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„Hoffentlich wieder mehr Hebammen“

Die Mitglieder des Vereins „Guter Anfang“ freuen sich über gute Botschaften aus Stuttgart. Der Grund: Das Regierungspräsidium hat die Projektförderung zur Verbesserung der Hebammenversorgung im Landkreis Schwäbisch Hall bewilligt.

Zeitraum: 1,5 Jahre

„Als Verein ‚Guter Anfang e.V.‘ freuen wir uns gemeinsam mit unseren Kollegen und Kollegen über 100 000 Euro zur Förderung und Erprobung neuer Modellprojekte.“

Auch im Hohenlohekreis klagen viele Schwangere bereits seit Jahren über immer weniger Hebammen (wir berichteten). Das Problem: Der Beruf wird durch Veränderungen in der deutschen Gesundheitspolitik in den vergangenen Jahren immer unattraktiver (wir berichteten).

Lediglich drei Projektförderungen in ganz Baden-Württemberg

Der Unterstützungszeitraum beträgt eineinhalb Jahre zur Förderung lokaler Gesundheitszentren (LGZ) mit dem Schwerpunkt geburtshilflicher Versorgung. Die finanzielle Förderung zur Erprobung von neuen Modellprojekten wurde im Sommer dieses Jahres vom Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration ausgeschrieben, um die Versorgung von Familien rund um die Geburt zu verbessern. Es gibt im ganzen Land Baden-Württemberg laut dem Verein „Guter Anfang“ lediglich drei dieser Projektförderungen. Nun auch im Landkreis Schwäbisch Hall.

„Bedingungen für Hebammen sollen verbessert werden“

Die erste Vorsitzende Melanie Bendl sagt dazu: „Ich freue mich sehr, dass unser Verein diese Projektförderung erhält und dass wir dadurch helfen können, die Bedingungen für die Arbeit der Hebammen im Landkreis zu verbessern. Es wird hier vor Ort – und besonders für Familien – hoffentlich wieder mehr Hebammen-Arbeit als bisher stattfinden können.“

 Aufbaue einer Hebammenzentrale in SHA

Der Verein Guter Anfang e.V. verfolgt den Zweck, die Hebammenversorgung im Landkreis Schwäbisch Hall zu verbessern. Die Verantwortlichen initiierten bereits erfolgreich Projekte, wie den Aufbau der Hebammenzentrale SHA, die offene Hebammensprechstunde und das Hebammencafé. Durch die bestätigte Förderung können neue Projekte initiiert und etabliert werden, welche die Versorgung junger Familien verbessern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit stärken. Konkret wird unter dem Titel ‚Geburtshilfe neu denken‘ in den kommenden eineinhalb Jahren ein interdisziplinäres Netzwerk aufgebaut werden. Geplant sind monatliche Treffen interessierter Gruppen unter dem Motto ‚Update rund um die Geburt SHA‘ und vierteljährliche Treffen mit der Fachgruppe unter dem thematischen Dach ‚Forum rund um die Geburt SHA‘.

Zentrale Anlaufstelle für die Hebammenversorgung

Lisa Kunz, Hebamme und zweite Vorsitzende des Vereines ‚Guter Anfang‘, dazu: „Zum Start des Projektes im Jahr 2023 konzentrieren wir uns auf die Arbeit der Hebammen, welche unmittelbar die Schwangerschaft und die Geburt betreffen. Wir versprechen uns dadurch, als zentrale Anlaufstelle für die Hebammenversorgung im außerklinischen Bereich, auch gerade für neu zugezogenen Familien, noch bekannter zu werden und neue Menschengruppen erreichen zu können.“ Ein klares Projektziel ist dafür der Einzug in die Räume eines Hebammenzentrums in Schwäbisch Hall noch im Jahr 2024.

Spenden

Der Verein Guter Anfang setzt sich für eine Verbesserung der Versorgung mit Hebammenhilfe und somit für einen guten Start der Frauen und Familien in eine neue Lebensphase ein. Der Förderverein ist auf Gelder aus Spenden und Sponsoring angewiesen. Nur so kann er bestehen und zukunftsweisend arbeiten. Da die Projekte eine finanzielle Planungssicherheit benötigen, freuen sich die Vertreter des Vereins über jede Spende und längerfristige Unterstützung sehr. Die Hebammenzentrale Schwäbisch Hall, das Hebammencafé, die Hebammensprechstunde und die interdisziplinäre Vernetzung sind Angebote und Projekte des übergeordneten Vereins ‚Guter Anfang e.V.‘. Dabei stellt die Hebammenzentrale das Kernprojekt dar und wird deshalb auch durch ein eigenes Logo gekennzeichnet.

Kontakt

Mehr Informationen unter: http://www.hebammenzentrale-sh.de/verein/ / IBAN: DE80 6225 0030 0002 2862 31 / BIC: SOLADES1SHA / Sparkasse Schwäbisch Hall-Crailsheim / Kontonummer 2286231 / BLZ: 62250030 Kontakt: Montag & Donnerstag 9 bis 12 Uhr / mobil 0151 644 17 464 / E-Mail: info@hebammenzentrale-sha.de; Für Informationen, Anregungen und Fragen zum Projekt steht die Projektleitung gerne unter einer neuen Kontaktmöglichkeit per Mail projektleitung@hebammenzentrale-sha.de zur Verfügung.

 

Verantwortliche Vertreterinnen des Vereins Guter Anfang e.V. beim Tag der Hebammen 2022 in Schwäbisch Hall. Erste von rechts Melanie Bendl / Hebamme und 1. Vorsitzende; Zweite von rechts Lisa Kunz / Hebamme und 2. Vorsitzende. Foto: privat

Foto: privat




Hebammenmangel – Landratsamt bietet Kurs für Schwangere an

Vertreterinnen des Arbeitskreises Frühe Hilfen im Landratsamt Hohenlohekreis haben ein neues Kurskonzept „Rund um die Geburt“ entwickelt, das am Dienstag, den 12. Juni 2018, von 17.30 bis 19.30 Uhr, in der Poststraße 60 in Öhringen startet. Der Kurs soll schwangere Frauen in sechs Einheiten begleiten und wichtige Informationen vermittelt, so eine Pressemitteilung des Landratsamtes des Hohenlohekreises.

Da viele schwangere Frauen keine Hebammen für die Schwangerenvorsorge, für die Geburt und für die Wochenbettbetreuung, aufgrund des Hebammenmangels, finden können, soll es in dem Kurs um die Geburtsvorbereitung, Ernährung und Stillen bis hin zu rechtlichen Fragen und pädagogischen Aspekten wie Bindung gehen.

Geleitet wird der Kurs „Rund um die Geburt“ von der Familienbegleiterin Susanne Barth, zusammen mit Hebamme Rita Müller und Vertretern aus der Zahngesundheit, dem Landwirtschaftsamt und der Schwangerenberatung.

Der Kurs ist kostenlos, aber eine Anmeldung zum Kurs ist bis Montag, den 11. Juni 2018, bei Susanne Barth unter 0170 6359417 oder per Mail an familienbegleitung.oehr@jhfh.friedenshort.de erforderlich.

Bei hoher Nachfrage wird der Kurs im Herbst erneut angeboten, so dass werdende Mütter mit Entbindungstermin Anfang 2019 das Angebot auch wahrnehmen können.

 

In der Juni-Ausgabe 2017 hat unsere GSCHWÄTZ-Journalistin Isabell Kähny über das Thema Hebammenmangel geschrieben.

Aus unserem Archiv: Hebamme – Traumberuf oder teures Hobby

// Fotos: GSCHWÄTZ/Archiv




Traumberuf oder teures Hobby?

// Schwanger werden ist nicht schwer, Hebammen-suche dagegen sehr

// teure Versicherungsbeiträge machen es den Hebammen nicht leicht.

Corinna Baumann aus Ailringen erwartet im September ihr zweites Kind. Sie blickt optimistisch in die Zukunft, denn schon bei der Geburt ihrer Tochter Nele im Dezember 2014 fühlte sich sich sehr gut betreut. Ihre Hebamme war Margret Benz-Ehrmann aus Weldingsfelden. Und auch dieses Mal wird sie wieder an ihrer Seite sein. Dass es aber momentan nicht einfach ist, eine Hebamme zu finden, weiß Corinna. „Weil ich die Problematik kannte, habe ich schon in der sechsten Schwangerschaftswoche bei meiner Hebamme angerufen“, sagt sie. Jessica Layer aus Amrichshausen bekommt im Spätsommer ihr drittes Kind. Sie wusste ebenfalls, dass sie sich zeitig bei ihrer Wunsch-Hebamme Jutta Zugelder melden muss. In ihrem Umfeld hört die junge Mutter immer wieder von Frauen, die sich bei der Hebammen-Suche schwer tun.

„Viele haben nicht das Glück, dass die erste Hebamme Zeit hat“, berichtet sie. „Eine Bekannte aus Öhringen hatte bis zur 16. Woche noch keine Hebamme gefunden. Jetzt hat sie eine, die eigentlich schon in Rente ist.“  Im Kocher- und Jagsttal ist das Angebot an Hebammen derzeit begrenzt. Das beunruhigt auch Jutta Zugelder: „Ich sehe niemanden, der nachkommt.“ Die Gründe liegen auf der Hand: Hohe Versicherungsbeiträge schrecken ab. Der Klinikalltag ist anstrengend. Hinzu kommen intensive Nachsorgen, die einem die letzte Zeit rauben. Aktuell schwirrt ein weiteres heikles Thema durch die Nachrichten, das die Arbeit von Beleghebammen erheblich einschränken könnte. Es ist unter anderem vorgesehen, dass sie im Schichtdienst nur noch zwei Frauen gleichzeitig betreuen dürfen. Das heißt: Eine Beleghebamme betreut zwei Schwangere im Kreißsaal. Sie nimmt der einen Blut ab, die andere wird an ein CTG angeschlossen. Kommt nun eine dritte Frau mit Wehen, darf diese nicht behandelt beziehungsweise abgerechnet werden. Die Beleghebamme kann die Schwangere nun entweder abweisen und weiterschicken oder aber die Patientin bezahlt die Behandlung selbst. Das klingt kurios? Das ist es auch, denn diese Regelung soll unabhängig des Betreuungsgrads gelten. Hebammenverbände schlagen Alarm. Es laufen Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, den Vorsitzenden der Krankenkassen. Eine Schiedsstelle wurde eröffnet. Das Ergebnis wird mit Spannung erwartet.

Natalie Carle, gebürtig aus Ingelfingen, arbeitet seit anderthalb Jahren als freiberufliche Beleghebamme in Regensburg. Um ihren Berufsstand macht sie sich große Sorgen: zum einen wegen den immensen Haftpflicht-Versicherungsbeiträgen von aktuell mehr als 7.000 Euro pro Jahr, zum anderen aufgrund der geplanten Vorschriften für Beleghebammen. „Geboren werden braucht Zeit, Raum und Ruhe“, meint die motivierte junge Dame, die sich eine sichere und planbare Zukunft wünscht. Von dieser ist sie weit entfernt. Sie überlegt, ob sie studieren soll.

Über die Missstände, die aktuell im Kreise der Beleghebammen herrschen, ärgert sich auch Natalie Carles Mutter Martina. Gemeinsam mit ihrer zweiten Tochter Isabelle zeigte sie in den letzten Wochen großen Einsatz im Kochertal, klärte über die aktuelle Situation auf und sammelte über 500 Unterschriften, zum Beispiel in Kindergärten. „Auch vor der BAGeno in Ingelfingen stand ich“, berichtet sie. Zusammen mit einem Brief ging die Unterschriftenliste Anfang Mai an den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Hebamme Natalie Carle bringt es auf den Punkt: „Der Beruf ist wundervoll, erfüllend und toll. Aber die Bedingungen machen es schwierig.“ Doch es gibt auch Unterstützung: So können Beleghebammen einen Haftpflichtausgleich beantragen, den sogenannten Sicherstellungszuschlag. Gerüchte, dass die Öhringer Beleghebammen vom Hause einen Ausgleich bekämen, wurden entkräftet. Benz-Ehrmann, die bis vor einem Jahr noch selbst dort tätig war, erklärt: „Es gibt Bonuszahlungen. Diese sind für Arbeiten, die nicht zum normalen Tätigkeitsfeld einer Hebamme zählen: aufräumen, putzen und so weiter.“

Neben der Betreuung während einer Geburt bieten Hebammen Geburtsvorbereitungskurse an. Diese erfreuen sich großer Beliebtheit und sind meist schnell ausgebucht. Rückbildungskurse waren in den letzten Monaten rar, denn sowohl Hebamme Jutta Zugelder als auch Physiotherapeutin Simone Brandt standen nicht zur Verfügung. Zugelder zog sich nach 22 Jahren, in denen sie Rückbildungskurse anbot, zurück. Brandt verabschiedete sich in den Mutterschutz. Die Physiotherapiepraxis Rauch aus Niedernhall versucht, die jungen Mütter aufzufangen. Die Meinungen über die Qualität der Rückbildung dort gehen auseinander. Mit an Bord ist mittlerweile auch Michaela Erb, eine anerkannte Sport- und Gymnastiklehrerin mit der Zusatzqualifikation Sporttherapeutin. Sie hat sich in den Bereichen Rückbildungstraining, pränatales Training und Beckenbodentraining fortgebildet und bietet eine bunte Vielfalt an Kursen an: Fit mit Baby oder buggyFit sind nur zwei Beispiele.

Hoffnung auf Nachwuchs macht indes auch die neue Hebammenschule in Heilbronn.

 

// Fotos: GSCHWÄTZ/Isabell Kähny