Die Vorwürfe der IG Metall über die Arbeitsbedingungen bei ebm in Mulfingen und Hollenbach sowie gegen die Arbeit des dortigen Betriebsrats (GSCHWÄTZ berichtete) haben bei Geschäftsleitung und Betriebsrat von ebm zu Unverständnis und Reaktionen geführt.
Keine Kontaktaufnahme durch die Gewerkschaft
Hauke Hannig, der für die Unternehmenskommunikation verantwortlich ist, kann viele der Aussagen der IG Metall nicht bestätigen und widerspricht einigen Aussagen der Gewerkschaft in einem Statement deutlich. Wo Uwe Bauer von der IG Metall sagt, dass auf ein Anschreiben an die Geschäftsleitung keine Reaktion erfolgt sei, sagt Hannig beispielsweise: „Als Vertreter der Arbeitnehmerseite hat die IGM bis heute keinen Kontakt zu unserem Betriebsratsgremium oder zur Arbeitgeberseite aufgenommen.“
Wir führen kontinuierlich Befragungen zu Belastungssiuationen unserer Mitarbeitenden durch“
Über das Betriebsklima sei die Geschäftsleitung gut informiert, vor allem sei es nicht so, wie von der Gewerkschaft behauptet: „Von fehlender Wertschätzung kann keine Rede sein! Wir führen kontinuierlich Befragungen durch u.a. zur Belastungssituation unserer Mitarbeitenden. Diese zeigen, dass unsere Belegschaft, wie dies auch für die gesamte Gesellschaft gilt, in der aktuellen Lage belastet ist. Positiv zurückgemeldet wird uns von den Mitarbeitenden unser Umgang mit der Corona-Krise, unsere Sicherheitsmaßnahmen sowie die transparente Informationspolitik.“
Positiver Umgang mit der Coronakrise
Auch die bemängelte Intransparenz des Vergütungssystems LeiV sieht Hannig in einem ganz anderen Licht: Es sei die Grundlage für faire und transparente Bezahlung aller Mitarbeiter: „Dabei werden neben der eigentlichen Tätigkeit und dem Arbeitsziel auch weiche Faktoren, wie beispielsweise der faire Umgang mit Kollegen und die Weitergabe von Wissen bei der Entlohnung berücksichtigt.“ Er fährt fort: „In der Mehrzahl wurden Löhne und Gehälter durch Erhöhung angeglichen. Im Gegensatz zu allen anderen Tarifsystemen, wie z.B. ERA, sichert LeiV ein einmal erreichtes Entgeltniveau ohne Kürzungen dauerhaft ab.“
„Der Anstand hätte es geboten, den Betriebsrat zu informieren“
Andreas Schmitt und Anja Burkhardt vom Betriebsrat des Unternehmensstandorts in Mulfingen setzen sich ebenfalls gegen die Vorwürfe der IG Metall zur Wehr: „Die Vorwürfe können wir in der Gänze nicht nachvollziehen.“ In Richtung IG Metall schicken Sie dem Gespräch voraus: „Der Anstand hätte es geboten, den Betriebsrat zu informieren.“
Die Betriebsratswahl wird ordnungsgemäß ablaufen
Anja Burkhardt hat schon viele Betriebsratswahlen mitgemacht. Zur Aussage der Gewerkschaft, dass in der Mitgliederzeitschrift falsche Aussagen zum Wahlverfahren veröffentlicht worden seien, sagt sie: „Ich bin seit 34 Jahren Betriebsratsmitglied und seitdem hatten wir immer eine Personenwahl, deshalb habe ich die Personenwahl beschrieben.“ Und die Aussage der Gewerkschaft, dass das Wahlrecht von Leiharbeitern und Jugendlichen nicht korrekt beschrieben sei? „Der Vorlauf für das Magazin ist ziemlich lang. Seit ich den Artikel geschrieben habe, sind beim Wahlrecht einige Neuerungen eingetreten, diese werden aber berücksichtigt. Der Wahlvorstand, der inzwischen gebildet ist, wird selbstverständlich korrekt zur Wahl aufrufen.“
Unbezahlte Mehrarbeit?
Ein weiterer Vorwurf der IG Metall ist unbezahlte Mehrarbeit. Dazu Burkhardt: „Jede Stunde wird aufgezeichnet“, eine Aussage, auf die auch Hauke Hannig in seinem Statement Wert legt: „Alle Arbeitsstunden werden ohne Ausnahme exakt in persönlichen Zeitkonten erfasst. Dies gilt für Überstunden sowie für Minusstunden, die wir aktuell aufgrund der weltweiten Lieferengpässe zur Sicherung der Arbeitsplätze verstärkt nutzen.“
„Bündnis für Arbeit“
Die Gewerkschaft spricht wohl die im „Bündnis für Arbeit“, einer Betriebsvereinbarung, festgelegte unbezahlte Zeit, die die Mitarbeiter täglich leisten. „Das Bündnis für Arbeit ist eine Kollektivvereinbarung zur Standortsicherung, eine Arbeitsplatzgarantie – hier sehe ich den Mehrwert“. Wie GSCHWÄTZ berichtete wird die Rechtsverbindlichkeit dieses Bündnisses derzeit geprüft, erstinstanzlich äußerte das Arbeitsgericht in Crailsheim daran Zweifel. „Zu diesem Verfahren in Crailsheim werden wir uns nicht äußern. Wir wären aber kein guter Betriebsrat, wären wir darauf nicht vorbereitet“, sagt Andreas Schmitt.
„Wie Menschen, die auf der Landstraße zu schnell fahren“
Mit dem Thema Mobbing beschäftigt sich der Betriebsrat intensiv. „Das wird nicht unter den Teppich gekehrt“, sind sich Schmitt und Burkhardt einig. Als Mobbing empfunden wurde die Art und Weise, wie einige Personalgespräche durchgeführt wurden. Gab es kurzfristig angesetzte Personalgespräche, die nicht als Personalgespräch angekündigt waren und an denen der BR nicht teilnehmen konnte? Diese gab es offenbar, aber „da hat sich der BR unmittelbar eingeschaltet“, die Führungskräfte seien dann nochmals geschult worden. „Ein Abholen am Arbeitsplatz zum Personalgespräch gibt es nicht mehr.“ In diesen Fällen handelte es sich, so Burkhardt, um ein Fehlverhalten des Vorgesetzten, die Regeln für Personalgespräche seien eigentlich festgelegt.
Als Mobbing empfunden wurde die Art und Weise, wie einige Personalgespräche durchgeführt wurden
Leider könne der Betriebsrat in solchen Fällen immer erst eingreifen, wenn ihm ein Vorfall bekannt geworden sei. „Ich sehe das so, wie Menschen, die auf der Landstraße zu schnell fahren. Das muß man einfangen“, veranschaulicht Schmitt.
Vorwurf: Der Betriebsrat vertritt nicht die Interessen der Belegschaft
In einem Flugblatt der IG Metall kommt ein fiktiver Kollege Slavko, 38 Jahre alt, zu Wort: „Ein so schlechtes Betriebsklima wie bei ebm habe ich noch nie erlebt“, wird er zitiert. Und dort steht auch „Er regt sich vor allem über den BR auf, der nicht die Interessen der Belegschaft vertritt.“ Dieses Flugblatt kannten Burkhardt und Schmitt nicht – und man merkt ihnen selbst beim Telefoninterview an, dass diese Aussage sie ins Herz trifft. „Dass die Interessen der Belegschaft, der Gemeinschaft, nicht vertreten werden, das weisen wir von uns“, sprechen sie nicht nur für sich, sondern für den ganzen Betriebsrat. „Wir sind dem Kollektiv verantwortlich“, sagt Burkhardt und räumt ein, dass im Einzelfall ein Betroffener das nicht so empfinden mag, aber so Schmitt: „Die Verhältnismäßigkeit zu den Kollegen muß gewahrt sein.“
„Slavko kann sich gerne an uns wenden“
Der Betriebsrat sei immer bereit, auch Kritik an seiner Arbeit entgegenzunehmen: „Slavko kann sich gerne an uns wenden.“ Oft wird als Indikator für das Betriebsklima die Fluktuation der Belegschaft herangezogen. Das tut auch die IG Metall, sie spricht von relativ hoher Fluktuation und einem hohen Anteil von Eigenkündigungen. Das bestätigen Burkhardt und Schmitt nicht: „Wir haben mehr Eigenkündigungen als im Vorjahr, aber nicht in einem bedrohlichen Ausmaß.“ Jede Eigenkündigung würde im Personalausschuss geprüft, man führe auch Gespräche mit Mitarbeitern, die kündigen. Meist seien es sehr persönliche Gründe, die einen Mitarbeiter zur Kündigung bewegten. Schmitt stellt sogar fest: „Gerade da, wo man mit Fluktuation rechnen würde, haben wir so gut wie keine“, er meint damit insbesondere die IT-Abteilung.
Das habe ebm erkannt und biete allen Mitarbeitern eine kostenlose psychologische Beratung an
Generell sei das Betriebsklima allerdings durch Corona und die Materialknappheit insofern betroffen, dass die Mitarbeiter durch die Corona-Maßnahmen, die Maskenpflicht und die Regeln für Geimpfte und Ungeimpfte, sowie die Ungewißheit der Materialversorgung stark belastet seien und unter außergewöhnlichem Druck stünden. Auch Belastungen außerhalb der Firma, etwa im Familienkreis, kämen hinzu. Das habe ebm erkannt und biete allen Mitarbeitern eine kostenlose psychologische Beratung an – diese sei vollständig anonym, finde komplett außerhalb der Firma statt und auch der Betriebsrat sei nicht beteiligt.
Fluktuation nicht so hoch wie von IG Metall in den Raum gestellt
Das entspricht auch der Aussage in Hauke Hannigs Statement: „Was die Fluktuation bei ebm-papst anbetrifft, so ist diese sehr gering. Sie liegt abzüglich der natürlichen Fluktuation wie z.B. Ruhestand bei 1 bis 2 Prozent. Der Großteil unserer Fachkräfte beendet seine Karriere bei ebm-papst und wir fördern eine langfristige Beschäftigung.“
Hau-drauf-Mentalität ist nicht unsere Art
Gegen Ende des Geprächs kommen Schmitt und Burkhardt auf ihre Philosophie von Betriebsratsaarbeit zurück: „Für uns ist wichtig, dass ein Betriebsrat fair und offen arbeitet“ sagt Schmitt und Burkhardt ergänzt: „Ich glaube nicht, dass man im Streit mehr erreicht. Wir stehen nicht für Konfrontation sondern für Kommunikation.“ Der letzte Satz ist vielleicht an die IG Metall gerichtet: „Die Hau-Drauf-Mentalität ist nicht unsere Art.“
Text: Matthias Lauterer