Der Dieselmotor hat‘s nicht leicht. Aus dem Windschatten des Abgasskandals auf das mediale und politische Silbertablett befördert, sieht er sich einer Debatte ausgesetzt, die von Lobbygruppen befeuert und von der Politik instrumentalisiert wird. Begriffe wie Feinstaub, Stickoxide und CO² werden dem deutschen Autofahrer um die Ohren gehauen und in Fernsehtalkshows sagen diverse Politiker, dass der Diesel weg muss. Einst eine gefeierte deutsche Erfindung und Technologie der 1970er und 80er Jahre, jetzt verteufelt und geächtet. Videoreporter Dr. Felix Kribus hat sich auf den Künzelsauer Automarkt am 13. und 14. Oktober 2018 begeben und die Hohenloher nebst Autoverkäufern nach ihrer Meinung zum Thema Diesel im Allgemeinen, Fahrverbote im Speziellen und nach Feinstaub gefragt.
Verkäufer Oliver Schöne stellt fest, dass die Verbraucher verunsicherter sind. Foto: GSCHWÄTZ
„Es wird jeden Tag eine andere Sau durch’s Dorf getrieben“, sagt Dominik Schehak vom Mercedes-Benz-Autohaus Künzelsau: „Beim Diesel sprechen wir über das Thema Feinstaubbelastung. Wenn wir nun alle Diesel gegen Benziner tauschen würden, sprechen wir über das Thema CO2-Ausstoß.“ Persönlich ist er der Meinung, dass die Diesel-Debatte „sehr politisch engagiert“ und ein „Feldzug gegen den Diesel“ ist. Ähnlich äussert sich sein Kollege Lutz Herterich vom Autohaus Koch: „Wir haben eine äusserst saubere Technologie – sauberer als der Otto-Motor. Die Grenzwerte beim Diesel sind niedriger, als bei jedem Laserdrucker im Büro.“
Alternativen zum Diesel gibt es laut Verkäufer Schehak keine. Denn Kunden, die im Jahr 30.000 oder mehr Kilometer jährlich zurücklegen, seien auf einen Diesel angewiesen. Alles andere sei unwirtschaftlich. Oliver Schöne vom Automobilforum AHS in Ingelfingen stimmt zu und ergänzt: „Ganz extrem ist geworden, dass die Menschen nicht mehr nach dem schauen, was sie brauchen, sondern darauf hören, was die Politik sagt.“ Es sei eben einfach so: Wenn jemand 30.000 Kilometer im Jahr fährt oder noch mehr, lohne sich in der Regel kein Benziner.
„Die Zeiten ändern sich, man muss sich anpassen“
Die Verbraucher haben ganz unterschiedliche Ansichten zur Diesel-Debatte.
Dieter Ehrenfried fährt seit acht Jahren seinen Diesel „aus Überzeugung“. Er fährt jeden Tag 25 Kilometer zur Arbeit. Der Kauf habe sich damals gerechnet.
Das nächste Auto von Ulrich Schübel aus Heilbronn wird ein Benziner. Foto: GSCHWÄTZ
Klaus Bauer aus Krautheim setzt auf die Zukunft des Diesels. Foto: GSCHWÄTZ
Bei Ulrich Schübel aus Heilbronn soll das nächste Auto, das er kauft, ein Benziner werden. Er ist zwar in der Landwirtschaft mit vielen Dieselmotoren um ihn herum groß geworden, wie er berichtet. Aber da er demnächst in Ruhestand gehe und voraussichtlich dann weniger fahren werde, mache ein Diesel keinen Sinn. Er habe zudem bislang immer „gute Erfahrungen“ mit Benzinern gemacht.
Kurt Wolf aus Pfedelbach: Für ihn kommt weder noch in Frage. Er sieht die Zukunft in Elektroautos: „Die Zeiten ändern sich. Da muss man sich anpassen.“
Klaus Bauer aus Krautheim möchte weiterhin dem Diesel treu bleiben, „weil der Verbrauch günstiger ist“ und er den Diesel auch in Zukunft noch gut aufgestellt sieht. Die Dieselhersteller würden ja nach wie vor viel Geld und Know-How in ihre Entwicklungsarbeit stecken.
Fahrverbote: „Absoluter Schwachsinn“
Zum Thema Fahrverbote sind sich die befragten Verbraucher einig.
Schübel: „Global betrachtet macht das keinen Sinn. Ich halte das für absoluten Schwachsinn.“
Auch Wolf findet es problematisch, „von heute auf morgen Fahrverbote auszusprechen.“
Heinrich Friedrich aus Weissbach findet sie „schlecht“. Denn „als Privatmann muss man umrüsten oder einen neuen Wagen kaufen.“ Das alles ziele doch nur darauf ab, die Wirtschaft anzukurbeln.
Dieter Ehrenfried aus Kupferzell fährt seinen Diesel aus Überzeugung. Foto: GSCHWÄTZ
Klaus Bauer aus Krautheim ist sich sicher: „Die Fahrverbote werden sich wahrscheinlich nicht sehr lange halten. Aber für uns auf dem Land, ist das kein größeres Problem. Wenn wir mal vom Land in größere Städte müssen, können wir auf öffentliche Verkehrsmittel zurückgreifen.“
Heinz Burkhardt aus Künsbach ist der Meinung, dass „dann das Verbot auch für Lkws gelten müsste. Und dann sind die Städte tot. Das ist die andere Seite.“ Auch der Flugverkehr müsste dann seiner Meinung nach gestrichen werden, denn „die machen mit Sicherheit mehr kaputt“.
Verkäufer und Verbraucher monieren: Hochseedampfer und Flugzeuge dürfen auch weiter unterwegs sein
Martin Hagelloch vom Opel-Autohaus Künzelsau-Schwäbisch Hall gibt zu Bedenken: „Wenn ich zum Beispiel an Hamburg denke, wo teils komplette Straßenzüge gesperrt sind und parallel dazu habe ich Hochseedampfer, die mit Schweröl unterwegs sind, da frage ich mich dann schon, wo die Feinstaubbelastung in Hamburg eigentlich herkommt.“
Schlechterer Abverkauf des Diesel?
Verkauft sich der Diesel nun angesichts der Fahrverbote schlechter, wollten wir von den Verkäufern der umliegenden Autohäuser wissen. Hier gehen die Meinungen etwas auseinander. Im Großen und Ganzen lässt sich aber sagen, dass sich Privatkunden mehr von der politischen Debatte beeinflussen lassen als Firmenkunden. Dominik Schehak vom Mercedes-Benz-Autohaus Künzelsau sagt, der Abverkauf sei bei ihnen „unverändert, da „wir sehr viele Gewerbekunden haben, die sehr viel unterwegs sind“. Zwischen 85 und 90 Prozent der verkauften Autos bewegt sich nach wie vor im Dieselbereich. Lutz Herterich vom Autohaus Koch: Von zehn Autos sind vier noch Diesel und sechs Benziner. „Privatkunden haben schon immer mehr Benzinmotoren gekauft.“
Martin Hagelloch vom Opel-Autohaus Künzelsau-Schwäbisch Hall: „Im Privatkundenbereich ist der Diesel sicherlich etwas weniger gefragt.“ Aber generell gelte es in erster Linie abzuklären: Was brauche der Kunde und wenn er viel fährt, lohne sich nach wie vor der Diesel, „weil es die sinnvollere Variante ist“.
Preisverfall des Diesel
Die Verkäufer versichern, dass die Kunden nun nicht befürchten müssten, dass sie nun viel weniger Geld für ihren Diesel bekommen, wenn sie ihn verkaufen.
Verkäufer Herterich vom Autohaus Koch: „Es gibt wegen der Diesel-Debatte und der Fahrverbote nun „keine pauschalen Abwertungen des Diesel“, in Form dass Dieselfahrer bei einem Verkauf nun sehr viel weniger Geld bekämen. Allerdings gäbe es leichte Preisverluste wegen des mittlerweile in die Jahre gekommenen Euro-5-Diesels. Wäre kein Abgas-/Dieselskandal gekommen, wäre die Entwicklung aber ähnlich gewesen.“ Verkäufer-Kollege Oliver Schöne vom Automobilforum AHS in Ingelfingen: „zwischen 10 und 20 Prozent Abschlag“ seien schon möglich, wobei „da auch noch ganz viele andere Faktoren mit hineinspielen.“
Schehak: „Es wäre schön, wenn das Ganze nicht nur auf die deutsche Automobilindustrie abgewälzt werden würde“
Für die Zukunft fordern die Autoverkäufer von der Politik, keine ständigen Änderungen und dass man sich auch noch auf andere Aspekte konzentriere, um die schlechte Luft zu verbessern:
Verkäufer Herterich: „Würden wir die Gelder und die Mühe in die Infrastruktur investieren, um einen flüssigeren Verkehr hinzubekommen, könnten wir viel mehr Abgase reduzieren.“
Verkäufer Schöne: „Für uns als Verkäufer ist es schwierig, den Kunden zu sagen: Kauft jetzt ein Auto. Weil man ganz genau weiß, dass man den Menschen nichts versprechen kann. Man weiß nicht, was in fünf Jahren ist oder ob die Politik in drei Jahren meint, auf die Benziner losgehen zu müssen.“
Verkäufer Schehak: „Die Verunsicherung bei den Verbrauchern ist spürbar. Die Informationspolitik könnte durchaus besser sein.“ Es müsste klare Regeln geben, die für alle gelten. Und nicht, dass morgen jemand ins Horn blässt und den Rückwärtsgang bei allen bislang getroffenen Entscheidungen einlege und es dann womöglich auch die Euro-6-Fahrzeuge an den Kragen gehe. Auch die Hersteller müssten in die Pflicht genommen werden. Aber es wäre schön, wenn das Ganze nicht nur auf die deutsche Automobilindustrie abgewälzt werden würde.
Privatpersonen reagieren eher auf den Dieselskandal als Firmenkunden. Foto: GSCHWÄTZ
Keiner weiss, ob es in fünf Jahren nicht dem Benziner an den Kragen geht. Foto: GSCHWÄTZ
Der Neuwagenmarkt in Künzelsau am 13. und 14. Oktober 2018 war gut besucht. Foto: GSCHWÄTZ