Nur selten kann ein Flugsportverein ein solches Jubiläum feiern, wie es die Flugsportgruppe Kochertal e.V. am Sonntag, 16. Oktober 2022, feiern konnte. Der KASY wurde 50. Der KASY, das ist nicht etwa ein langjähriges verdientes Mitglied, und trotzdem ist er so etwas wie die treue Seele des Vereins: Der KASY ist ein Motorsegler, der seit nunmehr 50 Jahren unermüdlich Flugschüler zum Pilotenschein bringt und auch den Piloten des Vereins für Flüge zur Verfügung steht.
Der KASY hat sich für seinen Geburtstag auf Hochglanz herausgeputzt. Foto: GSCHWÄTZ
Gleich hebt sie ab: Bettina wollte schon lange einmal mit einem so kleinen Flugzeug fliegen. Foto: GSCHWÄTZ
Ursprünglich wurde der KASY, genauer: der Motorsegler vom Typ Scheibe Typ SF 25 mit der Kennung D-KASY, von den drei Flugsportvereinen Öhringen, Ingelfingen und Künzelsau gemeinsam erworben. Die Öhringer verkauften später ihren Anteil und seit der Vereinigung der Vereine aus Künzelsau und Ingelfingen gehört er zur Flugsportgruppe Kochertal e.V. und hat seine Heimat auf dem Flugplatz in Hermuthausen. Ein Boxermotor mit etwa 40kW bringt den KASY auf eine gemütliche Reisegeschwindigkeit von 120 – 130 km/h. „Ein angenehmer Spazierflug, wenn man in Ruhe das Hohenloher Land beschauen will“, sagt Frederic Wystup, der Vorsitzende der Fliegergruppe. „Nach wie vor ist das eines einfachsten Schulflugzeuge, die es gibt“, sagt er. Der KASY sagt nichts dazu, er hat an diesem Sonntag genug zu tun: Einen Fluggast, der seine Heimat einmal von oben sehen möchte, nach dem anderen bringt er nach oben. Unermüdlich. „Gütmütig“, nennt Wystup den KASY , „und günstig“.
So wie Bettina aus Künzelsau: Sie hat im GSCHWÄTZ von der Gelegenheit gelesen, einmal in so einem kleinen Flugzeug mitzufliegen. „Und ein Weißwurstfrühstück ist immer was Gutes“, lacht sie. „Ich bin noch nie mit so einem kleinen Flieger geflogen, das ist schon ein Traum von mir“. Ein wenig aufgeregt sei sie, „ich hab Puls“ – und dabei greift sie unwillkürlich ans Handgelenk. Die Vorfreude ist ihr anzusehen.
„Selber machen, was geht, ist das Ziel.“
Manfred Ohr ist stolz auf das, was die vereinseigene Werkstatt alles kann. Foto: GSCHWÄTZ
Die einfache Bauweise macht es einfach, auch diesen Oldtimer zu warten: Der Rumpf besteht aus einem Stahlrohrgerüst, das mit Stoff bespannt sind, die Tragflächen sind aus Holz und ebenfalls mit Stoff bespannt. Herr der Wartungswerkstatt ist Manfred Ohr. „Der hat mir das Fliegen beigebracht“, sagt Wystup. Ohr zeigt voller Stolz die vereinseigene Werkstatt, in der nicht nur die Wartungsarbeiten durchgeführt werden, sondern auf größere Reparaturen möglich sind. Die vereinseigene LS8, ein modernes Segelflugzeug der Standardklasse mit 15m Spannweite, steht dort auseinandergebaut und wird bereits für die nächste Saison hergerichtet. „Wir können fast alles, was anfällt, selber machen“, weiß er. Der Verein verfügt über zertifizierte Mechaniker, die auch Arbeiten an den modernen Flugzeugen aus Kunststoff fachgerecht ausführen können: „Selber machen, was geht, ist das Ziel. Wartung, Reparaturen … es ist selten, dass wir was nach außen abgeben müssen“.
Bei so fachmännischer Pflege ist auch der KASY noch lange nicht am Ende, obwohl Wystup berichtet, dass man schon überlegt habe, ihn zu ersetzen. „Aber der Aufschrei im Verein war groß“.
„Segelfliegen ist nicht wirklich ein teures Hobby“
Nur durch diese Eigenleistung ist es dem Verein möglich, die Kosten für die rund 50 Mitglieder, davon 25 aktive Piloten und zwei aktive Pilotinnen, niedrig zu halten. „Segelfliegen ist nicht wirklich ein teures Hobby“, wirbt Wystup.
Das Fest wird gut frequentiert
„Weißwurstfrühstück ist immer gut“. Foto: GSCHWÄTZ
Immer wieder wird das Gespräch unterbrochen, weil ein Bekannter Wystup begrüßt. Die aufgestellten Bänke sind voll besetzt, das Weißwurstfrühstück wird gut angenommen. Nicht nur von Menschen aus den Orten der Umgebung: Alle paar Minuten landen Gäste mit dem Flugzeug. Meist sind es sogenannte Ultraleichtflugzeuge (ULF), in Deutschland fallen darunter Zweisitzer mit einem Gewicht bis zu 450 Kilogramm, ein Auto wiegt ungefähr das Dreifache. Die Parkpositionen am Rand der Landebahn sind bald mit unterschiedlichsten Interpretationen des Konzepts ULF gut gefüllt.
Viele Gäste kommen mit dem Flugzeug. Foto: GSCHWÄTZ
„Wenn man einmal zum Skifahren geht im Jahr, ist man mehr Geld los“
Schon mit 12 oder 13 Jahren kann mit der Flugausbildung beginnen, ab 14 Jahren ist bereits der erste Alleinflug möglich. Derzeit werden fünf Flugschüler im Verein ausgebildet, zwei davon sind Jugendliche unter 18 Jahren. Die anderen seien Ü40, so Wystup, „also ein Hobby für jede Altersklasse“. Die Kosten für eine Ausbildung seien überschaubar: Für einen Jugendlichen beziffert Wystup die Kosten bis zum Flugschein, „wenn er oder sie gut dabei ist“, mit rund 1.000 Euro – Erwachsene zahlen etwas mehr, da Jugendliche einen ermäßigten Vereinsbeitrag zahlen. „Wenn man einmal zum Skifahren geht im Jahr, ist man mehr Geld los“, rechnet er vor. Er weist aber auch auf die Zeit hin, die man investieren muss, wenn man „gut dabei“ sein will, der Zeitaufwand sei auf gar keinen Fall zu unterschätzen.
Keine Angst vorm Rückwärtsgang: „Wir fliegen immer nur vorwärts“
Flieger, grüß mir die Sonne … Foto: GSCHWÄTZ
Generell ist der Verein immer auf der Suche nach neuen Mitgliedern, insbesondere jungen Mitgliedern: „Einfach vorbeikommen. Wenn jemand Zeit und Lust am Fliegen hat, ist er hier richtig“. Vor allem betont er, dass das Segelfliegen im Verein vom Teamgedanken bestimmt ist: „Bei uns ist Team alles – man muß mindestens zu viert sein, dann kann einer fliegen“. Und wenn Manfred Ohr sagt „wir fliegen immer nur vorwärts“, dann dürften auch die letzten Berührungsängste schnell verloren sein.
Text: Matthias Lauterer