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Mehr Geflüchtete im Hohenlohekreis als 2015

Über eine Million der rund 40 Millionen Ukrainer:innen haben vor dem Krieg in Ihrer Heimat in Deutschland Zuflucht gesucht. Davon befinden sich rund 1.100 Personen im Hohenlohekreis. In der Kreistagssitzung vom 21. November 2022 informiert die Verwaltung über die Kosten der Unterbringung, die Höhe der Zuwendungen von Bund und Land. ausserdem muss der Kreistag den Teil der Mehrkosten, die nicht oder erst im nächsten Haushaltsjahr erstattet werden, noch für das aktuelle Haushaltsjahr genehmigen.

„Mittlerweile sind in diesem Jahr mehr Geflüchtete im Kreis untergekommen als im Jahr 2015“, stellt die Kreisverwaltung fest. Dass diese hohe Zahl von Geflüchteten, die im November 2021 nicht vorhersehbar war, den Kreis vor immense Herausforderungen stellt, ist nachvollziehbar. Anfang des Jahres 2022, als die ersten Ukrainer:innen ankamen, war noch nicht klar, inwieweit sich Bund und Land an der Unterbringung und Versorgung der Menschen, einer Pflichtaufgabe des Landkreises, beteiligen werden. Inzwischen ist klar, dass Bund und Land zumindest die finanzielle Belastung der Landkreise fast vollständig übernehmen werden – wenn auch mit Verzögerung. Aus diesem Grund muss der Kreistag die Kosten, die im Jahr 2022 entstanden sind, aber erst 2023 erstattet werden, noch in den Haushalt für 2022 aufnehmen.

Ehrenamtliche Hilfe war und ist wichtig

Einen weiteren Teil der Belastungen übernahmen freiwillige und ehrenamtliche Helfer, wie die Verwaltung anerkennt: „Die seit Kriegsbeginn in der Ukraine sprunghaft angestiegene Anzahl an Geflüchteten konnte aufgrund der enormen Solidarität in der Bevölkerung geschultert werden. So erfolgte die Unterbringung eines großen Teils der geflüchteten Menschen aus der Ukraine zunächst vor allem in Privatunterkünften.“ Aber auch einfache Hilfen wie zum Beispiel Unterstützung bei Behördengängen oder die Ausstattung mit Kleidung wurden zu einem guten Teil ehrenamtlich angeboten.

Bund und Land erstatten Kosten erst im nächsten Haushaltsjahr

Die Gesetzeslage, welcher Flüchtling aus welchem Grund welche Leistung erhält, ist nicht leicht zu durchschauen. Außerdem haben sich im Laufe des Jahres die Grundlagen geändert. Die Verwaltung erläutert: „Im Leistungsbereich haben auch Geflüchtete aus der Ukraine bis zum 31.05.2022 Hilfeleistungen zum Lebensunterhalt und Kosten der Unterkunft nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylblG) erhalten. Die bis zum 31.05.2022 entstandenen Kosten für diesen Personenkreis werden gemäß den Abrechnungsmodalitäten aus der mit dem Land im März 2022 ergänzten Verwaltungsvereinbarung im Haushaltsjahr 2023 erstattet.“
Ab dem 1. Juni 2022 gilt eine  neue Regelung, informiert die Kreisverwaltung: „Mit dem vom Bund beschlossenen Rechtskreiswechsel hat sich für geflüchtete Menschen aus der Ukraine die Anspruchsgrundlage auf Leistungsgewährung grundlegend geändert. Sobald die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, erhalten die Anspruchsberechtigten seit 01.06.2022 Hilfeleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (v.a. SGB II, SGB IX und SGB XII). Für den Hohenlohekreis bedeutet dieser Systemwechsel eine finanzielle Mehrbelastung, die aus heutiger Sicht größtenteils seitens des Landes ausgeglichen wird.“
Wieder anders sieht es für Alte oder Erwerbsgeminderte aus: „Mittels den geltenden Regelungen rechnet der Hohenlohekreis mit einer vollständigen Bundeserstattung bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie einer erhöhten Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und für Heizung (SGB II-Leistungen).“

Noch immer sind offenbar die Regelungen der Kostenübernahme durch Bund und Land nicht abschließend geregelt, es besteht noch immer eine gewisse Unsicherheit.

Millionensummen im Spiel

Die Verwaltung rechnet bis Ende 2022 insgesamt mit Transferaufwendungen in Höhe von 3,4 Mio. Euro, die an außerhalb von Landkreiseinrichtungen wohnende Geflüchtete gewährt werden. „Nach Abzug etwaiger Kostenerstattungen (ca. 1,1 Mio. Euro) werden im Haushaltsjahr 2023 rund 1,9 Mio. Euro entsprechend der Vereinbarung seitens des Landes erstattet, welche in der Haushaltsplanung 2023 entsprechend eingeplant sind. Schlussendlich beträgt der Eigenanteil des Hohenlohekreises jahresübergreifend hierfür ca. 466.000 Euro.“

Die Transferaufwendungen für Hilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt, der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bzw. nach dem SGB II erhalten, „erhöhen sich dadurch über alle Hilfearten hinweg voraussichtlich um 2,0 Mio. Euro auf nunmehr 16,9 Mio. Euro. Mittels den geltenden Regelungen rechnet der Hohenlohekreis mit einer vollständigen Bundeserstattung bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie einer erhöhten Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und für Heizung (SGB II-Leistungen). Nach Abzug etwaiger Erstattungen durch Bund und Land verbleibt bzgl. der Ukraine voraussichtlich eine Nettomehrbelastung von 786.000 Euro. Diese werden durch die mit dem Land vereinbarten Erstattungen im Rahmen des Rechtskreiswechsels aus heutiger Sicht zu 70 % ausgeglichen. Somit beträgt der finanzielle Eigenanteil des Landkreises rund 236.000 Euro.“

Zwischensumme: 700.000 Euro Mehrbelastung für direkte Leistungen an die Menschen

Rund 700.000 Euro, die bei den Haushaltsberatungen Ende 2021 nicht vorhersehbar waren, muss der Landkreis also tragen.

Weitere 900.000 Euro Investitionen für die Unterbringung

Der Landkreis hat bereits in Unterbringungskapazitäten investiert und tut dies weiter: „Der Landkreis selbst baut, aufgrund der gestiegenen Zuweisungszahlen, weiterhin neue Kapazitäten für die Unterbringung von Geflüchteten auf. Hierfür entsteht bei den Sachkosten ein Mehrbedarf um ca. 800.000 Euro auf nunmehr ca. 3,5 Mio. Euro. Nach Abzug sonstiger Ersätze werden diese im Rahmen der nachgelagerten Spitzabrechnung seitens des Landes vollumfänglich erstattet. Darüber
hinaus waren zur Schaffung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten Investitionen notwendig. Aus heutiger Sicht werden bis Jahresende 2022 zusätzliche Investitionsmittel von ca. 900.000 Euro benötigt. Diese können jahresübergreifend, entsprechend der Nutzungsdauer, im Rahmen der nachgelagerten Spitzabrechnung [das ist eine Abrechnung nach nachgewiesenem Aufwand, Red.] geltend gemacht werden.“

Kreistag muss beschliessen

Der Kreistag muss am 21. November 2022 die „überplanmäßigen Aufwendungen i. H. v. netto rund 770.000 Euro im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und der aktuellen Lage bei der Flüchtlingsaufnahme“ und die „korrespondierenden überplanmäßigen Auszahlungen im Finanzhaushalt i. H. v. 900.000 Euro“ genehmigen.

Text: Matthias Lauterer
Zitate aus der Sitzungsvorlage zur Kreistagssitzung am 21. November 2022




Massiver Rückgang an Steuern, mehr Aufwendungen im sozialen Bereich

Am Montag, den 06. November 2022, findet in Waldenburg um 14 Uhr die Kreistagssitzung rund um den Haushalt 2023 des Hohenlohekreises statt.

Die Zahlen schauen nicht mehr so rosig aus wie für das Jahr 2022. Der Grund ist ein befürchteter massiver Rückgang der Steuereinnahmen.

Eingliederungshilfe

In der Beschlussvorlage hierzu heißt es: „Die Haushaltsplanung 2023 erfolgt auf der Basis der Bestimmungen des Gemeindewirtschaftsrechts und unter Zugrundelegung des Entwurfs der Orientierungsdaten zur kommunalen Haushalts- und
Finanzplanung in den Jahren 2023 ff. des Ministeriums für Finanzen und des Ministeriums des
Inneren, für Digitalisierung und Kommunen. Maßgeblich geprägt ist die Haushaltsplanung 2023 von einem offensichtlichen Rückgang bei den Steuerkraftsummen der Gemeinden (-7,8 % gegenüber Vorjahr) sowie von höheren Transferaufwendungen im Sozialbereich insbesondere bei der Eingliederungshilfe, der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung sowie bei der Leistungsgewährung nach SGB II.

Höhere Energiekosten

Infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist für das Haushaltsjahr 2023 mit erhöhten Energieaufwendungen bei der Bewirtschaftung der kommunalen Liegenschaften zu rechnen. Hinzu kommen strukturelle Änderungen bei der Heilbronner-Hohenloher-Haller-Nahverkehr GmbH hinsichtlich der Neuregelung der Einnahmeaufteilung. Darüber hinaus soll mit der Einführung eines landesweit gültigen Jugendtickets der öffentliche Personennahverkehr attraktiver gestaltet werden.

Die wesentlichen Investitionen erstrecken sich auf den Neubau des Kreishauses, auf den Umbau an der Gewerblichen Schule Künzelsau, den Abschluss der Erweiterung und Sanierung an der Gewerblichen Schule Öhringen sowie auf Baumaßnahmen an Kreisstraßen.

Anlage 1: Zahlen und Daten zum Haushaltsplan 2023




„Spagat zwischen Wünschenswertem und Erfüllbarem“

Kurz und schmerzlos war die Einbringung des Haushalts der Stadt Ingelfingen durch Bürgermeister Michael Bauer bei der Gemeinderatssitzung vom 8. März 2022.

Keine Nachtsitzung erforderlich

Gibt es in anderen Gemeinden oder im Kreistag schon bei der Einbringung eine detaillierte Darstellung durch den Kämmerer, was auch zu langen Sitzungen führen kann, benötigte Michael Bauer nur wenige Minuten, um den Haushalt kurz darzustellen:

Rund 18,5 Millionen Haushaltsvolumen

Rund 18,5 Millionen Euro Erträgen stehen fast identische Ausgaben gegenüber, ein kleines Plus von 30.000 Euro ist veranschlagt. Mehr als ein Viertel der Ausgaben, rund 5 Millionen Euro, werden investiert.

Keine Kreditaufnahme geplant

Auch in den Folgejahren rechnen wir Stand heute damit, dass wir unseren Ressourcenverbrauch erwirtschaften können“, ist Bauer optimistisch. Ebenfalls wichtig: Im Haushaltsentwurf sind keine Kreditermächtigungen vorgesehen.

Schwerpunkt Digitalisierung der Verwaltung

Nachdem, so Bauer, die Digitalisierung in den Schulen bereits weit vorangekommen sei, soll im Jahr 2022 die Digitalisierung der Verwaltung verstärkt in Angriff genommen werden.

Jugend, Hochwasserschutz und Feuerwehr

Mit Investitionen in Sanierung von Kindergärten und Spielplätzen soll die Jugend unterstützt werden. Der Hochwasserschutz soll weiter ausgebaut werden: Im Plan steht eine Maßnahme in Diebach, Kanalsanierungen und die Ertüchtigung der Regenüberlaufbecken. In diesem Zusammenhang ist auch die Modernisierung der Feuerwehr zu nennen: Für den Digitalfunk, ein neues Gerätehaus in Stachenhausen sowie neue Uniformen werden Mittel im Haushalt stehen.

Baugebiete und die Infrastruktur der Teilorte

Schon im Gang sind die Planungen für Baugebiete in Criesbach und Diebach, ein Gebiet in Weldingsfelden soll noch dazukommen. Und für das Gewerbe sollen in Stachenhausen weitere Flächen geschaffen werden. Dir dörflichen Strukturen der Teilorte will Bauer durch Investitionen in die Dorfgemeinschaftshäuser in Stachenhausen und Dörrenzimmern erhalten oder stärken. Auch die Stadt Ingelfingen soll nicht zu kurz kommen: Im Rahmen des Sanierungsprogramms für die Altstadt steht die Sanierung der Alten Schule an.

„Ingelfingen noch besser für die Zukunft aufstellen“

Mit „Wir gehen sorgsam mit den uns anvertrauten Mitteln um, wir planen Investitionen, die ganz Ingelfingen zu Gute kommen und unsere Stadt noch besser für die Zukunft aufstellen“, schließt Bauer seine Haushaltsrede. 

Haushalt erst im März eingebracht

Ungewöhnlich erschien es dem GSCHWÄTZ-Reporter, dass der Haushalt erst im März des Haushaltsjahres eingebracht und verabschiedet wird. Der Kreistag und beispielsweise die Stadt Künzelsau stellen ihre Haushalte üblicherweise bereits Ende des Vorjahres auf. So ungewöhnlich sei das aber nicht, sagt Kämmerin Carolin Sahm: „Wie in vielen anderen Städten und Gemeinden auch, wird der Haushalt meistens im Februar/März eingebracht.“ Das bedeutet, dass in Ingelfingen bis zur Verabschiedung des Haushalts im Wesentlichen nur finanzielle Leistungen erbracht werden dürfen, zu denen die Stadt  „rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind.“ So schreibt es die Gemeindeordnung vor.

Kaum freiwillige Leistungen möglich

Viel Raum im Haushalt für freiwillige Leistungen bleibt ohnehin nicht, denn – so drückt es Bürgermeister Bauer aus – der Haushalt sei ein „Spagat zwischen Wünschenswertem und Erfüllbarem.“ Er ergänzt: „Auch in diesem Haushalt können wir aufgrund der vielen Pflichtaufgaben und aus finanziellen Gründen nicht alle Wünsche erfüllen.“

Über den Haushaltsplan wird in der nächsten Sitzung diskutiert werden, bevor darüber abgestimmt wird.

Text: Matthias Lauterer




Achim Beck: „Zeit der Freiwilligkeitsleistungen ist vorbei“

Der Kreishaushalt für das Jahr 2022 ist verabschiedet! Das beschloß der Kreistag in seiner Sitzung vom 13. Dezember 2021 in der Nobelgusch in Pfedelbach.

Knappe Haushaltsmittel

Ein Kompromiß ist es geworden, die knappen Haushaltsmittel wurden wie immer so verteilt, dass alle Fraktionen und Gruppen beim ein oder anderen Punkt ein Bauchgrimmen  haben – aber wie der Friedensnobelpreisträger Aristide Briand sagte: „Ein Kompromiß ist dann vollkommen, wenn alle unzufrieden sind“.

Hohe Ausgaben, etwa durch das neue Kreishaus

Zusätzlich zum knappen Geld prägen den Haushalt hohe Ausgaben, zum Beispiel für das neue Kreishaus, offene Baustellen der Vergangenheit, etwa das medizinische Versorgungszentrum in Künzelsau und in diesem Jahr die ganz besonders ungewissen Aussichten für die nähere Zukunft, bedingt durch Corona oder ein zu erwartendes höheres Flüchtlingsaufkommen.

Beim Lesen der AfD-Anträge an Sauerkraut denken müssen

Einzig die AfD hatte größeres Bauchgrimmen und schob kurzfristig noch drei Änderungsanträge zu den Themen „befristete Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst“ (ÖGD), „Aufforstung von Wald statt Klimazentrum“ und „Migration“ nach. Landrat Dr. Matthias Neth hierzu: „Ich könnte es mir einfach machen“ und erklärte, warum diese Anträge schon aus formalen Gründen eigentlich gar nicht zu behandeln seien und wie sich die AfD über einen Konsens im Rat hinwegsetzte – wären die Anträge angenommen worden, hätte der Haushalt gar nicht angenommen werden können. Er warf Anton Baron Unkenntnis über die Sachverhalte vor: Die neuen Stellen im ÖGD können gar nicht befristet geschaffen werden, weil sie vom Bund als unbefristet gefordert werden, das Migrationsthema sei vom Kreis gar nicht beeinflußbar und die Aufforstung … ob Baron wisse, was der Sinn und Zweck des Klimazentrums sei und wieviele Bäume im Jahr 2021 gepflanzt worden seien? An Sauerkraut habe er denken müssen, so Neth, „das schmeckt aufgewärmt besser als frisch“. Aber die AfD-Anträge seien eher schlecht abgestanden.

Anton Baron (AfD) wehrt sich

Dass die Anträge der AfD ans „Anträge zweiter Klasse“ behandelt würden, beklagt sich Baron, er wehrt sich gegen die Unterstellung, er wolle die Sitzung nur behindern. „Da ist kein Antrag aus Spaß! Und da ist auch wenig Polemik drin“, stellt er fest, aber er findet sich damit ab: „Ich sehe, der politische Wille ist nicht da“.  Teils erntet er Gelächter.

Unmut und Schärfe im Rat über AfD

Der Unmut im Gremium über die späten Anträge war groß: „Wir bekommen hier kein Sitzungsgeld, sondern Schmerzensgeld“, ruft Ute Oettinger-Griese von der FDP. Jemand rät Baron, sich doch einmal von Achim Beck in die Tiefen der Formalien einführen zu lassen – Beck ist bekannt dafür, dass er sich dort besonders gut auskennt. Beck selbst findet dieses Geplänkel eine „Zeitverschwendung. Mir stinkt es. Wir haben eine Riesensitzung vor uns.“

Um es vorwegzunehmen: Die Änderungsanträge der AfD werden später alle abgelehnt – mit jeweils 2 Ja-Stimmen der beiden anwesenden AfD-Kreisräte Anton Baron und Jens Moll.

Haushaltsreden

Überaus kurz waren die Haushaltsreden der Fraktionen und Gruppen, außer der AfD waren alle mit dem Kompromiß durchaus zufrieden, trotzdem war erkennbar, dass die einzelnen Fraktionen und Gruppen ihr Bauchgrimmen an ganz verschiedenen Stellen äußerten.

CDU: „Wir müssen lernen, nicht zu jeder Forderung und jeder Förderung Ja zu sagen.“

Haushaltsrede von Norbert Kunkel. Foto: GSCHWÄTZ

Für die CDU sprach, mit Heimvorteil, Torsten Kunkel: Er beginnt mit dem Komplex Gesundheit und schaut in die Zukunft: „(…) können wir heute feststellen, dass wir in der Gesundheitsversorgung auf dem richtigen Weg sind.“ Der Neubau des Krankenhauses in Öhringen und „die weitere Etablierung des ambulanten medizinischen Versorgungszentrums in Künzelsau“ stünden nun an, genauso wie die Einrichtung eines Hospizes als Abrundung der medizinischen Versorgung.

Aufgrund der Dynamik in Schule und Bildung sieht er „die Notwendigkeit für eine Schulentwicklungsplanung, die sich an den real gegebenen Anforderungen ausrichten muss“.

Im Nahverkehr sieht er im ländlichen Raum die Notwendigkeit von Individualverkehr und fordert weiterhin Investitionen in den Bau und den Erhalt von Straßen – neben der Investition in den ÖPNV. Man darf aber nicht Gegebenheiten in Ballungsräumen auf ländliche Bereiche übertragen wollen – eine Kritik an den Plänen der Landesregierung.

Das Kreishaus ist das größte Investitionsprojekt, das der Kreis je gestemmt hat, daher unterstützt er den Ansatz zur modularen, etappenweisen Umsetzung entsprechend dem aktuellen und sich künftig ergebenden Bedarf.

Sozialausgaben schießen nach oben, Personalausgaben ebenso

Ein wichtiger Punkt seien die Personalkosten im Haushalt: Für Kunkel gibt es wenig Spielraum für Kostensenkungen, denn „eine gute und effiziente Kreisverwaltung braucht unabdingbar engagierte und gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und diese kosten Geld.“ Und dieses Engagement finde man auf dem Arbeitsmarkt – eine Spitze gegen die AfD – mit befristeten Stellenangeboten nicht.

„Zeit der Wohltaten neigt sich dem Ende zu“

Die Sozialausgaben, für die der Kreis netto über 50 Millionen Euro aufwenden muss, diese Ausgaben kennen nur eine Richtung: nach oben. Für Kunkel ist die logische Schlußfolgerung: „Daher sind aus unserer Sicht zusätzliche Freiwilligkeitsleistungen in diesem Teilhaushalt eigentlich nicht mehr möglich, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, die Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen zu können. Wir müssen daher lernen, nicht zu jeder Forderung und jeder Förderung Ja zu sagen. Die Zeit der Wohltaten neigt sich unwillkürlich dem Ende zu“.

Die Absenkung der Kreisumlage sei wichtig für die Gemeinden, hätten sie doch dadurch mehr Handlungsspielraum. Er gibt aber zu bedenken, dass es damit schnell vorbei sein kann: „Dieser positive Trend ist nicht nur aus der wirtschaftlichen Tätigkeit entstanden, sondern er ist vielmehr den Kompensationszahlungen von Bund und Land im Rahmen der Corona Krise zu verdanken.“

Er hat in seiner Rede die wesentlichen Themen genannt und gesetzt.

„Kein Platz für Freiwilligkeitsleistungen“

Eher mahnende Worte findet Achim Beck für die FWV, der gleich zu Beginn seiner Rede davon spricht, dass kein Platz für Freiwilligkeitsleistungen mehr sei. Überhaupt ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis das eigentliche Hauptthema seiner Rede: Insbesondere die Baukosten für das Kreishaus hat er prominent im Blick. „Man muß abwägen, was ist nice-to-have und was ist ein must-have“, sagt er und fordert eine festgelegte Kostenobergrenze.

FWV: Sich trennen vom Krankenhausgebäude in Künzelsau

Haushaltsrede von Achim Beck. Foto: GSCHWÄTZ

Die Transferleistungen im Krankenhausbereich seien auf 1,1 Millionen Euro zurückgegangen – das sieht Beck als großen Erfolg. Jetzt sei es an der Zeit für ein Nachnutzungskonzept für das Künzelsauer Krankenhausgebäude: „Das kostet uns Tag für Tag Geld“ – nachdem es eine einhellige Meinung von vier Architekten gäbe, müsse man sich damit anfreunden, sich von dem Gebäude zu trennen.
Vom Rufbussystem im ÖPNV verspricht er sich einen besseren Service zu geringeren Kosten – aber auch hier sei eine Evaluierung und Diskussion nach ersten Erfahrungen nötig. Die Folgekosten müssen im Auge behalten werden, auch bei der Kochertalbahn: „THE LÄND läßt uns in the end normalerweise alleine“, hat er gemerkt.

Bei einem prognostizierten Schuldenstand von 34 Millionen Euro zum Ende 2025, fordert er, die freiwillegen Leistungen des Kreises zu reduzieren: Nicht dass wegen der Freiwilligkeit im Kreis die Gemeinden ihre Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen können.

GRÜNE: „Klimaschutz kann nicht verschoben werden“

Haushaltsrede von Martin Braun. Foto: GSCHWÄTZ

Unter „Wirtschaftlichkeit“ versteht Martin Braun, der für die GRÜNEN ans Rednerpult tritt, etwas ganz anderes: „Klimaschutz ist nicht kurzfristig wirtschaftlich“, entgegnet er Beck, „und Klimaschutz kann nicht verschoben werden“.

Er fordert Vorbeugemaßnahmen gegen Auswirkungen des Klimawandels – diese seien wirtschaftlich, weil sie unmittelbar wirkende Folgekosten von Klimaereignissen verringern würden. „Jeder Euro spart langfristig acht bis fünfzehn Euro an klimabedingten Kosten“, rechnet er vor. Deswegen begrüße seine Fraktion das Klimazentrum und fordere eine schnelle Nachrüstung von Solartechnik auf öffentlichen Dächern.

Aufgrund der Corona-Pandemie sei viel Geld im Sozialhaushalt notwendig, beispielsweise für Familien. Auch der Klimaschutz treffe unmittelbar Menschen mit geringem Einkommen – auch deshalb erwartet er eine weitere Steigerung der Sozialkosten.

Generell fordert er eine nachhaltiges, nicht kurzfristig wirtschaftliches, Herangehen, beispielsweise beim Bauen.

SPD: „Wir haben die Mittel, unsere laufenden Aufgaben gesichert anzugehen“

Haushaltsrede von Irmgard Kircher-Wieland. Foto: GSCHWÄTZ

Für die SPD spricht Irmgard Kircher-Wieland von „verantwortungsvoller Kämmereiarbeit“, Rücklagen seien in den vergangenen Jahren gebildet worden, „der Vorschlag ist akzeptabel“.
Ihr Schwerpunkt ist der ÖPNV: „Weg vom Schülerverkehr, hin zu einem für alle erreichbaren Rufbussystem“ ist ihr Credo. Die Verknüpfung aller Verkehre sei wichtig. Und die Kochertalbahn, „wenn sie kommt: Dann geht alles von vorne los“.
Auch sie kann sich eine Spitze gegen die Landesregierung nicht verkneifen: „Es fragt sich, warum ein grüner Minister die Mittel für Radwege kürzt!“

„Wir haben keine überzähligen Mitarbeiter, nur das Notwendigste, um die laufenden Aufgaben zu bewältigen“, ist ihr Statement zu den Personalkosten – und spricht Anton Baron direkt an: „Belästigen Sie uns bitte nicht mehr mit Ausführungen zu Ihren Anträgen“.

Sie schließt Ihre Rede mit „Wir haben die Mittel, unsere laufenden Aufgaben gesichert anzugehen und ausreichend Liquidität für unvorhergesehene Ereignisse.“

FDP: „Die Bürger müssen sehen, dass Wahlgeschenke und vermeintliche Wohltaten selbst bezahlt werden müssen.“

Die Meinung der FDP wird von Michael Schenk vorgetragen: er beginnt mit der weltweiten Lage auf den Versorgungsmärkten und den Pandemiekosten: Die Pro-Kopf-Verschuldung sei pro Kopf seit Pandemiebeginn um rund 8.000 Euro gestiegen – und diese Verschuldungssituation präge die Politik der nächsten Jahre, bis hinunter in den Hohenlohekreis.

„Einer der attraktivsten Landkreise in Baden-Württemberg – diese Position festigen und ausbauen“

Haushaltsrede von Michael Schenk . Foto: GSCHWÄTZ

Das neue Kreishaus ist für Schenk eine wichtige Voraussetzung für eine „moderne, schlagkräftige und bürgernahe Kreisverwaltung“.

Der Bevölkerungsschutz ist für Schenk wichtig: „Ausdrücklich unterstützen wir die für 2022 geplante Stärken-/Schwächen-Analyse für den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz. Wir müssen danach umgehend an der Umsetzung arbeiten. Den eines ist sicher: Die nächste Herausforderung kommt bestimmt.“

Für die FDP ist das Medizinische Versorgungszentrum in Künzelsau (MVZ) ein dringendes Projekt: „Wie können wir das MVZ in Künzelsau stärken? Hier besteht akuter Handlungsbedarf.“ Die medizinische Versorgung liege der FDP am Herzen: „Dieses erfordert ein Zusammenwirken der Haus- und Fachärzte, dem Rettungswesen, dem Krankenhaus, den Kurzzeitpflegeeinrichtungen, und den Alten- und Pflegeheimen bis hin zum geplanten Hospiz.“

Für Schenk ist ein Rufbus-System, wie es demnächst im Bereich Öhringen, Bretzfeld, Pfedelbach und Neuenstein starten wird, erfolgt ein bedarfsgerechter Ausbau des ÖPNV. er kritisiert aber das Konzept der Landesregierung, dass alle Orte von 5 Uhr morgens bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sein müssen: „Dieses kann für den ländlichen Raum zum finanzpolitischen Fiasko werden. Wenn die Landesregierung diesen Standard im ÖPNV einführen will, dann soll sie auch die Kosten tragen, aber auch dann trifft es den Steuerzahler.“

„… denken wir dabei nur an die Ortskräfte aus Afghanistan, sind wir zum Handeln aufgefordert“

Die Notwendigkeit für neue Flüchtlingsunterkünfte wird auch von der FDP gesehen: „Durch die gestiegenen Zahlen von Asylbewerbern und Flüchtlingen, denken wir dabei nur an die Ortskräfte in Afghanistan und an die Situation an der Grenze zu Belarus, sind wir zum Handeln aufgefordert.“

Digitalisierung der Schulen

Ein kreisübergreifender Schulentwicklungsplan für ganz Nordwürttemberg fehlt der FDP. Schulen sollten nicht konkurrieren, sondern sich ergänzen und zusammenspielen. Die FDP schlägt weiterhin die Gründung eines Zweckverbands zur Erfüllung des Digitalpaktes Schule im Landkreis schlagen wir erneut einen Zweckverband vor. Dieser Zweckverband könnte vor allem kleinere Schulen können durch einen „Digitalen Hausmeister“ unterstützend und eine einheitliche IT-Infrastruktur gewährleisten.

Soziales und Jugend

Wenig Spielraum sieht Schenk im Bereich Soziales und Jugend, da die meisten Ausgaben gesetzlich vorgeschrieben seien. Dennoch habe der Hohenlohekreis im Kampf gegen die Auswirkungen der Corona-Pandemie im Bereich der Kinder und Jugendlichen hat der Hohenlohekreis „sinnvolle Maßnahmen gestartet. Wir hoffen, dass dieses greifen wird. Die steigenden Kosten und die weiter wachsende Bürokratie, sowohl für die Verwaltungen, die Betriebe und den Bürger, bereiten uns Freien Demokraten große Sorge.

Ach Schenk warnt vor zuvielen freiwilligen Leistungen: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit dem Geld der Bürger wirtschaften. Die Bürger müssen sehen, dass Wahlgeschenke und vermeintliche Wohltaten selbst bezahlt werden müssen.“

AfD: „ideologische Projekte ohne Nutzen für die Hohenloher“

Haushaltsrede von Anton Baron. Foto: GSCHWÄTZ

Anton Baron geht für die AfD zuerst auf die „aus unserer Sicht positiven Punkte ein“. Das sind die Senkung der Kreisumlage und dass es „im Bereich des Katastrophen-/Bevölkerungsschutzes endlich voran geht.“

Dies nimmt sieben Zeilen seiner dreiseitigen Rede ein.

Er kritisiert, dass die Einnahmeseite des Haushalts viel zu optimistisch dargestellt sei: Wegen Pandemie und der Situation auf den Weltmärkten hätte er sich „einen vorsichtigeren Ansatz gewünscht, um auf böse Überraschungen vorbereitet zu sein.“

Auf der Ausgabenseite begrüßt er die Erhöhung der Ausgaben für den Straßenbau, hätte aber gern noch deutlichere Ausgabensteigerungen für diesen Zweck, denn „im ländlichen Raum sind viele Arbeitnehmer auf das Auto angewiesen, auch die Industrie benötige dringend gut ausgebaute Straßen.

 

„Hier baut die Landesregierung mal wieder große undurchdachte Luftschlösser“

Dem geplanten Rufbussystem steht die AfD-Gruppe offen gegenüber, fordert allerdings eine zeitnahe Evaluierung. Das größte Potential liege aber, so Baron bei „Mitfahrmöglichkeiten“ und regt an, dieses Thema zukünftig mit einzubeziehen. Die „Mobilitätsgarantie“ der Landesregierung sei unökologoisch und unwirtschaftlich, er spricht von „undurchdachten Luftschlössern“.

„ideologische Projekte ohne Nutzen für die Hohenloher“

Der Sozialhaushalt birgt für Baron hohe Risiken: Ausgabensteigerungen durch übergeordnete gesetzliche Regelungen stehen keine höheren Einnahmen gegenüber. Dass unter diesen Voraussetzungen die Verwaltung „ideologische Projekte ohne Nutzen für die Hohenloher“ finanziere, ist für die AfD-Gruppe nicht nachvollziehbar. Welche Projekte er meint, sagt er nicht. Ein Projekt außerhalb des Sozialhaushaltes meint er damit ganz gewiß: Das Klimazentrum, das „wohl eher der Befriedigung einer bestimmten Fraktion“ diene und nicht „zur Rettung des Weltklimas“.

Dieses Klimazentrum soll innerhalb der Abfallwirtschaft angesiedelt werden. Dort findet Baron weiteren Anlaß zur Kritik: Er spricht davon, dass „die Bürger durch überhöhte Abfallgebühren das angehäufte Defizit der Abfallwirtschaft abtragen.“ Er fordert, das Verursacherprinzip beim Abfall zu verstärken.

Bekannte rhetorische Modelle in Bezug auf Flüchtlinge

Zuletzt geht Baron auf die zu erwartenden Kosten für Flüchtlinge ein und benutzt bekannte Rhetorik der AfD: Er unterstellt, dass die Bundesregierung „wohl wieder einmal die Grenzen öffnen wird“ und „Zehntausende von illegalen Einwanderern (…) ins Bundesgebiet eindringen lassen“ wird. Dabei geht es in der aktuellen Diskussion vor allem um bis zu 25.000 Afghanen, die wegen ihrer Tätigkeit im Umfeld der Bundeswehr in ihrer Heimat bedroht sind und die völlig legal in die Bundesrepublik ausgeflogen werden sollen.

Um Pull-Effekte zu verhindern, habe er einen Antrag eingebracht, statt Geldleistungen nur noch Sachleistungen an Flüchtlinge auszugeben.

LINKE: „Es muß doch möglich sein, Kinder- und Altersarmut zu vermeiden“.

Haushaltsrede von Ernst Kern. Foto: GSCHWÄTZ

Als letzter Redner tritt Ernst Kern für die Linke ans Mikrofon: Er beschränkt sich auf ein einziges Thema, den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Er hat beobachtet, dass die Spaltung der Gesellschaft in Corona-Zeiten größer geworden ist. Für die Aussage „Klare Kante gegen Hass und Hetze“ bekommt er spontanen Beifall. Aber er will auf eine wirtschaftliche Spaltung der Gesellschaft hinaus: „Leider wird die Kluft Arm-Reich immer größer“. Er fordert dazu auf, Alternativen zu finden, die wieder zusammenführen. Daseinsvorsorge, eine der politischen Hauptaufgaben, müsse für eine faire und menschliche Welt sorgen, „der Starke schützt den Schwachen.“ Mit „Es muß doch möglich sein, Kinder- und Altersarmut zu vermeiden“ beendet er die Reihe der Haushaltsreden.

 

 

 

Dank aller Fraktionen

Allen Reden der Fraktionen und Gruppen gemeinsam war der Dank an alle, die in der Coronazeit die Gesellschaft durch ihre Leistung unterstützt haben.

Abstimmungsergebnisse

Zuerst muß über die Änderungsanträge abgestimmt werden. Der CDU-Antrag, die Kreisstraße 2319 nördlich von Marlach zu renovieren und auszubauen und diese Mittel in den Haushalt 2022 einzustellen, wurde mit 31 Ja / 3 Nein / 5 Enthaltungen angenommen.

Die drei Anträge der AfD wurden mit jeweils 2/37/0 abgelehnt.

Da der Antrag der CDU bereits in der letzten Sitzung eingebracht worden war, hatte die Verwaltung einen Haushaltsentwurf inklusive dieser Änderungen vorbereiten können. Dieser Entwurf wurde mit 34/3/2 mit deutlicher Mehrheit angenommen, ebenso wie die Wirtschaftspläne der Abfallwirtschaft Hohenlohe (37/2/0), des Nahverkehr Hohenlohe (39/0/0) und der Arbeitsloseninitiative Hohenlohe (38/1/0).

Text: Matthias Lauterer

 




„Wir haben immer noch eine Krisenzeit und die Folgen davon sind noch nicht absehbar“

„Wir haben immer noch eine Krisenzeit und die Folgen davon sind noch nicht absehbar“, begann Claudia Müller, Leiterin des Jugendamtes im Hohenloher Landratsamt, die Vorstellung des Teilhaushaltes 2022 für die Kinder- und Jugendhilfe. „Wir haben bereits Schritte eingeleitet“, sagte sie bei der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses in der Künzelsauer Stadthalle am Dienstag, den 23. November 2021. „Doch die Herausforderungen werden nicht kleiner.“ Für das Jahr 2022 ist im Haushaltsentwurf des Hohenlohekreises für die Kinder- und Jugendhilfe ein finanzieller Aufwand von knapp 22 Millionen Euro veranschlagt. Der Jugendhilfeausschuss stimmt dem Haushaltsplan zu, über die endgültige Annahme entscheidet der Kreistag am Montag, den 13. Dezember 2021.

Steigerung im Vergleich zu 2021

Etwa 5,5 Millionen Euro davon stammen aus Erträgen, rund 16,5 Millionen kommen aus Zuschüssen, was einer Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (15,4 Millionen Euro) von rund einer Million entspricht. Die Steigerung im Haushaltsplan sei vor allem auf tarifliche Steigerungen bei den frühen Hilfen zurückzuführen, aber auch auf die Pandemie-Folgen. „Corona fordert immer noch“, meinte Müller in ihrem Vortrag. „Auch wenn wir die Herausforderungen bisher gut gemeistert haben.“

„Damit soll eine gute Entwicklung sichergestellt werden“

„Das sind hauptsächlich Zusatzbedarfe durch Corona“, erklärte die Amtsleiterin. „Die Auswirkungen der Pandemiebekämpfung sind noch nicht klar zu sehen.“ Wir haben in dem Haushalt abgebildet, was notwendig ist, um eine gute Entwicklung sicherzustellen, gerade auch unter den speziellen Rahmenbedingungen, wie wir sie jetzt eben haben. “ Im kommenden Jahr fördert das Amt im Bereich der Schulsozialarbeit knapp 23 Stellen an 25 Schulstandorten. „Im laufenden Jahr sind es dann noch 23 Standorte und eine Stelle weniger“, erläuterte Müller weiter. „Das beinhaltet auch zwei Neuanträge für Schulsozialarbeit an den beiden SBBZ in Künzelsau und Öhringen.“

„Hier sind auch die Elternbildungsprojekte enthalten“

Eltern frühzeitig in ihrer Erziehungsverantwortung stärken ist das Ziel des Teilbereichs Förderung der Erziehung in der Familie. „Das beinhaltet unter anderem die Elternbildungsprojekte, die frühen Hilfen, aber auch den betreuten Umgang, die Betreuung und Versorgung in Notsituationen und die gemeinsame Unterbringung von Vätern oder Müttern mit Kindern sowie unser Modellprojekt sozialpädagogische Beratung in der Kita“, so Müller weiter. Erträge für 2022 sind einmal 10.000 Euro aus Transferleistungen – beispielsweise Beiträge der Eltern in der gemeinsamen Unterbringung von Müttern oder Vätern mit ihren Kindern. „Diese sind aber nur zu haben, wenn die Eltern ein eigenes Einkommen haben“, relativierte Müller. Rund 75.000 Euro sind aus Kostenerstattungen und -umlagen. Hier sind Zuschüsse vom Land sowie aus der Bundesstiftung für die Projekte Stärke und frühe Hilfen dabei.

Modellprojekt gestartet

Endlich konnte auch das Modellprojekt „Beratung in der Kita“ starten, das wegen Corona um ein Jahr verschoben wurde. „Wir freuen uns sehr, dass das Projekt inzwischen an beiden Standorten begonnen hat“, sagte Müller. „Es läuft seit 01. Oktober in Niedernhall und seit dem 01. November in Pfedelbach.“ Bei der gemeinsamen Unterbringung von Vätern und Müttern mit ihren Kindern sei der Ansatz unverändert, aber dennoch wurde diese Hilfeart gestärkt und es sollen unter Umständen beide Elternteile oder ein Elternteil zusammen mit Partner untergebracht werden kann. „Eine Voraussetzung ist hier, dass hier ein wesentlicher Teil der Versorgung des Kindes übernommen wird.“

„Hier steckt der größte Teil der Steigerung drin“

„Unser Haupt- und Kernprodukt sind die individuellen Hilfen für junge Menschen und Familien“, führte die Jugendamtsleiterin weiter aus. „Hier steckt auch der größte Teil der Steigerung drin.“ Darin ist auch der gesamte Bereich der Hilfe zur Erziehung und die Erziehungsberatungsstelle enthalten. Hier wird im Jahr 2022 mit einem Bedarf von rund 11 Millionen Euro kalkuliert, was einem Mehraufwand von etwa 1 Million entspricht. „Der Schwerpunkt der Erhöhung liegt im ambulanten Bereich“, so Müller. „Da haben wir massive Erhöhungen in den Teilzahlen, die scheinen sich auf einem hohen Niveau einzupendeln.“ Sie steigen momentan nicht mehr, gehen laut Müller aber auch nicht wesentlich zurück. Auch im Teilbereich der Heimerziehung gebe es Entwicklungen. „Insgesamt steckt auch hier eine Entgeltsteigerung um zwei Prozent drin.“

Erhöhung bei den flexiblen Hilfen

Besondere Veränderungen gibt es vor allem im Bereich der ambulanten Hilfen. Eine deutliche Erhöhung der Aufwendungen gibt es bei den flexiblen Hilfen – vor allem aufgrund des Angebots in Pfedelbach, deretwegen dort die soziale Gruppenarbeit eingestellt wurde. „Wir haben weiterhin hohe Kosten vor allem bei der Schulbegleitung“, erläuterte Müller. „Wir gehen davon aus, dass die Aufwendungen weiterhin nach oben gehen.“ Für das Jahr 2022 sind für die ambulanten Hilfen Aufwendungen von rund 1,3 Millionen Euro eingeplant. Das sind 50.000 Euro mehr als im Jahr davor. „Es ist nach wie vor so, dass wir sehr hohe Stundenumfänge vor allem in der Schulbegleitung haben.“ Noch nicht abschließend einschätzbar sind die Auswirkungen der Schul- und Kitaschließungen und sonstigen pandemiebedingten Einschränkungen auf bereits vorhandene psychische Störungsbilder.

„Das ist eher ein symbolischer Beitrag“

„Das Land beteiligt sich mit einer Pauschale für die Aufwendungen, die sowohl dem Jugendhilfeträger als auch dem Sozialhilfeträger für die Schulbegleitung entstehen“, führte Müller weiter aus. Das ist aber laut der Jugendamtsleiterin eher ein symbolischer Beitrag. Außerdem steht seit dem Schuljahr 2019/2020 eine Einigung mit dem Kultusministerium aus, wie dieser Beitrag weiterhin gestaltet sein soll. „Die Beträge, die wir bisher erhalten haben, sind im Rahmen von Abschlagszahlungen geleistet worden.“ Umgerechnet auf einen Pro-Kopf-Betrag erhalte die Jugendhilfe so einen Ausgleichsbetrag von 3.500 Euro pro Kind und Schuljahr.

„Hier sind auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge dabei“

Zum ambulanten Bereich der Kinder- und Jugendhilfe gehören unter anderem die Teilbereiche Erziehungsbeistand und sozialpädagogische Familienhilfe. Auch hier sei eine deutliche Zunahme der Fallzahlen festzustellen – rund 40 Prozent davon sei auf coronabedingte Umstände zurückzuführen. Was eine Steigerung für 2022 um rund 355.000 Euro auf etwa 1,3 Millionen bedeutet. „In diesem Ansatz sind noch fünf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge beziehungsweise Volljährige drin, die auch noch Unterstützung erhalten.“ Auch bei den teil- und vollstationären Hilfen gibt es „einige Entwicklungen“. Hier sind noch drei unbegleitete minderjährige Ausländer dabei. Insgesamt sind hier Aufwendungen über rund 2,5 Millionen Euro eingeplant, 300.000 Euro mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt gibt es Aufwendungen für 13 minderjährige und junge volljährige Ausländer in einer Höhe von rund 427.530 Euro. „Welche Entwicklungen hier möglicherweise auf die Jugendhilfe zukommen, ist aktuell nicht absehbar“, so Müller. Ein weiterer Anstieg der Fallzahlen könne man nicht ausschließen.

„Eine allgemeine Depression macht sich breit“

Laut der Jugendamtsleiterin zeigen die Corona-Maßnahmen „auf unterschiedlichen Ebenen“ ihre Auswirkungen und sie sehe, dass sich eine allgemeine Depression breitmache. Was ihrer Ansicht nach bedeutet, „sich gegenseitig zu unterstützen und sich Mut zuzusprechen“. Sie begrüßte, dass Schulen und Kitas offen bleiben sollen, „egal wie sich die Lage weiterentwickelt“. Selbst gestalten könne hier das Jugendamt mit dem Projekt „Corona und Familie – Wege aus der Krise“. Allerdings sei die Pandemie nicht die einzige Herausforderung für die Jugendhilfe in den nächsten Jahren. „Die mit Abstand größte und interessanteste Aufgabe hat die Jugendhilfe mit der umfassenden Reform des Kinder- und Jugendstärkegesetzes“ – die größte Reform in diesem Bereich seit 1992.

„Es gab einen Rückgang bei den betreuten Kindern“

Marion Bringezu, Fachdienstleiterin der wirtschaftlichen Jugendhilfe, stellte den Teilbereich der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege vor. „Die Kindertagesbetreuung ist seit 2019 in besonderem Maße von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt war und teilweise noch ist“, begann sie. Sie zielte dabei auf die Lockdowns, Notbetreuungen und eingeschränkte Regelbetriebe ab. Deswegen sei es im Bereich der Kindertagespflege zu einem Rückgang der betreuten Kinder gekommen. „Wir sind da von 360 zwischenzeitlich mal auf 310 Kinder abgestürzt.“ Allerdings hätten sich die Betreuungszahlen im Jahr 2021 wieder eingependelt, auch wenn das Niveau von 2019 noch nicht wieder erreicht sei. Bei den Planungen für 2022 hänge auch vieles davon ab, wie sich die Situation weiterentwickelt. Die Ausgaben in 2022 sollen aber „wieder an die Ausgangslage vor Corona anknüpfen.“

„Die Erträge gingen hinter die Planungen zurück“

Die Fachdienstleiterin stellte kurz das Gute-Kita-Gesetz vor. Das besagt, dass seit 01. August 2019 Eltern, die Sozialleistungen beziehen, von einer Kostenbeteiligung sowohl in der Tagespflege als auch bei der Übernahme von Kindergartenbeiträgen befreit sind. Die Ausfälle sollen durch pauschale Ausgleichszahlungen kompensiert werden. „Für das Jahr 2022 ist hier mit Erträgen von rund 160.000 Euro zu rechnen.“ Eine Steigerung gibt es auch im Bereich der Kostenbeteiligung des Landes für die Kleinkindbetreuung. Berechnungsgrundlage ist hier die durchschnittliche Kinderzahl von 2020 und 2022, um hier eine „relativ gleichmäßige Entwicklung der Zahlen zu gewährleisten“. Dies ergibt einen Betrag von rund 1,5 Millionen Euro. Die tatsächliche Zuweisungssumme werde sich aber erst nachträglich erweisen, weil die Zahlen für 2022 ja noch nicht vorliegen. Bei den Über-Dreijährigen bemisst sich der Erstattungsbetrag an den tatsächlich genutzten Betreuungsstunden. Der Bereich der Randzeitenbetreuung vor und nach Kindergarten oder Schule ist rückläufig, weshalb dann auch die Zuwendungen vom Land geringer ausfallen. Außerdem wird mit Elternbeiträgen in Höhe von 55.000 Euro gerechnet beziehungsweise bei den Kleinkindern mit 405.000 Euro. Insgesamt seien die Erträge zuletzt aufgrund von Betreuungsausfällen und zurückgegangenen Kinderzahlen hinter den Planungen zurück.

Rund 1,8 Millionen für Unterhaltsvorschussleistungen

Birgit Stitz-Schad stellte den Teilbereich der Unterhaltsvorschussleistungen vor, der anschließend von dem Gremium einstimmig angenommen wurde. Im Jahr 2022 wird hier mit einem Aufwand von 1,8 Millionen Euro geplant. Der Bund beteiligt sich hier mit 40 Prozent, das Land mit 30 Prozent. Allerdings haben beide auch Anspruch auf einen Teil der bei den Eltern eingezogenen Gelder: der Bund zu 40 Prozent und das Land zu 20 Prozent. Allerdings seien die Rückholquoten mit rund 27 Prozent gut.

Bezahlt wird bis zum 18. Geburtstag

„Der Unterhaltsvorschuss hilft, die Lebensgrundlage zu sichern, wenn der andere Elternteil nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt zahlt“, begann sie. Für diese staatliche Leistung gebe es keine Einkommensgrenze. Auch sei es seit 2017 möglich, von der Geburt bis zum 18. Geburtstag des Kindes zu zahlen. Dies bedeute erhebliche Mehraufwendungen sowohl bei den Leistungen als auch bei den Personal- und Sachkosten. „Die Auswirkungen von Corona sind auch hier weiterhin spürbar“, meinte Stitz-Schad. „Dies bedeutet eine vermehrte Antragstellung, aber auch eine geringere Möglichkeit der Rückholung von Unterhalt beispielsweise wegen Arbeitslosigkeit der Eltern.“ Gerade in dieser Zeit würden die anspruchsberechtigten Kinder eine reibungslose und zeitnahe Gewährung der Leistungen benötigen.

Text: Sonja Bossert




Was machen drei Lamas bei der Kreistagssitzung?

Ein ganz neuer Modetrend war bei der Kreistagssitzung vom Montag, 29. November 2021, erkennen: Einige Kreisräte trugen Masken in Parteifarbe – gelb, blau, rot und schwarz waren auszumachen, die GRÜNEN und die FWV wollten sich diesem Trend wohl nicht anschließen.

Über zweieinhalb Stunden referierte Michael Schellmann, Dezernent für Finanzen und Service im Landratsamt Hohenlohe, über den Haushaltsentwurf – und ging dabei noch nichtmal in die tiefsten Details. Kein Wunder, umfaßt der Entwurf des Kreishaushalts für 2022  sowie der Wirtschaftspläne für die Abfallwirtschaft und den Nahverkehr Hohenlohe weit mehr als 500 Seiten. Der komplette Entwurf steht im Detail auf den Bürgerservice-Seiten Landratsamts zum Download bereit.

Gesamt-Haushaltsvolumen von 216.109.670 Euro

Kurz gesagt plant Schellmann im Ergebnishaushalt des Landkreises ursprünglich mit Erträgen von etwas über 158 Millionen Euro, denen Aufwendungen von etwas unter 158 Millionen Euro  entgegenstehen – veranschlagt wird ein Gesamtergebnis von 346.850 Euro. Sowohl Erträge als auch Aufwendungen steigen gegenüber 2021, um 8.4 Millionen Euro bzw 9.2 Millionen Euro, sodass das Ergebnis um rund 800.000 Euro geringer ausfallen wird als 2021.
Bezieht man die NVH und die Abfallwirtschaft ein, so beträgt das gesamte Haushaltsvolumen 216.109.670 Euro.

 

Der allergrößte Teil der Erträge sind Zuweisungen, Zuwendungen und Umlagen, also Gelder, die der Landkreis als solcher nicht selbst erwirtschaftet, sondern aufgrund der Gesetzeslage erhält, zum Beispiel als Kreisumlage von den Gemeinden oder im Rahmen des Finanzausgleichs. Ähnlich sieht es bei den Aufwendungen aus: Auch hier sind die Transferausgaben, das sind u. a. Zuschüsse ÖPNV, Soziale Leistungen außerhalb und innerhalb von Einrichtungen, Finanzausgleichsumlage, usw. für den Landkreis kaum steuerbar, frei verfügbar für die lokalen Aufgaben des Landkreises sind rund 90 Millionen Euro, die sich auf sieben Teilhaushalte verteilen. Mit 42 Millionen Euro sind die Personalaufwendungen für rund 940 Mitarbeiter:innen, die sich auf alle sieben Teilhaushalte verteilen, der größte Posten.

Hauhaltsstruktur Hohenlohekreis

Sozialhaushalt ist der größte Haushalt – und sorgt für soziale Gerechtigkeit

Der größte Teilhaushalt ist der Teilhaushalt4 – Familie Jugend und Gesundheit mit Aufwendungen von fast 75 Millionen Euro, denen Erträge von 24 Millionen Euro gegenüberstehen – gut 50 Millionen Euro muss der Landkreis also „zuschiessen“ für zum Beispiel Soziale Hilfen, Eingliederungshilfe, Kinder-Jugend- und Familienhilfe. „Dies sind“, so betonte Schellmann, „die Hauptaufgaben der Landkreise, die dadurch den Gedanken der sozialen Gerechtigkeit fördern.“ 

Steigende Flüchtlingszahlen erwartet 

Enthalten in diesem Teilhaushalt sind auch die Kosten für Flüchtlinge. Schellmann stellte fest, dass die Flüchtlingszahlen in den letzten Wochen wieder gestiegen seien, er rechnet damit, dass die derzeit 193 Plätze in Wohnheimen nicht ausreichen werden und kündigt an, dass weitere Investitionen folgen müßten. Eine Million Euro, denen aber auch Erträge aus Erstattung gegenüberstehen, wurden gegenüber dem ursprünglichen Entwurf bereits eingeplant.

Coronabedingte Ausgaben in verschiedenen Bereichen

Schellmann weist auf die „Corona-Folgen vor allem bei den Leistungen in den Hilfen zur Erziehung und den Unterstützungsangeboten im Bereich der Eingliederungshilfe vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Beeinträchtigungen“. Dort gab es deutliche Kostensteigerungen. „Das Programm „Familien und Corona –
Wege aus der Krise“ soll hierbei die Folgen der Pandemie nachhaltig abfedern und den Betroffenen Zukunftsperspektiven geben.“ 

„Seit 2018 sehen wir einen kontinuierlichen Anstieg von 11,7 Mio. € auf jetzt 16,5 Mio. €. Das sind 4,8 Mio. € in 5 Jahren und somit eine durchschnittliche Steigerung von 960 T€ pro Jahr“, präsentiert Schellmann die Kostenentwicklung für die Kinder- Jugend- und Familienhilfe. 

Kosten der Corona-Pandemie

Eine 70-prozentige Steigerung der Personalkosten im Gesundheitsbereich war im Jahre 2021 zu verzeichnen, im Jahr 2022 wird nochmals eine Steigerung geplant, auf jetzt 1,7 Millionen Euro. Hinzu kommen zu erwartende Kosten für die Impfkampagne.

Jeder Einwohner des Hohenlohekreises beteiligt sich durch seine Steuern und Abgaben mit 467,54 Euro am Sozialhaushalt des Landkreises. 

Bau des neuen Kreishauses

Ein weiterer wichtiger Punkt in Schellmanns Ausführungen war das neue Kreishaus. 2022 sollen rund 2 Millionen Euro dafür bereitgestellt werden. Das Ergebnis eines Architektenwettbewerbs soll Mitte 2022 feststehen, ab dem 3. Quartal 2022 soll die konkrete Bauplanung erfolgen. Mit dem Baubeginn wird ab 2023 gerechnet.

Die Lamas

Ach ja, die Lamas … die halfen Michael Schellmann, nach 38 Folien, die Aufmerksamkeit der Kreisrät:innen bei den vielen Zahlen durch einen Überraschungseffekt aufrechtzuerhalten – oder vielleicht auch wiederherzustellen.

Text: Matthias Lauterer




Stadtkämmerer Walter Ulrich: „Ein sehr schweres Jahr“

Reichlich unverständlich war der Entwurf des Künzelsauer Haushalts für das Jahr 2022, der der Bevölkerung am Freitag, 15. Oktober 2021 in der Stadthalle präsentiert wurde. Das lag allerdings nicht an der Darstellung des Entwurfs selbst, sondern an der Lautsprecheranlage im Saal, die es schwer machte, die Worte der jeweiligen Vortragenden zu verstehen. Die Lautsprecheranlage sorgte allerdings für die einzige Disharmonie im Saal, die menschlichen Disharmonien aus der letzten Sitzung mit ihren unrühmlichen Szenen waren wie weggeblasen.

Haushaltsvolumen mehr als 55 Millionen Euro

Die geplanten Ausgaben in Höhe von 55.604.295 Euro stehen geplante Erträge in Höhe von 55.618.430 Euro gegenüber – das kann man mit Fug und Recht als eine „schwarze Null“ bezeichnen.

Kämmer Walter Ulrich: „Ein sehr schweres Jahr“

Trotzdem bezeichnete Kämmerer Ulrich Walter 2022 als „ein sehr schweres Jahr, 2023 werden wir uns leichter tun“. Das liegt vor allem an den hohen Umlagen, die zu zahlen sind: Allein über 25 Millionen Euro werden dafür angesetzt. Hintergrund ist der hohe Steuereingang im Jahr 2020 – die Umlagen richten sich nach dem Steueraufkommen des Vor-Vorjahres.

Im Jahr 2022 rechnet man mit 38.9 Millionen Euro an Steueraufkommen, das sind gut 70 Prozent der Erträge. Die höchsten Einnahmen werden aus der Gewerbesteuer mit 57 Prozent des Steueraufkommens erwartet, es folgen der Einkommensteueranteil (23%) und der Umsatzsteueranteil (8%).

Steigerung bei den Personalkosten

Auf der Ausgabenseite sind nach den Transferaufwendungen, wie die Umlagen im Haushalt genannt werden, die Personalkosten der dickste Posten: 22 Prozent oder rund 12.5 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Die Steigerung der Personalkosten gegenüber dem Ansatz für 2021 wird mit 16 neuen Stellen (13 in den Kindertageseinrichtungen, zwei in der Jugendarbeit und eine im Gemeindevollzugsdienst) sowie der Tariferhöhung begründet.

Weiter steigender Zuschussbedarf für die Kinderbetreuung

Entwicklung Zuschussbedarf Kinderbetreuung

Lag der Zuschußbedarf im Jahr 2020 noch bei 3.4 Millionen Euro, wird er für 2022 auf über 6 Millionen geschätzt. Allein die Personalausgaben sollen nochmals um eine Million Euro gegenüber 2020 steigen. Als Gründe dafür werden genannt: Erhöhung des Mindestpersonalschlüssels, Erhöhung der Gruppenanzahl, Ausbau von Übergangsgruppen, Verkleinerung der Gruppengrößen, Anerkennung der früheren „Zweitkräfte“ als pädagogische Fachkräfte, Abschaffung der Elternbeiträge sowie Ausbau des Betreuungsangebotes der Freien Träger und der Ausbau der Ganztages- und Krippenbetreuung.

Investitionen der Stadt Künzelsau

Aus den Einnahmen der Stadt müssen auch die Investitionen bezahlt werden. Eine wichtige Pflichtaufgabe der Stadt ist der Brandschutz. Die Feuerwehr wird daher in den nächsten Jahren modernisiert: Mehrere Fahrzeuge, darunter ein Wechselladerfahrzeug, sollen den Dienst in Künzelsau aufnehmen. Dazu kommen neben kleineren Anschaffungen noch Investitionen in neue Gebäude sowie die digitale Modernisierung der Funkanlagen und der Alarmierung.

Modernisierung und Erweiterungen der Schulen, Kindergärten und Sporthallen

Ein Augenmerk liegt auf den Grundschulen und Kindergärten der Stadt, die teils aus den Nähten platzen. Für die Schulen in Amrichshausen, Kocherstetten Gaisbach und Taläcker stehen bis 2025 über 8 Millionen Euro im Plan.
Die Kindergärten Gaisbach und Taläcker sollen ausgebaut werden, das Kinderhaus am Fluß soll errichtet werden. Dafür stehen bis 2025 rund 14 Millionen Euro bereit, eventuelle Fördergelder müssen von diesen Summen abgezogen werden.
Und für die Sporthalle am Kocher, die Sporthalle des Ganerbengymnasiums, die Kelter Kocherstetten und das Dorfgemeinschaftshaus in Nagelsberg rechnet man bis 2025 mit Aufwendungen von fast 10 Millionen Euro.

Straßenbau

Der teilweise schlechte Zustand der Gemeindestraßen zwingt die Stadt dazu, mehrere große und kleinere Straßenbauprojekte in Angriff zu nehmen: Mehr als 8 Millionen Euro plant die Stadt. Dazu kommen die Kostenpositionen, die für diese Projekte im Haushalt der KÜN-Werke stehen: fast zwei Millionen für Wasser und Abwasser sind angesetzt.

Neugestaltung Stadteingang

Der Neubau des Landratsamts und die damit verbundene Neugestaltung des Stadteingangs werfen im Haushalt ihre Schatten voraus: Mehrere Projekte sind genannt, vom Parkhaus am Stadteingang bis zur Untersuchung für ein Nahwärmekonzept.

Skateranlage

Ein Projekt wurde gesondert vorgestellt: Auf der Wiese gegenüber des Gaisbacher Sportheims ist eine Anlage für Biker, Skater und Boarder geplant:

Bikerbahn. Foto: pumptrack.de

Die Präsentation des Haushaltsentwurfs kann auf den Seiten der Stadt Künzelsau eingesehen werden.

Text: Matthias Lauterer

 

 

 




Kreishaushalt mit noch mehr Schulden auf dem Buckel und noch mehr Spitzen gegen Künzelsau

Die Kreistagssitzung vom 07. Dezember 2020 in Weißbach war geprägt von der Verabschiedung des Haushalts. Nachdem Kreiskämmerer Michael Schellmann in den vorhergehenden Sitzungen den Haushaltsentwurf im Detail vorgestellt hatte, folgten die traditionellen Haushaltsreden der Fraktionen.

Dieter Pallotta (CDU): Das Krankenhaus „nähert sich der schwarzen Null“, nicht mehr aufschiebbar sei das Kreishaus

Den Anfang machte Dieter Pallotta, der für die stärkste Fraktion sprach, der CDU: Er blickt zurück in die Vergangenheit und stellt fest, dass die hart erkämpften Beschlüsse aus den letzten Jahren jetzt Wirkung zeigten: Das Krankenhaus „nähert sich der schwarzen Null“, auch die Abfallwirtschaft stehe gut da, die Altschulden seien getilgt und die jetzigen Gebühren seien kostendeckend. Allein die Umstellung auf den gelben Sack würde eine halbe Million Euro einsparen. Bei den Schulrenovierungen sei jetzt ein Etappenziel erreicht, aber Pallotta und die CDU sehen einen Bedarf für einen Schulentwicklungsplan. Durch die Neuausschreibung des Nahverkehrs sie ungefähr eine Million Euro gespart worden.

CDU unterstützt höhere Schulden des Landkreises

Mit „wir stehen hinter dem NVH und der Stadtbahnverlängerung bis nach Schwäbisch-Hall“ lenkt er den Blick auf die Zukunft. Genausso steht er hinter dem Standort Künzelsau für das neue Landratsamt. Man müsse allerdings neue Formen der Arbeitswelt in Einklang mit der Planung bringen, auch die Einhäusigkeit ist für ihn „kein unbedingtes Ziel“. „Nicht mehr aufschiebbar“ sei das Kreishaus, ist die Meinung der CDU.

Mit Blick auf den Sozialhaushalt, der allein 75 Millionen Euro beträgt, sieht er nicht nur die reine Summe sondern auch den Nutzen, der sich für den Kreis aus diesen Zahlungen ergibt.

Zum Ende seiner Rede betrachtet er die Erhöhung der Schulden des Landkreises: Da diese Schulden aus Investitionen in Großprojekte stammen, kann  die CDU diese Schuldenaufnahme unterstützen.

Achim Beck (Freie Wähler), ist froh, dass man zum Beispiel beim 24/7-Notarztdienst in Künzelsau frühzeitig die Reißleine gezogen habe

Nach Pallotta spricht Niedernhalls Bürgermeister Achim Beck für die Freien Wähler: Er bescheinigt den Kreisbehörden, dass sie Corona „souverän gemeistert“ hätten und betont, dass die Freien Wähler hinter den Mehrausgaben in Höhe von 2.8 Millionen Euro stehen. Er ist froh, dass man zum Beispiel beim 24/7-Notarztdienst in Künzelsau frühzeitig die Reißleine gezogen habe. In Bezug auf die Kochertalbahn sieht er wenig Verbesserung der Nahverkehrssituation und fordert, dass das zu erstellende Gutachten „kein Gefälligkeitsgutachten“ sein dürfe.

Achim Beck, Freie Wähler: Kochertalbahn bringe wenig Verbesserung im Nahverkehr und bestont, dass er bei der Neuwahl des Landrats hinter Dr. Matthias Neth stehe

„Das  Landratsamt ist in Künzelsau zu Hause“, legt er sich deutlich fest. Der zentrale Standort an der Allee soll erhalten bleiben. Seinem Künzelsauer Amtskollegen Stefan Neumann legt er ans Herz: „Künzelsau soll die Wunschvorstellung des Kreises akzeptieren.“

An der Nachhaltigkeit des Haushalts äußert er allerdings Zweifel: Die Schulden sollen bis 2024 auf 35 Mio Euro steigen, dazu kämen die Kosten für den Neubau des Landratsamtes. Die von Michael Schellmann zugrundegelegten Steuerprognosen sind Beck zu optimistisch, er sieht daher das Ziel, die Kreisumlage bei 35% zu belassen, in Gefahr.

Zu guter Letzt begrüßt er die erneute Kandidatur von Dr.Matthias Neth für das Amt des Landrats sichert ihm zu. „Wir stehen bei der Wahl hinter Ihnen“.

Catherine Kern (GRÜNE): „Der Hohenlohekreis muss klimaneutral werden“ und es sei wichtig, dass Hohenlohe Geld für Kinder ausgibt

Ganz andere Schwerpunkte legt Catherine Kern von den Grünen: Am Beispiel der Biontech-Gründer zeigt sie auf, wie wichtig es ist, dass man in Deutschland seine Stärken entwickeln kann. „Deshalb ist es wichtig und richtig, dass der Hohenlohekreis viel Geld für
Soziales und damit auch für Kinder ausgibt, um allen Kindern in Hohenlohe Chancengleichheit und
den gesellschaftlichen Zugang zu ermöglichen.“ Die Coronakrise habe die Schwächen unseres Schulsystems aufgezeigt. Der Kreis müsse die Schulen seines Verantwortungskreses optimal ausstatten und Syerginen mit den anderen Schulträgern suchen.

Sie schwenkt von der Coronakrise zur Klimakrise und fordert „Der Hohenlohekreis muss klimaneutral werden.“ Dazu fordert sie eine Verkehrswende. Ihr ist klar, dass im ländlichen Raum der Individualverkehr mit dem Auto notwendig bleiben wird, aber sie will den Menschen ein Umdenken nahebringen.

Kern stellt den Ausbau der A6 in Frage, „wenn wir die Kochertalbahn wollen“

„Der Bund ist bereit, die Elektrifizierung mit 90 Prozent Finanzierung zu unterstützen, also packen wir es doch an.“ Die Kochertalbahn, die Elektrifizierung und Stadtbahn-Ausbau der Strecke zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall, eine Schnellbuslinie durchs Kochertal sowie ein sicheres Radwegesystem, das in ein verläßliches Gesamtmobilitätssystem integriert ist, schlägt sie vor. Dazu individuelle Verhaltensänderungen wie Car-Sharing, Radfahren oder auch mal zu Fuß gehen. Den Ausbau der B19 stellt sie in Frage, „wenn wir eine Kochertalbahn wollen.“

Irmgard Kircher-Wieland (SPD): Beim Kreishaus „liegen wir immer noch in schmerzhaften Wehen“

Auch Irmgard Kircher Wielandt nimmt sich den  Sozialhaushalt vor, der mit 75 Millionen Euro ungefähr die Hälfte des Gesamthaushalts ausmacht. Jugend und Soziales sei schon immer kostenintensiv, sie sieht vor allem den Nutzen dieses Haushaltspostens, und erachtet diese Kosten „in einer sozialen Marktwirtschaft sinnvoll und notwendig“.

Irmgard Kircher-Wieland (SPD): Der Krankenhausneubau in Öhringen liege im Kosten- und Zeitrahmen.

Die laufenden großen Projekte betrachtet sie wie folgt: Der Krankenhausneubau in Öhringen liege im Kosten- und Zeitrahmen. Besondere Freude empfindet sie darüber, dass das Personal jetzt wieder nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werde. Den Fortschritt beim Kreishaus kritisiert sie: Da „liegen wir immer noch in schmerzhaften Wehen“. In der Verkehrspolitik fordert sie, auch im Hinblick auf das Gutachten zur Kochertalbahn, den NVH und die Bahn, also den Ausbau der Stadtbahnstrecke bis mindestens Waldenburg gemeinsam zu betrachten.

Auch die SPD hat die Verschuldung des Kreises im Blick, sie hält sie für vertretbar. Die Kreisumlage soll nach Meinung der SPD bei 34 Prozent bleiben.

Michael Schenk (FDP): Steigende Sozialkosten „bereiten uns Freien Demokraten große Sorge“

Für die kleinste Fraktion, die FDP, tritt Michael Schenk ans Rednerpult. Auch er betrachtet den Sozialhaushalt und bemängelt die wachsenden Anforderungen, wie durch das Bundesteilhabegesetz. „Die steigenden Kosten und die immer weiter wachsende Bürokratie, sowohl für die Verwaltungen, die Betriebe und den Bürgern, bereiten uns Freien Demokraten große Sorge.“

Schenk fordert eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Stadt- und der Kreisverwaltung ein (Künzelsau und Landratsamt)

„Das neue Kreishaus soll in Künzelsau gebaut werden.“, sagt Schenk. „Das Gesicht des Hohenlohekreises muss in der A-Lage sein.“ Er fordert allerdings eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Stadt- und der Kreisverwaltung ein, der Neubau nütze ja insbesondere der Infrastruktur der Kreisstadt Künzelsau. Allerdings sieht er das eine oder andere Amt auch dezentral angesiedelt. Er stellt aber fest, dass grundlegende Planungsvoraussetzungen noch nicht geschaffen sind.

Die Stabilität der Kreisumlage bis 2024 begrüßt er und betont die Planungssicherheit für die Gemeinden. Auch die FDP fordert einen Schulentwicklungsplan, da die Schulen „das Fundament unserer Wirtschaft“ seien.

Die FDP wartet gespannt auf die Planung und vor allem auf einen Baubeginn des neuen Hohenloher Krankenhauses im kommenden Jahr. Mit der Entwicklung der medizinischen Kapazitäten Hohenloher Krankenhauses sei Schenk zufrieden. Die geplante Eröffnung des MVZ in Künzelsau wird seiner Meinung nach eine Verbesserung der medizinischen Versorgung Ende des Jahres 2020 um Künzelsau erreicht werden.

Anton Baron, AfD ist der einzige, der die Notwendigkeit des neuen Landratsamts in Zweifel zieht: Er möchte lieber einige Jahre warten, bis sich die wirtschaftliche Lage verbessert.

Anton Baron von der Gruppe der AfD ist der einzige, der die Notwendigkeit des neuen Landratsamts in Zweifel zieht: Er möchte lieber einige Jahre warten, bis sich die wirtschaftliche Lage verbessert. Schließlich müsse unter anderem aufgrund der abzusehenden Gewerbesteuerrückgänge „dieser Haushalt ein sparsamer sein – zumindest aber reiner ohne unnötige Ausgaben.“  Er kritisiert in diesem Zusammenhang auch die „permanent steigenden Personalaufwendungen“ und nennt den Mobilitätsmanager als Beispiel. Gleichzeitig fordert er die Verbesserung der Mobilitätsinfrastruktur, einerseits durch die Kochertalbahn, andererseits durch den vierspurigen B19-Ausbau, den Autobahnanschluß Kochertal sowie die Straßen im Jagsttal. Bei den Verkehrsplanungen des Landes komme die Straße eindeutig zu kurz, meint er. Als einen Treiber der Verschuldung des Kreises benennt er die Abfallwirtschaft. Er sieht permanente Gebührensteigerungen bei der AIH und schiebt diese auf eine „unrealistische Weltrettungspolitik“ von Bund und Land.

Baron kritisiert auch die „permanent steigenden Personalaufwendungen“ im Landratsamt  und nennt den Mobilitätsmanager als Beispiel

Bei der Gesundheitsinfrastruktur sollte seiner Meinung nach „Sparen nicht die oberste Devise sein“. Die Pandemie zeige, wie wichtig jeder Krankenhausplatz sei. Das MVZ sei kein Ersatz für das Krankenhaus in Künzelsau. Die Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen bringt er in Zusammenhang mit dem Abfluß von „hunderten Milliarden von deutschen Steuergeldern in marode Staaten, in die EU oder in die Migration“.

Bei der Gesundheitsinfrastruktur Barons Meinung nach „Sparen nicht die oberste Devise sein“. Die Pandemie zeige, wie wichtig jeder Krankenhausplatz sei. Das MVZ sei kein Ersatz für das Krankenhaus in Künzelsau

Letzter Haushaltsredner ist Ernst Kern, der für die Linke im Kreistag sitzt. Generell erachtet er den Haushalt als sehr solide. Er bescheinigt der Kreisverwaltung, in Corona-Zeiten maßvoll und verantwortungsvoll gehandelt zu haben. Er sieht eine gesellschaftliche Spaltung und fordert gegenseitiges Verständnis und Respekt. Der Sozialhaushalt sei sehr hoch, aber man dürfe nicht nur auf die Kosten des Sozialhaushaltes sehen: Wenn jemand sein Leben trotz Arbeit nicht finanzieren kann, „dann läuft etwas schief“ sieht er hier ein gesellschaftliches Problem als Grundlage. Er geht noch auf den geplanten Netzbooster in Kupferzell ein. Er bemängelt, wie der Betreiber mit den Menschen in der Region umgeht. Ihm fehlt bei dem Projekt die Transparenz und er sieht keine konstruktiven und alternativen Ideen.

Ernst Kern, Linke: Er geht noch auf den geplanten Netzbooster in Kupferzell ein. Er bemängelt, wie der Betreiber mit den Menschen in der Region umgeht

Zum Abschluss bedankt sich Landrat Dr. Matthias Neth dafür, dass die Leistung seiner Mitarbeiter und aller Corona-Helfer von allen Rednern anerkannt wurde.

Haushaltssatzung, Haushaltsplan, Stellenplan und Finanzplan des Hohenlohekreises werden einstimmig angenommen. Dre Gegenstimmen gab es bei der Abstimmung über den Wirtschaftsplan 2021 der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis und vier Räte stimmten gegen den Wirtschaftsplan 2021 des Nahverkehr Hohenlohekreis.

Text: Matthias Lauterer

Alles für haushaltstechnische Klimmzüge vorbereitet. Foto: GSCHWÄTZ

 

Dieter Pallotta, CDU. Haushaltsrede 2021. Foto: GSCHWÄTZ

Achim Beck, Kreistagssitzung in Weißbach am 07. Dezember 2020.

Catherine Kern, GRÜNE. Haushaltsrede 2021. Foto: GSCHWÄTZ

Irmgard Kircher-Wieland, SPD, Haushaltsrede 2021. Foto: GSCHWÄTZ

Michael Schenk, FDP, Haushaltsrede 2021. Foto: GSCHWÄTZ

Anton Baron (AfD), Kreistagssitzung in Weissbach. Foto: GSCHWÄTZ

Ernst Kern, Linke, Haushaltsrede 2021. Foto: GSCHWÄTZ




Neubau des Landratsamts: „Interessanter Vorschlag der Stadt Künzelsau“

Nachdem Waldenburgs Neubürgermeister Bernd Herzog erstmals den Kreistag begrüßen durfte, musste Kreiskämmerer Michael Schellmann Standfestigkeit beweisen, als er in der Kreistagssitzung vom Montag, den 23. November 2020, in der Waldenburger Mehrzweckhalle den Haushaltsplan für das Jahr 2021 vorstellte: Mehr als drei Stunden stand er am Rednerpult, um den Kreisräten das umfangreiche Zahlenwerk zu erläutern. 600 detaillierte Seiten hatte er vorab bereitgestellt, knapp 60 Übersichtsfolien präsentierte er in der Sitzung.

205 Millionen Konzernvolumen

Der Gesamthaushalt inklusive der Eigenbetriebe beläuft sich auf 205 Millionen Euro. Der reine Ergebnishaushalt des Kreises liegt bei fast 150 Millionen Euro. Dabei rechnet Schellmann im Ergebnishaushalt Kernhaushalt mit einem positiven Ergebnis von rund 1,2 Millionen Euro, der dem Finanzhaushalt zugeführt werden soll. Er verwies allerdings darauf, dass pandemiebedingte Risiken zwar eingeplant seien, aber nur vage geschätzt werden können.

Personalsituation

Die Anzahl der Planstellen erhöhte sich im Jahr 2020 um 18,6 Stellen, die Mitarbeiterzahl beträgt derzeit 960. Für das Jahr 2021 sind keine zusätzlichen Personalstellen geplant. Landrat Dr. Matthias Neth verwies darauf, dass nicht alle Planstellen besetzt werden können, da es keine Bewerber auf dem Markt gebe. „Das Gesundheitsamt ist so groß wie es noch nie war“, aber 1,5 Arztstellen seien unbesetzt, „weil es einfach keine Ärzte gibt“, nannte Neth ein Beispiel. Er beklagte, dass vonseiten des Landes immer mehr Aufgaben auf die Landratsämter zukämen, das dazu notwendige Personal mit einschlägigen Kenntnissen aber einfach nicht vorhanden sei.

Bildung und Kultur

Die Darstellung dieses Teilhaushalts wurde bei zwei Themen intensiv diskutiert: Zum einen die Schülerbeförderung mit dem NVH, zum anderen die Digitalisierung der Schulen. Dr. Neth wies darauf hin, dass „alle verfügbaren Busse der Partner fahren. Wenn jetzt ein Bus ausfällt, wirds kritisch.“ Die Finanzierung der Verstärkerbusse wird größtenteils vom Land übernommen. Zum Thema Digitalisierung der Schulen betonte Neth:  „Wir rufen alle Mittel ab“, allerdings seien noch nicht alle der bestellten Geräte geliefert. Problematisch sei die Systemwartung der beschafften Geräte. Das sei oft von den einzelnen Schulen nicht zu leisten. Ein Zweckverband, der die Dienstleistung für die unterschiedlichen Schulträger erbringt, könnte eine Lösung sein, meinte Neth. Das Thema sei „auf der Agenda für 2021“.

Größter Block: Soziales

Größter Teilhaushalt ist wie immer der Teilhaushalt 4 – Familie, Jugend und Gesundheit. Aufwendungen von 75 Millionen Euro und damit die Hälfte des Haushaltsvolumens sind allein für diese Haushaltsposition geplant. Landrat Neth: „Die Hauptaufgabe des Kreises ist eine soziale Verteilung“. Von diesen 75 Millionen Euro wird nur ungefähr ein Drittel von Zuschüssen des Bundes und des Landes gedeckt, die restlichen rund 50 Millionen sind aus den Mitteln des Landkreises zu erbringen. Diese Leistungen sind größtenteils von Bund und Ländern gesetzlich vorgeschrieben, sind also vom Kreis kaum zu beeinflussen.

Neues Kreishaus

Sehr aufmerksam verfolgten die Räte den Teilhaushalt 5 – Bauen, Planung und Verkehr, ging es doch dort neben der Kochertalbahn und dem Straßenbau auch um das Kreishaus. „Wenn nicht jetzt, wann dann“, sagte Michael Schellmann und verwies darauf, dass die Themen Krankenhaus und Schulen, was die Investitionsplanung angehe, jetzt abgeschlossen seien und für das Kreishaus bereits finanzielle Rücklagen aufgebaut seien. Ein Raunen ging durch die Menge, als Schellmann „90 Millionen wären darstellbar“ in den Raum warf. „Das ist aber nicht das, was wir Ihnen nächstes Jahr als Bauentscheidung vorlegen werden“, beschwichtigte Landrat Dr. Matthias Neth sofort und erklärte: „Das ist die schwäbische Hausfrau, 1/3 Eigenkapital und 2/3 fremdfinanziert“. Da man bei Baubeginn mit einer Rücklage von voraussichtlich fast 30 Millionen Euro rechne, sei das die Grundlage für die genannten 90 Millionen.

„Interessanter Vorschlag der Stadt Künzelsau“

Eine kleinere Planungsverzögerung ergebe sich daraus, dass „ein interessanter Vorschlag der Stadt Künzelsau“ bezüglich des Baufensters eingegangen sei. Genaueres wollte er nicht preisgeben, die Antwort auf eine GSCHWÄTZ-Anfrage steht noch aus. In einer der nächsten Kreistagssitzungen soll es ein Update zum Stand des Verfahrens geben.

Kritisch äußerte sich Schellmann über die Entwicklung der Nettoinvestitionsrate, die seit 2019 abnimmt und voraussichtlich 2023 einen Tiefpunkt erreichen wird. Es gelinge derzeit nicht, die notwendigen Investitionen aus der Nettoinvestitionsrate zu finanzieren – auf diese Kenngröße will er ein wachsames Auge werfen.

Der Haushalt soll in der nächsten Kreistagssitzung verabschiedet werden.

Text: Matthias Lauterer

Gut drei Stunden erläuterte Kämmerer Michael Schellmann den Haushalt und stand Rede und Antwort. Foto: GSCHWÄTZ

 

Waldenburgs Neubürgermeister Bernd Herzog begrüßte den Kreistag in seiner Stadt. Foto: GSCHWÄTZ

Sitzung des Kreistags in der Waldenburger Mehrzweckhalle. Foto: GSCHWÄTZ




„Dann erhöhen wir halt unsere Miete“

In der Sitzung des Gemeinderates vom Dienstag, den 13. Oktober 2020, stellte Ulrich Walter, stellvertretender Stadtkämmerer in Künzelsau, den Haushaltsvorschlag 2021 sowie die Finanzvorschau 2021 bis 2024 vor.

Walter plant mit Erträgen von 49,473 Millionen Euro und Aufwendungen von 49,606 Millionen Euro. Das veranschlagte Ergebnis beträgt also etwa 137.000 Euro. Gegenüber 2020, wo noch mit einem Ergebnis von 935.000 Euro gerechnet wird, ist das deutlich weniger.

Coronabedingte Mindereinnahmen

Walter begründet das mit coronabedingten Mindereinnahmen auf der einen Seite und höheren Umlagen, Mehrausgaben für Personal, insbesondere in der Kinderbetreuung, sowie einer Sonderbelastung für die anstehenden Wahlen im nächsten Jahr auf der Ausgabenseite.

Walter stellte vor der Haushaltsberatung im Gemeinderat klar: „Es muss aber klar sein, dass keine großen Wünsche mehr drin sein werden. Wenn Neues hinzukommen soll, muss es woanders eingespart werden.“ Er betonte, dass der Haushaltsausgleich bereits durch Einsparungen in verschiedenen Bereichen erreicht wurde. Allerdings: „Kindergärten und Schulen wurden von den vorgenommenen Einsparungen jedoch ausgenommen.“

Mehrausgaben bei Personal für Kinderbetreuung

Über zwölf Millionen Euro sollen aus dem Kernhaushalt trotz der Einsparungen investiert werden. Wichtige geplante Investitionen sind unter anderem 480.000 Euro für Feuerwehrfahrzeuge der Abteilungen Amrichshausen und Kocherstetten, 440.000 Euro für den Neubau des Sportvereinszentrums, vier Millionen Euro für den Bau eines Kinderhauses in Künzelsau, eine Million Euro für die Sanierung der Sporthalle der Georg-Wagner-Schule am Kocher, 950.000 Euro für das Dorfgemeinschaftshaus Nagelsberg, 450.000 Euro für die Sanierung der Sudetenhalde, 500.000 Euro für die Sanierung der Straßenbeleuchtung, je eine Million Euro für Hochwasserschutz in der Würzburger Straße und das Starkregenrisikomanagement, so eine Mitteilung der Stadtverwaltung.

SPD fordert Überprüfung der alten Bebauungspläne

Am Dienstag, den 20. Oktober 2020, wurde über den Haushalt erstmals debattiert. Der Gemeinderat hatte an der Planung der Verwaltung wenig zu kritisieren, neben Verständnisfragen kamen nur von Seiten der SPD/Grünen Änderungsanträge:

Vielleicht im Angesicht der Diskussion über das Sigloch-Areal (wir berichteten https://www.gschwaetz.de/2020/10/15/wir-koennen-auch-alles-weglassen/), beantragte die Fraktion SPD/Grüne eine „städtebauliche Rahmenplanung“ und beantragte dafür ein Budget von 100.000 Euro, das aus dem geplanten Ergebnis von 137.000 Euro finanziert werden soll. Sie begründete den Antrag damit, dass der Gemeinderat auf die Überarbeitung der Innenverdichtung proaktiv einwirken und mittelfristig eine Überprüfung der alten Bebauungspläne stattfinden müsse.

Bürgermeister Stephan Neumann merkte an: „Was Sie privat nicht tun, sollten Sie auch hier nicht tun: Mittel ausgeben, die Sie nicht haben.“

Verena Löhlein Ehrler (FREIE) sah die Probleme der alten Bebauungspläne ebenfalls. Sie meinte: „Ein gutes Projekt, aber eher mittelfristig.“

„Wenn die Stadt voll wäre mit Investoren“

„Wenn die Stadt voll wäre mit Investoren, wäre das ein gutes Projekt“, ist Christian von Stetten (CDU) überzeugt und fährt fort: „Das Einzige, was gegen Wohnraumknappheit hilft, ist bauen, bauen, Bauen.“

Dem entgegnete Hans-Jürgen Saknus (SPD), dass eine Beteiligung der Bürgerschaft zu mehr Ideen führen könnte. „Wenn der Rahmen festgelegt ist, kommen auch Investoren“.

Letztlich einigte man sich darauf, dass die Verwaltung die Kosten einer solchen „städtebaulichen Rahmenplanung“ prüft.

Ein weiterer Antrag von SPD/Grünen betrifft die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels. Dieses Thema wurde schon einmal in Zusammenarbeit mit Ingelfingen angegangen, jedoch dann fallengelassen.

Bürgermeister Neumann war der Meinung, „grundsätzlich glaube ich, hilft uns ein Mietspiegel nicht viel. Wenn wir eine angespannte Lage haben, dann hilft nur Wohnraum.“ Er berief sich auf eine Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage von MdL Anton Baron (AfD), in der Alternativen zum Mietspiegel aufgezeigt würden.

Christian von Stetten (CDU) schloss sich an: „Damit wird noch nicht eine Wohnung gebaut“ und bemängelte, dass für die Fortschreibung des Mietspiegels laufende Kosten entstünden.

„Wenn das von der SPD gefordert wird, dann erhöhen wir halt unsere Miete“

Ironisch wurde Verena Löhlein-Ehler, als sie behauptete, dem Antrag zustimmen zu wollen: „Ich bin ja auch Vermieter, dann kann ich die Miete viel leichter erhöhen. Wenn das von der SPD gefordert wird, dann erhöhen wir halt unsere Miete. Aber ist es das, was wir wollen?“
Dem entgegnete Saknus, dass er genau deshalb einen „qualifizierten“ Mietspiegel fordere. „Der freie Markt regelt das nicht“, sagte er mit Verweis auf „exorbitante Steigerungen der letzten Jahre“.

Reintraut Lindenmaier wies auf die Situation von Frauen aus dem Frauenhaus und Familien mit Kindern hin, die große Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu finden und stellte die Frage nach „Millionenwohnungen oder bezahlbarer Wohnraum?“.

Ein qualifizierter Mietspiegel sei unnötig, fand Bürgermeister Neumann und betonte: „Wir reduzieren ja schon Grundstückspreise, wenn im Gegenzug preiswerter Wohnraum erstellt wird.“ Er wandte sich an den Gemeinderat: „Was wirklich hilft, ist ein größeres Angebot. Aber das muss man als Gemeinderat auch wollen.“

„Die, die bauen wollen, auch bauen lassen“

Der Gemeinderat Künzelsau tagt in der Stadthalle. Foto: GSCHWÄTZ

Das fand auch Rolf Hamprecht (CDU): „Wir müssen die, die bauen wollen, auch bauen lassen.“ Er forderte vom Gemeinderat „neue Gedanken, damit wir die Menge an Neubauten auch zulassen.“

Die Abstimmung über den Antrag von SPD/Grüne, einen qualifizierten Mietspiegel erstellen zu lassen, wurde mit acht zu neun Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt.

Text: Matthias Lauterer