Niemand hat vor, einen Weltkrieg zu führen…
Es geht ums große Ganze – und das an gleich zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Zuerst wurde von Donnerstag auf Freitagnacht das heiß ersehnte Interview mit Wladimir Putin veröffentlicht, das dieser mit dem von vielen als rechtskonservativ eingeordneten Journalisten Tucker Carlson geführt hat. Am Freitag folgte dann ein Gespräch zwischen US-Präsident Joe Biden und Olaf Scholz im Weißen Haus. Alles drehte sich dabei um den Krieg in der Ukraine und eine mögliche Ausweitung auf die europäischen Nachbarländer. Also konkret: um nicht mehr oder weniger als um einen potenziellen Dritten Weltkrieg.
„Kreml-Chef nutzt seine Bühne“
Vorneweg: Das Interview von Wladimir Putin sieht man in English auf dem Youtube-Kanal von Tucker Carlson in voller Länge. Ansonsten ist es nur ausschnittweise abrufbar auf diversen Nachrichtenportalen. Die großen Leitmedien Deutschlands zerreißen Putins Aussagen denn auch direkt nach der Veröffentlichung. „Kreml-Chef nutzt seine Bühne“, titelt etwa die Welt, „Für Putin ein Propaganda-Geschenk“, der Spiegel. Natürlich möchten Politiker, wenn sie ein Interview geben, dieses für sich positiv nutzen. Das liegt aber in der Natur der Sache und ist bei anderen Politikern nicht anders. Olaf Scholz sagte während seines Besuches in den USA im Bezug auf das Putin-Interview am Freitag, dass Putin lügen würde, wenn er von den Anfängen und Gründen des Ukrainekrieges sprechen würde. Putin wolle sich einen Teil der Ukraine einverleiben, Russland erweitern in Anlehnung an die damals große Sowjetunion. Nur Putin könne diesen Krieg beenden, tue es aber nicht.
Nun wolle man sich in Europa für den Ernstfall rüsten
Nun wolle man sich in Europa für den Ernstfall rüsten, da man glaube, wenn die Ukraine einmal falle, dann werde es als nächstes Polen oder eine der baltischen Staaten treffen. Währenddessen erklärt Putin im Interview mit Carlson, dass er nicht vor hat, Polen oder etwa Lettland anzugreifen, es sei denn, Polen greife zuerst an. „Wir haben kein Interesse an Polen“, betonte er. Ob dem wirklich so ist, bleibt natürlich fraglich.
Scholz wiederum erklärt, dass Putins öffentlich bekundeter Nicht-Angriffs-Pakt nicht zu seinen bisherigen Taten passe. Kurz gesagt: Neben Scholz zweifeln derzeit zahlreiche Politiker an Putins Worten. Daher möchten sich die EU-Staaten nun aus Angst und Sorge um einen dritten Weltkrieg militärisch aufrüsten. Etwas ungeschickt dabei, dass die führenden europäischen Politiker in den Medien offen kund tun, dass sie derzeit militärisch sehr schlecht da stünden und deshalb nun die kommenden fünf Jahre nutzen wollten, um dann einem möglichen russischen Angriff adäquat entgegentreten zu können. Denn: Jeder weiß, dass Putin Deutsch sprechen kann und er ausländische Medienberichte interessiert verfolgt beziehungsweise von seinem Mitarbeiterstab verfolgen lässt. Vermutlich ist er sogar amüsiert ob der schrillen europäischen Panikpolitik, die auch noch offenkundig eingesteht, militärisch derzeit keine Chance gegen Putin zu haben. Ob diese europäische Strategie so clever ist, wird sich zeigen.
Biden hat schlechte Karten, das Militärpaket durchzubekommen
Am Freitag nun traf sich Bundeskanzler Olaf Scholz zu einer Mission, die Europa im Krieg gegen Putin viel Geld bringen soll. Bei dem US-Präsidenten Joe Biden machte er sich dafür stark, dass dieser ein weiteres mehrere Millionen Dollar starkes Militärpaket als Unterstützung im Ukrainekrieg für Europa schürt. Es ist wohl der ungünstigste Zeitpunkt für ein solches Anliegen – kurz vor der Präsidentschaftswahl und der Berichterstattung über den Geisteszustand des Präsidenten, der anscheinend immer häufiger immer mehr prominente Namen öffentlich verwechselt. Da wird aus Macron ein Mitterand, Ägyptens Staatschef erklärt er zu Mexikos Staatschef, aus Angela Merkel wird Helmut Kohl. Die USA möchten keine weitere Kriege unterstützen. Biden hat derzeit eher schlechte Karten, das Militärpaket durchzubekommen, da es ihm bei der Präsidentschaftswahl eher schaden als nützen würde. Die Amerikaner sind aktuell keine Freunde von Kriegsunterstützung. So oder so: Europa täte gut daran, sich nicht länger an Amerika als großen Bruder anzulehnen, der alle Probleme löst, sondern autark Verantwortung für das eigene Verhalten und die Folgen, auch im militärischen Bereich, zu tragen.
„Vorhersehbarkeit und Stabilität“ sei das Wichtige Verhalten im politischen Bereich, sagt Putin
Scholz jedoch hat öffentlich zugegeben, dass dieses Geld dringend benötigt werde, um nicht aufgeben zu müssen. Das ist natürlich auch eine öffentliche Ansage, die Putin freuen wird, zu hören. Nach über zwei Jahren ist es das erste Mal, dass Putin sich auf ein Interview mit einem amerikanischen Journalisten einlässt. Vor zwei Jahren war es eben dieser Journalist, der Putin schon einmal interviewt hat, im Namen des Mediensenders NBC. Nun ging das Interview von Carlsons direktem Youtube-Kanal online. Nach einem Tag wurde es bereits 100 Millionen Mal geklickt. Auffällig ist, dass heutzutage kein großes Medienportal mehr nötig ist, um eine große mediale Reichweite zu erreichen. Besonders für die anstehenden politischen Wahlkämpfe sollte diese Erkenntnis nicht unterschätzt werden.
Putin sieht Trump als „überdurchschnittlich intelligente“ Person
„Vorhersehbarkeit und Stabilität“ sei das wichtigste Verhalten im politischen Bereich, betonte Putin in dem Interview vor rund zwei Jahren mit Tucker Carlson. Und nannte einige negative Beispiele von international unnötiger militärischer Einmischung der Vereinigten Staaten, etwa in Syrien und im Nahen Osten. Putin wirkt dabei eben nicht, wie oft in deutschen Medien suggeriert, aggressiv oder impulsiv, sondern äußert sich höflich, eloquent und reflektiert. Zwei Jahre später lässt das russische Vorgehen in der Ukraine einen ganzen Kontinent in seiner Stabilität wanken. Das, was er von anderen fordert, hält er damit selbst nicht ein.
Donald Trump beschreibt er in dem damaligen Interview als eine „überdurchschnittlich intelligente“ Person, die nicht vom politischen Establishment Amerikas kommt – was Putin positiv bewertet. Man muss dabei wissen, dass auch Tucker Carlson eine enge und gute Beziehung zu Donald Trump pflegt. Das Interview kann daher auch als Sprungbrett für Donald Trump gesehen werden, noch einmal von den amerikanischen Bürgern zum Präsidenten gewählt zu werden.