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Neues Wahrzeichen in Öhringen: ein Hochregallager?

Am Ende der Berliner Straße in Öhringen kann man noch in weite Ferne blicken, aber genau dort ist der umstrittene Bau eines 30 Meter hohen Hochregallagers geplant (zum Vergleich: Der steinerne Umgang des Turms evangelische Stiftskirche St. Peter und Paul in Öhringen ist 32 Meter hoch).

Laut dem Planungsentwurf des Architekturbüros Schimmel soll neben das bestehende Staplerlager des Unternehmens Schäfer+Peters ein 16 Meter hohes Zwischengebäude und ein 30 Meter hohes Hochregallager gebaut werden. Auch ein dreigeschossiges Parkdeck soll geplant sein. Dieser Bau bewegt Öhringen nun schon seit Monaten und an ihm scheiden sich die Geister. GSCHWÄTZ-Redakteurin Nadja Fischer war in Öhringen und traf sich mit Bastian Falk und Dr. Wolfgang Kammerer vom Öhringer Verein PrimaKlimaWest, der gegen den Bau auf die Barrikaden geht.

In unmittelbarer Reichweite des Gewerbegebietes ist ein Wohngebiet. Anwohner befürchten Nachteile für Ihren Wohnstandort.
Foto: GSCHWÄTZ/Kristina Dorn

GSCHWÄTZ: Was hat man zu befürchten?

Falk: Die Öhringer haben das Landschaftsbild zu befürchten. Es geht insbesondere um die Anwohner der Berliner Straße. Gerade im Winter ist die Sonne durch den Bau verdeckt. Im Sommer wird die Abkühlung nicht mehr so gegeben sein. Es wird deutlich weniger Wind in die Siedlung und die Stadt vordringen.

 

„Mancher Gemeinderat ist sogar davon überzeugt, dass man hier die Chance auf ein neues Wahrzeichen von Öhringen hat.“

 

GSCHWÄTZ: Was sagen Bürgermeister Thilo Michler und der Gemeinderat dazu?

Dr. Kammerer: Wir haben das Gutachten von 2013, das die Stadt Öhringen im Zuge des Flächennutzungsplanes hat erstellen lassen, als Hauptargument benutzt. Damals kam der Gutachter zu dem Ergebnis, dass hier nicht gebaut werden sollte. Die Stadt hat immer wieder neue Gutachten machen lassen. Sie versuchen, die Auswirkungen herunterzurechnen. Gerade bei der letzten Gemeinderatsitzung, als die zweite Runde für den Bebauungsplan eingeleitet worden ist, war von den meisten Fraktionen zu hören: Ja, es wäre ein Eingriff, aber kein dramatischer. Da die Firma Schäfer+Peters der größte Gewerbesteuerzahler ist, sind die Einnahmen wichtiger.

Falk: Mancher Gemeinderat ist sogar davon überzeugt, dass man hier die Chance auf ein neues Wahrzeichen von Öhringen hat. Da stellt sich die Frage, ob man lieber die Kirche und das Schloss oder einen riesen Monsterbau als Wahrzeichen möchte.

 

GSCHWÄTZ: Es wird gemunkelt, dass Sie von PrimaKlimaWest eine Normenkontrollklage in Erwägung ziehen.

Dr. Kammerer: Das tun wir tatsächlich. Ich habe frühzeitig Informationen eingeholt und mich mit Rechtsanwälten getroffen. Der nächste Schritt wird sein, dass ein Anwalt meine Einwendungen und die Gutachten prüfen wird. Wenn der Anwalt zu dem Schluss kommt, dass wir dieses Verfahren gewinnen können, dann werden wir das versuchen.

 

„Deshalb habe ich gesagt, dass die Stadt uns verkauft und dazu stehe ich.“

 

GSCHWÄTZ: Das Rathaus hat uns gegenüber geäußert, dass Sie in einem Artikel im Öhringer falsche Tatsachen genannt hätten und beleidigend geworden wären.

Falk: Wir haben ein Gutachten mit dem anderen Gutachten verglichen und in diesem Beitrag nur auf die Differenzen hingewiesen. Wir haben dem Gemeinderat damals nur vorgeworfen, dass ihm das Geld wichtiger sei als alles anderer. Das sehe ich aber nicht als Beleidigung. Man hat uns in den vergangenen Monaten immer nur als Lügner betitelt, aber man hat uns nie aufgewiesen, wo wir denn gelogen haben sollen. Man kam weder von der Stadt noch vom Gemeinderat auf uns zu und hat das Gespräch gesucht.

Dr. Kammerer: Ich habe mit einigen Gemeinderäten persönlich gesprochen und die geben ganz klar zu, dass es eigentlich nur ums Geld geht. Der Gemeinderat sagt, dass sie an die ganze Stadt Öhringen denken müssen. Ein großer Teil der Stadt Öhringen wird, mit Ausnahme des Landschaftsbildes, nicht stark betroffen sein. Wir, aus dem Wohngebiet der Berliner Straße, werden aber stark betroffen sein. Deshalb habe ich gesagt, dass die Stadt uns verkauft und dazu stehe ich. Uns wurde auch nie gesagt, was in dem Artikel im Öhringer falsch sein soll.

 

GSCHWÄTZ: Bürgermeister Michler soll auch im Zusammenhang mit der Debatte um das Hochregallager einen Drohbrief erhalten haben. Wissen Sie mehr darüber?

Falk: Wir wissen nur das, was in der Zeitung stand. Den Drohbrief gab es. Als wir es erfahren haben, haben wir uns auf unserer Prima-Klima-West-Facebook-Seite davon distanziert.

 

„Wir lassen prüfen, ob wir ein Normenkontrollverfahren anstreben können“

 

GSCHWÄTZ: Wie geht es die nächsten Wochen weiter?

Falk: Wir haben wieder eine Vereinssitzung, um die weiteren Schritte zu besprechen. Wir lassen prüfen, ob wir ein Normenkontrollverfahren anstreben können. Letzte Woche ist die Abgabefrist der zweiten Einwendungen abgelaufen und wir warten jetzt auf die neuen Antworten, die darauf folgen.

Dr. Kammerer: Wir hoffen, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung im November den Bau durch unsere Beiträge ablehnt. Bei der ersten Gemeinderatsitzung im Dezember 2017 soll es zwei Stimmen gegen und 22 Stimmen für den Bau gegeben haben. Jetzt im Juli waren es sieben Stimmen dagegen und 15 dafür. Es hat sich schon etwas bewegt.

Auf diese grüne Wiese soll der Neubau kommen, sagt Bastian Falk vom Verein PrimaKlimaWest.
Foto: GSCHWÄTZ/Kristina Dorn

 

 

WAS SPRICHT LAUT DEM VEREIN GEGEN DEN BAU?

  1. Der Kaltluftstrom wäre reduziert, das heißt, die unmittelbaren Anwohner wären direkt betroffen
  2. Grundwasserspiegel: Durch den Bau wäre ein Verlust der Grundwasserneubildung zu erwarten.
  3. Naturschutz: Das Planungsgebiet liegt in einem Biotopverbund.
  4. Lärm: Es wird mit 50 bis 70 Lastwagen am Tag zu rechnen sein.
  5. Das Landschaftsbild wäre stark verändert.
  6. Sonnenlicht: Das geplante Gebäude würde zu mehr Schatten für die Anwohner führen.

Die Stadt Öhringen nimmt Stellung.
Foto: Burgen und Schlösser

Größter Steuerzahler bevorzugt? Die Stadt Öhringen nimmt Stellung zu den Vorwürfen

Die Stadt Öhringen hat innerhalb eines Tages Stellung zu den Aussagen des Vereins genommen. Anbei die Antwort der Stadt:

 

GSCHWÄTZ: Was sagen sie zu den Einwänden des Vereins gegen einen solchen Bau?

Stadt Öhringen: Die Einflüsse auf Natur und Landschaft der angedachten baurechtlichen Festlegungen und eines darauf aufbauenden möglichen Bauvorhabens wurden und werden sorgfältig bewertet. Die Einflüsse liegen in Bereichen, die den gesetzlichen und rechtlichen Anforderungen entsprechen. Die Anlieferung sowie der Versand von Waren erfolgt bisher im Betriebsalltag und auch künftig im Falle einer Betriebserweiterung ausschließlich über die Grundstückszufahrt am Zeilbaumweg. Nach Fertigstellung der Betriebserweiterung gelten die astronomischen Zusammenhänge im Hinblick auf Sonnenauf- und Sonnenuntergang generell unverändert. Ihre Frage zielt vermutlich auf Betrachter, die sich zum Zeitpunkt des Sonnenunterganges östlich des Firmengeländes aufhalten. Steht der Betrachter bei Sonnenuntergang im beschriebenen Bereich, rückt die Sonne im Falle eines Erweiterungsbaus natürlich sehr abhängig vom Betrachtungsort während des Sonnenuntergangs kurze Zeit früher aus dem Blickfeld, ehe sie ohnehin im üblichen Tageslauf hinter dem Horizont abtaucht.

 

GSCHWÄTZ: Laut PrimaKlimaWest soll Schäfer+Peters der größte Gewerbesteuerzahler in Öhringen sein.

Stadt Öhringen: Steuerliche Aussagen unterliegen dem Datenschutz. Generell steht die Stadt Öhringen Erweiterungswünschen örtlicher Unternehmen im Zuge der städtischen Wirtschaftsförderung völlig unabhängig von steuerlichen Effekten offen gegenüber. Die Auswirkungen betrieblicher Erweiterungen werden in den gängigen Verfahren stets sorgfältig geprüft und im Rahmen der (bau-)rechtlichen Vorgaben abgewogen.

 

GSCHWÄTZ: Es wurde uns gegenüber erwähnt, dass mancher Gemeinderat und vielleicht auch Sie mit dem Bau des Hochregallagers eine Chance auf ein neues Wahrzeichen in Öhringen sehen. Stimmt das?

Stadt Öhringen: Die Aufgabe der kommunalen Stadtplanung, der Kommunalpolitik und auch die Bemühungen der städtischen Wirtschaftsförderung beinhalten nicht die Schaffung von Wahrzeichen im Stadtgebiet. Auch private Investitionen orientieren sich generell und primär an betriebswirtschaftlichen Kriterien und zielen ebenfalls nicht auf den Bau von Landmarken oder die Errichtung städtischer Wahrzeichen.

 

GSCHWÄTZ: Ist der geplante Bau beschlossene Sache oder könnte es passieren, dass der Bau nicht umgesetzt wird?

Stadt Öhringen: Ein Bauvorhaben kann zu diesem Zeitpunkt keine „beschlossene Sache“ sein. Zunächst muss der (bau-)rechtliche Rahmen für Bauvorhaben geschaffen werden. Ebenso müssen die Investoren betriebsintern für sich entscheiden, ob ein Bauantrag erstellt und eingereicht wird. Dieser müsste dann geprüft und könnte bei Einhaltung der rechtlichen Vorgaben erst am Ende des erforderlichen Verfahrens genehmigt werden.

 

GSCHWÄTZ: Würde es einen alternativen Standort für das Hochregallager geben?

Stadt Öhringen: Alternative Standorte für die weitere Unternehmensentwicklung wurden in den vergangenen Jahren sehr intensiv, jedoch ohne Erfolg gesucht. Der Unternehmenssitz am Zeilbaumweg bildet daher die einzige Option, die vom Unternehmen angestrebte Betriebserweiterung zu verwirklichen.