tsvhok@web.de

Spendenkonto: Sparkasse Hohenlohekreis

Inhaber: Tierschutzverein Hohenlohekreis e.V.

Iban: DE45 6225 1550 0005 0403 19

BIC: SOLADES1KUN

info@tierschutzverein-hohenlohe.de

www.tierschutzverein-hohenlohe.de 

Bildergalerie

Uschi Rösch leitet das einzige Tierheim im Hohenlohekreis im Gewerbegebiet in Waldenburg seit 2006. Foto: GSCHWÄTZ

Die ehrenamtliche Mitarbeiterin Margarethe Stubenfall (70) aus Kupferzell schaut mehrmals wöchentlich vorbei, um die Katzen zu streicheln oder auch mal um ein Fenster zu putzen. Foto: GSCHWÄTZ

Die Katzen lieben sie. Foto: GSCHWÄTZ

Dieser kleine Tiger ist schon reserviert und wartet auf seine Abholung. Foto: GSCHWÄTZ

Der Hund von Miriam Stadfeld ist nach 13 Jahren gestorben. Sie spendet das übrig gebliebene Hundefutter an das Tierheim. Foto: GSCHWÄTZ

Die Katzen und Hunde sind in separaten kleinen Zimmern untergebracht, jeweils mit kleinem Auslauf ins Freie. Foto: GSCHWÄTZ

Während die Katzen zu zweit oder dritt in einem Zimmer untergebracht sind, haben die Hunde Einzelzimmer, freuen sich aber immer enorm, wenn Besucher:innen kommen. Foto: GSCHWÄTZ




Ein neues Zuhause für Kätzchen Hilda

Mit lautstarkem Gebell begrüßt die kleine Mischlingshündin Coco die Besucherin und kommt ihr neugierig entgegengelaufen. Währenddessen schiebt sich eine Hundschnauze durch die Gitterstäbe des umzäunten Freigeheges. Temperamentsbündel Chicco möchte auch wissen, ob da nicht jemand kommt zum Spazierengehen. Willkommen im Tierheim Waldenburg, in dem zurzeit vier Hunde und 48 Katzen auf ein neues Zuhause warten. Weitere Tiere sind in den verschiedenen Pflegestellen untergebracht. Coco gehört allerdings nicht dazu. Ihre Besitzerin ist Uschi Rösch, Tierheimleiterin seit 2006. Sie arbeitet hier Vollzeit, unterstützt von zwei Teilzeitkräften.

„Eine Katze ist leichter zu vermitteln als ein Hund“

Zurzeit kommt ins Tierheim im Hohenloher Gewerbepark nur rein, wer zuvor einen Besuchstermin ausgemacht hat. Uschi Rösch findet das gut: „So haben wir mehr Zeit für die Besucher.“ Vorher seien vor allem samstags viele Leute gekommen, um die man sich gar nicht alle gleichzeitig kümmern konnte. Hauptsächlich kommen Hunde und Katzen ins Waldenburger Tierheim. „Wir hatten aber auch schon die Blockhütte voller Meerschweinchen oder viele Deutsche Riesen“, berichtet die Tierpflegerin von den Kuriositäten ihres Alltags. „Kaninchen und Meerschweinchen werden in Pflegestellen untergebracht.“ Eine Katze sei generell leichter zu vermitteln als ein Hund. „Bei dem ist der Zeitaufwand viel größer und heutzutage haben viele Menschen einfach nicht mehr die Geduld“, bedauert die 53-Jährige.

„Eine unserer Aufgaben ist es, streunende Katzen kastrieren zu lassen“

Allerdings: Wegen Corona würden in Waldenburg nicht mehr Tiere abgegeben als vor der Pandemie. „Das ist vielleicht eher ein Trend in den Städten“, meint Nicole Mücke, Schriftführerin des Tierschutzverein Hohenlohe, der das Tierheim betreibt. „Wir sind eher ländlich geprägt und es gibt nicht nur Abgabe-, sondern auch Fundtiere.“ Rund 500 Katzen und 100 Hunde jährlich finden Aufnahme, vermittelt werden so gut wie alle. „Eine unserer großen Aufgaben ist es, streunende Katzen einzufangen, um sie kastrieren zu lassen“, berichtet Mücke weiter. „Die meisten davon lassen wir wieder frei – aus Katzensicht ist das die bessere Variante.“ Denn ein Tier, das sein Leben lang frei war, sei nur schwer an den Menschen zu gewöhnen.

Bruno würde am liebsten Reißaus nehmen

So ein Fundtier ist auch die kleine Hilda, die im Quarantänebereich vor sich hinträumt. Das weiß-graue Kätzchen wurde erst vor kurzem bei der Firma Stahl gefunden, hat allerdings eine Radialislähmung im vorderen Beinchen, weshalb für sie eine neue Heimat bei liebevollen Dosenöffnern gesucht wird. „Wir massieren regelmäßig ihr Bein und hoffen, dass es so besser wird“, sagt Uschi Rösch. „Aber sie spielt und futtert wie jede andere Katze in dem Alter auch.“ Eine große, ziemlich schmusebedürftige Katze ist die eineinhalbjährige Tina, die sich laut miauend an die Besucher ranmacht. „Sie wurde abgegeben, weil sie nicht mehr gewollt war“, bedauert die Tierheimleiterin. Dackel Bruno war ebenfalls ein Fundtier. Er ist etwa zehn Jahre alt, sehr schüchtern und würde am liebsten Reißaus vor dem Besuch nehmen. Der junge Hund Chicco, der mich draußen schon begrüßt hat, ist dagegen ein Kraftpaket und sollte von seinen neuen Menschen „gut beschäftigt werden“.

Spenden zum 80. Geburtstag

Seit 2014 ist das Tierheim in seinem jetzigen Gebäude zwischen den Firmen Würth und Lidl untergebracht, die alte Stelle war aber auch nur 300 Meter davon entfernt. „Ich finde den Ort gut, denn hier haben wir eine Busverbindung und sind auch mehr im Geschehen“, so Uschi Rösch. Viele der umliegenden Firmen würden das Tierheim mit Spenden unterstützen. Aber auch Privatleute engagieren sich finanziell für die Tiere. „Ein Mann hat sich zum 80. Geburtstag statt Geschenke Spenden für uns gewünscht“, so die Bretzfelderin. Oft würden auch Kinder einen Kuchenverkauf organisieren und das Geld dann ans Tierheim spenden.

„Es ist generell schwierig, gute Leute zu finden“

Rund 600 Mitglieder hat der Hohenloher Tierschutzverein zurzeit – „Leute mit und ohne Tiere zu Hause“, wie Nicole Mücke erzählt. Ein Pool aus Ehrenamtlichen engagiert sich regelmäßig bei der Versorgung der Tiere, geht mit den Hunden Gassi oder spielt mit den Katzen. So eine sei beispielsweise Jessica Hillenmaier, die als Praktikantin begonnen und seither nicht mehr aufgehört habe. „Es ist aber generell schwierig, gute Leute zu finden, die dauerhaft dabei bleiben“, so die Schriftführerin des Vereins. „Auch ohne Corona gibt es eine hohe Fluktuation.“ Zurzeit sei die Situation zwar ganz gut. Dennoch sucht das Tierheim neue Mitarbeiter. Der jüngste Abgang war eine junge Frau, die die Zeit bis zum Studienbeginn überbrückte. Und die muss jetzt ersetzt werden. Voraussetzung ist ein Führerschein, eingestellt wird in Teilzeit oder auf 450-Euro-Basis. „In der Regel sind wir hier immer zu zweit“, sagt Uschi Rösch. „Wir machen alles sauber, füttern die Tiere und geben Medikamente.“ Und: „Diesen Beruf macht man nicht einfach so.“ Dafür müsse man schon Leidenschaft mitbringen, denn das sei kein 9-5-Uhr-Job.

Text: Sonja Bossert

Das hübsche Kätzchen Hilda hat zwar ein kleines Handicap, sucht aber auch ein liebevolles Zuhause. Foto: GSCHWÄTZ

Dackel Bruno ist ein sehr schüchterner Hundesenior. Foto: GSCHWÄTZ