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„Diese Entscheidung stand schon seit Jahrzehnten fest“

Ein Einzelhandelsgeschäft weniger in dem Kocherstädtchen Niedernhall. Das Schuhgeschäft Krämer schließt seine Pforten.

Das Geschäft feierte im Sommer diesen Jahres seinen 100. Geburtstag. GSCHWÄTZ hat mit der Inhaberin, Kornelia Krämer, die den Schuhladen in dritter Generation weiterführt, gesprochen.

Warum schließen Sie im Jubiläumsjahr ihre Pforten?

Das ist ganz einfach: Ich gehe in Rente. Das war auch keine schwierige Entscheidung und ist auch keine Entscheidung, die ich spontan gefällt habe, sondern das stand schon vor Jahrzehnten fest.

Haben Sie nach einem Nachfolger gesucht?

 Da findet man keinen Nachfolger. Niederhall hat schlicht und einfach ein zu kleines Einzugsgebiet. Nicht nur ich mit meiner Berufserfahrung weiß das. Wir haben auch mit dem Verband gesprochen. 

Wissen Sie schon, was in die Räumlichkeiten stattdessen kommt?

Das Haus, in dem sich das Schuhgeschäft befindet, gehört mir. Das heißt, ich entscheide, wer danach in die Räume kommt. Aber ich habe hier keinen Druck, jemanden zu finden. Jetzt steht erst einmal der Ausverkauf der Waren im Vordergrund. Spätestens Anfang Januar 2024 höre ich dann endgültig auf. 

Kornelia Krämer wirbt im Rahmen des Ausverkaufs mit Rabatten von bis zu 50 Prozent auf ihre Ware. 




Bürgermeister fordern verpflichtendes Tragen von Masken in den Innenstädten

Künzelsaus Bürgermeister Stefan Neumann hat am Freitagnachmittag, den 26. März 2021, eine kurze E-Mail an Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Kultusministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und Sozialminister Manne Lucha geschickt. Unter anderem fordern er und 12 weitere Stadtoberhäupter darin das verpflichtende Tragen von Masken in den Innenstädten.

Tagespass für die Teilnahme am öffentlichen Leben

Unter dem Motto „Städte für eine sichere Öffnungsstrategie“ setzen sich die Rathauschefs für folgende Punkte ein:

  1. Corona-Schnellteststrukturen ausbauen, verpflichtend zu machen und einen Tagespass einzuführen
  2. Ergänzend sollte das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in den Innenstädten verpflichtet werden, sowie die konsequente Kontrolle der AHA LA Regeln.
  3. Die Impfstrategie beschleunigen, vor allem im Hinblick auf ausreichend Impfstoff in 4 bis 6 Wochen. In Ergänzung zu den Hausarztstrukturen bieten wir an, wo sinnvoll auch kommunale Impfzentren aufzubauen, um Massen schnell und effizient zu impfen. Dies sollte im Rahmen eines Katastrophenschutzmanagements und Einbezug aller staatlichen Institutionen erfolgen.
  4. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kunden im Einzelhandel infizieren ist laut TU Berlin und anderen Institutionen sehr gering. Aus diesem Grund sprechen wir uns für eine Öffnungsstrategie losgelöst von einer reinen Inzidenzbetrachtung aus. Grundsätzlich soll der Zugang zu Geschäften/Handel, Bildungs-, Sozial- und öffentlichen Einrichtungen, Gastronomie, Kunst- und Kultureinrichtungen ermöglicht werden, wenn ein Testnachweis (Tagespass) vorgelegt werden kann oder die betreffende Einrichtung einen Schnelltest als Zugangsvoraussetzung selbst vornimmt. Zudem soll eine Kontakterfassung in den Betrieben erfolgen. Eine weitere Möglichkeit stellt die Verwendung der Luca-App dar.

„Lieber mit Einschränkungen alles öffnen, anstatt Existenzen zu ruinieren“

Ziel soll es sein, „gerade in Zeiten steigender Inzidenzen weitere Öffnungsschritte „sicher“ zu ermöglichen. Unsere Teststrukturen sind vorhanden und könnten in Richtung eines verpflichtenden Tagestickets umgebaut werden. Zusammen mit der konsequenten Kontrolle der AHA LA Regeln bekommen wir diese Pandemie in den Griff und ermöglichen den Bürgern und der Wirtschaft eine wirkliche Perspektive. Lieber mit Einschränkungen alles öffnen, anstatt Existenzen zu ruinieren“, steht in dem Schreiben, das im Namen von folgenden Bürgermeistern seinen Weg nach Stuttgart gefunden hat:

Bad Friedrichshall – Bürgermeister Timo Frey

Bad Mergentheim – Oberbürgermeister Udo Glatthaar

Bad Rappenau – Oberbürgermeister Sebastian Frei

Brackenheim – Bürgermeister Thomas Csaszar

Crailsheim – Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer

Eppingen – Oberbürgermeister Klaus Holaschke

Künzelsau – Bürgermeister Stefan Neumann

Lauda-Königshofen – Bürgermeister Dr. Lukas Braun

Öhringen – Oberbürgermeister Thilo Michler

Neckarsulm – Oberbürgermeister Steffen Hertwig

Schwäbisch Hall – Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim

Tauberbischofsheim – Bürgermeisterin Anette Schmidt

Wertheim –   Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez

Hohenlohekreis: Inzidenz klettert derweil unaufhörlich weiter Richtung 300

Derweil klettert der Inzidenzwert im Hohenlohekreis unaufhörlich weiter. Das Gesundheitsamt des Hohenlohekreises meldete am Freitag, den 26. März 2021, insgesamt 86 neue Corona-Infektionsfälle an das Landesgesundheitsamt. Die 7-Tage-Inzidenz liegt damit bei 274,3 pro 100.000 Einwohner.

Rund die Hälfte der Betroffenen waren Kontaktpersonen

Rund die Hälfte aller Betroffenen war bereits als Kontaktperson zu einem anderen Fall in Quarantäne. Aufgrund eines weiteren bestätigten Falls in einer bereits betroffenen Kinderbetreuungseinrichtung im Großraum Öhringen musste für 30 Kontaktpersonen aus bisher noch nicht betroffenen Gruppen Quarantäne angeordnet werden. Neu betroffen ist ein Unternehmen im Großraum Öhringen, zudem gibt es weitere Fälle in bereits betroffenen Unternehmen.

Am Wochenende wird die neue Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg erwartet. Das Landratsamt Hohenlohekreis wird zeitnah weitere Informationen dazu veröffentlichen, sobald die Details der Corona-Verordnung bekannt sind.

 




„Bei vielen unserer Kollegen sind die Reserven nach dem mehrfach wiederholten Lockdown restlos aufgebraucht“

Seit November 2020 kennt man das Bild: Die Innenstädte sind größtenteils leer, die Geschäfte geschlossen. Nur Geschäfte mit Lebensmitteln, Drogerie- und Gesundheitsartikeln dürfen geöffnet sein. Winterbekleidung gibt es in der Stadt nicht, dafür muss man zum Onlineversandhändler gehen. Zwar ist es den Einzelhändlern inzwischen wieder erlaubt, vorab bestellte Ware an Kunden abzugeben, aber dies ersetzt nicht das Geschäft mit der Laufkundschaft.

Modegeschäfte besonders stark getroffen

Viele Einzelhändler seien in ihrer Existenz gefährdet, ist in einem facebook-Post der „Aktion Freundschaftsdienst“, den das Ö-Center Öhringen geteilt hat, zu lesen. Insbesondere die Modehändler seien schwer betroffen: Die Winterware ist geliefert, musste bezahlt und eventuell vorfinanziert werden und liegt nun in den Regalen – ohne Aussicht darauf, verkauft zu werden. „Bei vielen unserer Kollegen sind die Reserven nach dem mehrfach wiederholten Lockdown restlos aufgebraucht“, ist in dem Post zu lesen. 

„Bei vielen unserer Kollegen sind die Reserven nach dem mehrfach wiederholten Lockdown restlos aufgebraucht“

GSCHWÄTZ hat bei Thomas Grabert, Geschäftsführer des Ö Centers und selbst Inhaber eines Einzelhandelsgeschäfts, nachgefragt. Er bestätigt die Nöte der Einzelhändler und berichtet davon, dass nicht nur die Winterware drückt, sondern die Frühlingsware von den Produzenten demnächst in die Läden geliefert wird. Auch die Frühlingsware muss natürlich bezahlt werden, Stornierungen seien in der Regel nicht möglich. Viele Geschäfte hätten nicht einmal Lagerfläche für die unverkaufte Winterware.

Öffnungsszenario und Gleichstellung mit der Gastronomie gefordert

Die Einzelhändler fordern daher zuallererst die Wiedereröffnung, zumindest ein konkretes Wiedereröffnungsszenario für den lokalen Einzelhandel und sagen: „Wir können die Hygieneauflagen mindestens genau so gut wie ein Lebensmittelhandel erfüllen.“ Resigniert stellen sie fest: „Darüber kann man aber offensichtlich nicht mit unseren Politikern diskutieren“.

Gleichstellung mit der Gastronomie gefordert

Daher fordert der Einzelhandel, falls die Wiedereröffnung nicht beschlossen wird, als Alternative zur Öffnung angemessene Entschädigungen, zumindest eine Gleichstellung mit Staatshilfen für die Gastronomie,  schnelle Hilfe durch Vorabzahlungen, einen unbürokratischen Antrags- und Genehmigungsprozess sowie faire und angemessene Ausgleichszahlungen. Eine reine Teilerstattung der Fixkosten könne das Problem nicht lösen: Der Warenbestand an „verderblicher Ware“ reiße ein Loch in die Reserven.

Unterschiedliche Behandlung von Handel und Gastronomie

Grabert geht ein wenig in die Details: „Die Gastro bekommt 75 Prozent vom Umsatz, der Handel einen Fixkostenzuschlag, abhängig vom Umsatzrückgang“. Wie er den Umsatzrückgang letztendlich gegenüber dem Wirtschaftsministerium nachweisen muss, wisse er derzeit noch gar nicht im Detail. Der Zuschuss für den Handel müsse buchhalterisch wie eine Einnahme verbucht werden und sei daher auch zu versteuern. 

Onlineshop für kleinen Einzelhändler keine Alternative

Inzwischen dürfen die Einzelhändler ihren Kunden vorbestellte Waren per „Klick & Collect“ übergeben. Einen Webshop hat Grabert eingerichtet, seine Erfahrungen damit sind allerdings nicht positiv: „Das lohnt sich für den kleinen Einzelhändler nicht“, sagt er. Die Erstellung der Bilder und der Produktbeschreibungen für ein großes und wechselndes Sortiment sei sehr aufwändig. „Eine mögliche Alternative wäre, über Amazon zu verkaufen“, meint er. Den Rest des Satzes spricht er gar nicht erst aus, es ist klar, dass er Amazon nicht als Ergänzung zum lokalen Einzelhandel sieht.

Besonders betroffen

In seiner Funktion als Geschäftsführer des Ö Centers ist Grabert vom Lockdown doppelt betroffen, denn seine Mieter leiden ja ebenfalls unter den Einnahmeausfällen. „Wir reden mit unseren Mietern“, sagt er und berichtet, dass er mit Mietern bereits  individuelle Absprachen getroffen hat.

Ö-Center hat an der Aktion Freundschaftsdienst teilgenommen

Die Webseite www.freundschaftsdienst.eu macht auf die Nöte und Forderungen der Einzelhändler aufmerksam und ruft Einzelhändler dazu auf, mit Aktionen die Aufmerksamkeit der Politik zu erregen. Die Initiatoren, ein Modehändler und ein Betreiber einer Kommunikationsagentur, weisen darauf hin, dass sie niemanden gesundheitlich gefährden wollen und daher auch nicht zu Demonstrationen oder zur demonstrativen Ladenöffnung aufrufen. Einer Vermischung ihrer Aktion mit der Aktion „Wir machen auf“ (GSCHWÄTZ berichtete) treten sie deutlich entgegen: Mit Rechtsextremismus, Coronaleugnung oder Querdenken habe ihre Aktion nichts zu tun. Daher wurden die Posts unter dem Hashtag #wirmachenAUFmerksam veröffentlicht.

Distanzierung zu Coronaleugnern

Grabert und seine Mieter haben sich der Aktion angeschlossen und haben sich am 01. Februar 2021 im und vor dem Ö-Center gezeigt und Fotos gemacht, die inzwischen veröffentlicht sind. Offenbar waren sie und ihre bundesweiten Mitstreiter erfolgreich, denn die „Aktion Freundschaftsdienst“ ist inzwischen beendet, auf der Webseite ist zu lesen, „Our job is done! Wir wollten AUF_merksam machen und werden nun gehört. Wir haben unsere Aufgabe erfüllt!“

Gespanntes Warten auf die Ministerpräsidentenrunde

„Die Mandatsträger unserer Branche, die Handels- und Interessensverbände sind sich bezüglich der zu stellenden Forderungen weitestgehend einig. Die Türen in der Politik stehen weit offen. Wir erwarten von den Verhandlungsführern und der Politik, dass sie die Steilvorlagen nutzen und zeitnah angemessene Ergebnisse präsentieren“, kann man jetzt auf der Webseite lesen. Am Mittwoch, 10. Februar 2021, findet die nächste Runde mit Kanzlerin und Ministerpräsidenten statt, in der es auch um die Bedingungen für eine mögliche Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte gehen wird.

Text: Matthias Lauterer

 

Thomas Grabert, Geschäftsführer Ö-Center. Bild: T.Grabert

Einzelhändler des Ö-Centers in Öhringen machen auf ihre Situation AUFmerksam. Bild: T.Grabert

 

Distanzierung von Coronaleugnern und Querdenkern. Quelle: Screenshot www.freundschaftsdienst.eu 08. Februar 2021




„Niemand möchte, dass es nur noch Discounter gibt und die Innenstädte sterben“

Die FDP-Fraktion im Regionalverband Heilbronn-Franken spricht sich für die Gleichbehandlung zwischen Discountern und dem Einzelhandel und Fachgeschäften bei der Öffnung und Warenangeboten aus, heißt es in einer Pressemitteilung. Dass Discounter gerade massiv Waren aus dem Nicht-Lebensmittel-Bereich verkaufen dürfen, Einzelhandels- und Fachgeschäfte aber weiter geschlossen bleiben müssen, bemängelt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Kreisrat Michael Schenk: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Discounter alles Mögliche verkaufen dürfen, aber der Einzelhandel und die Fachgeschäfte geschlossen sein müssen. Auch diese Geschäfte würden die notwendigen COVID19-Abstände und Hygienevorschriften einhalten können“.

Verweis auf die Corona-Verordnung

Für die FDP Fraktion im Regionalverband Heilbronn-Franken steht der Gesundheitsschutz an erster Stelle, doch sie fordert: „Sobald es die Pandemielage zulässt, sollte die Landesregierung einen Ausgleich zwischen Gesundheitsschutz und einem fairen Wettbewerb ermöglichen.“
Die Fraktion zitiert dafür die gültige Verordnung vom 01.02 2021: „Wenn Mischsortimente angeboten werden, dürfen Sortimentsteile, deren Verkauf nicht nach Satz 2 gestattet ist, verkauft werden, wenn der erlaubte Sortimentsteil mindestens 60 Prozent beträgt. Diese Stellen dürfen dann alle Sortimente vertreiben, die sie gewöhnlich auch verkaufen.“

„Dies ist mit den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren“

Diese Regelung schade nach Meinung der FDP-Fraktion dem Einzelhandel und den Fachgeschäften massiv. Hier müsse es schnell zu einer Neuregelung kommen. So dürfen Discounter zum Beispiel weiterhin Blumensträuße verkaufen, Blumenläden und Gärtnereien müssen geschlossen bleiben. „Niemand will, dass es nur noch Discounter gibt, die mithilfe der Randsortiment-Verordnung zulasten des geschwächten Einzelhandels von der jetzigen Situation der Wettbewerbsverzerrung profitieren. Dies ist mit den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren“, so die FDP-Räte. Sie empfehlen auch die Nutzung des reichhaltigen Angebots vieler Gastronomiebetriebe in unserer Region im Verkauf außer Haus.

Quelle: Pressemitteilung der FDP Fraktion im Regionalverband Heilbronn-Franken

 




ifo-Institut: „Die befristete Mehrwertsteuersenkung ist die ungenaueste finanzpolitische Maßnahme in einer solchen Krise, die man sich überhaupt nur denken kann.“

Als Teil eines Corona-Konjunkturpakets beschlossen Bundestag und Bundesrat, die Mehrwertsteuer im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31.Dezember 2020 von 19 Prozent auf 16 Prozent beziehungsweise von 7 Prozent auf 5 Prozent herabzusetzen. „Ziel ist es, die Bürger:innen zu entlasten und zugleich die Binnennachfrage zu beleben“, so die Regierung. Eine Maßnahme also, die einerseits dem Endverbraucher zu mehr Kaufkraft verhelfen sollte, andererseits auch dem Einzelhandel zu mehr Umsatz in der Krise verhelfen sollte. Die Wirtschaftsexperten der Regierung gingen von einem Kaufkrafteffekt in Höhe von 20 Milliarden Euro aus.

Teure Umstellung von Kassen- und IT-Systemen

Doch schon die kurzfristige Umsetzung dieser Maßnahme war teuer: Allein die Umstellung der Kassen- und EDV-Systeme kostete Geld, das Statistische Bundesamt schätzt einen Aufwand von bundesweit 240 Millionen Euro. Übrigens entsteht dieser Aufwand auch für Firmen, die nicht an Endverbraucher verkaufen und daher die Mehrwertsteuer zwar auf der Rechnung ausweisen, aber nicht wirklich einziehen.

Unterschiedliche Handhabung bei den einzelnen Händlern

Sehr unterschiedlich auch die Umsetzung in den Geschäften: einige wechselten alle Preisschilder aus, andere ließen die Preise am Regal gleich und verrechneten einen Bonus an der Kasse – ein guter Trick, müssen sie doch nach Ablauf der Senkung die Preise am Regal nicht erhöhen. Andere änderten die Endkundenpreise gar nicht und strichen die Steuerdifferenz ein, das war von der Regierung als Stützungsmaßnahme explizit vorgesehen.

„Die befristete Mehrwertsteuersenkung ist die ungenaueste finanzpolitische Maßnahme in einer solchen Krise, die man sich überhaupt nur denken kann.“

Eine Studie des ifo-Instituts ergibt nun, dass der Effekt der Mehrwertsteuersenkung nicht bei den erhofften 20 Milliarden Euro, sondern nur bei 6,3 Milliarden Euro liegt. Und durch die Schließungen im Weihnachtsgeschäft ist auch dieser Umsatz nicht beim lokalen Einzelhandel und der lokalen Gastronomie angekommen, sondern zu einem großen Maß beim Internethandel. Möbelhäuser und Elektrohandel konnten einen Mehrumsatz verbuchen, da die Kunden die eine oder andere langfristige Investition vorgezogen haben. Autohäuser verloren eher, da die Firmenkunden, die mehr als 50 Prozent der Neuwagen kaufen oder leasen, eher zaghaft in neue Geschäftsfahrzeuge investieren wollten. Ein Teil der Maßnahme verpuffte sicherlich auch dadurch, dass die Verbraucher aufgrund Einnahmeausfällen oder der generellen Unsicherheit gar nicht konsumwillig waren. Und im Handwerk konnte größtenteils kein Mehrumsatz generiert werden, da die Handwerksbetriebe generell gut ausgelastet sind. Der Vizepräsident des ifo-Instituts, Oliver Holtemöller, sagt daher drastisch: „Die befristete Mehrwertsteuersenkung ist die ungenaueste finanzpolitische Maßnahme in einer solchen Krise, die man sich überhaupt nur denken kann.“

Daher schlug das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) einen anderen Weg vor, nämlich einen deutlich höheren Kinderbonus auszuzahlen. Die Idee war, dass dieses Geld sicherlich zum größten Teil direkt zu Konsumausgaben geführt hätte.

Preiseffekte 2021

Die ersten deutlichen Preiserhöhungen im Jahr 2021 sind schon sichtbar: Die Benzinpreise sind gestiegen, wenn auch nicht nur wegen der Mehrwertsteuer. Ob weitere Erhöhungen folgen werden, darüber streiten sich die Experten. Der Preiskampf der Discounter dürfte hier ausschlaggebend sein:  Erhöhen die Discounter die Preise nicht, kann auch der Wettbewerb die Preise nicht wirklich erhöhen. Der Trick der Discounter, die Regalpreise unverändert zu lassen und an der Kasse einen Rabatt einzuräumen, wird sich wohl auszahlen: Der Discounter-Kunde dürfte die höhere Mehrwertsteuer beim Einkauf größtenteils gar nicht realisieren. Insofern wird der Handel, der die Preise transparent angepaßt hatte und sie jetzt wieder erhöhen muß, einen hohen Kommunikationsbedarf zu seinen Kunden haben. Der Fachhandel vor Ort, der seit einigen Wochen geschlossen ist, wird sich gut überlegen, wie er wieder in den Markt zurückkommen will: Eine großflächige Preiserhöhung dürfte er gegen die ohnehin starke Konkurrenz im Versandhandel kaum durchsetzen können. Außerdem ist das Konsumverhalten der weiterhin vorsichtig, da sie durch Kurzarbeit und Angst vor Arbeitsplatzverlust nicht konsumwillig oder -fähig sind. Die Erwartung ist also die, dass die Mehrwertsteuer eingepreist wird, sonstige Preiserhöhungen aber erstmal nicht beim Verbraucher ankommen werden.

Schließungen im Einzelhandel zu erwarten

Ob der Facheinzelhandel es schaffen wird, überhaupt wieder konkurrenzfähig in den Markt zurückzukehren, steht auf einem anderen Blatt. Sicherlich wird es zu Schließungen kommen, die dann von Wirtschaftsexperten der Politik euphemistisch als „Marktbereinigung“ bezeichnet werden. Den Effekt dieser erwartbaren Schließungen kann heute noch niemand beziffern.

Erwartungen nicht erfüllt

Letzendlich dürfte die Mehrwertsteuersenkung nicht die Erwartungen der Politiker erfüllt haben. Zu vorsichtig waren die Konsumenten in Corona-Zeiten, dazu kommt die Corona-bedingten Schließung des Einzelhandels, der ja besonders von der Steuersenkung profitieren sollte.

Anton Baron (AfD) kritisiert Landesregierung

Der Landtagsabgeordnete Anton Baron (AfD) kritisiert daher die Landesregierung: Es „wurde deutlich, dass die Landesregierung auf Bundesebene nie Anstrengungen zu einer Beibehaltung der Mehrwertsteuersenkung vorgenommen hat“, denn „die Absenkung hätte nämlich aufgrund der von der Landesregierung in der Antwort zugegebenen Umstellungskosten von deutschlandweit 240 Millionen Euro erst bei einer längeren Beibehaltung tatsächlich signifikante positive Auswirkungen.“ Mit seiner Einschätzung „dabei wäre diese Maßnahme [die Mehrwertsteuersenkung, Anm. D. Red.] die denkbar zielgenaueste und unbürokratischste Hilfe für unsere Betriebe“ liegt er allerdings nicht auf der Linie der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Text: Matthias Lauterer

 




Michael Schenk (FDP) kritisiert: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Discounter alles Mögliche verkaufen dürfen, aber der Einzelhandel und die Fachgeschäfte geschlossen sein müssen

Die FDP Hohenlohe spricht sich für die Gleichbehandlung zwischen Discountern und dem Einzelhandel sowie Fachgeschäften bei der Öffnung und Warenangeboten aus.

Dass Discounter gerade massiv Waren aus dem Nicht-Lebensmittel-Bereich verkaufen dürfen, Einzelhandels- und Fachgeschäfte aber weiter geschlossen bleiben müssen, bemängelt der FDP Kreisvorsitzende und Kreisrat Michael Schenk in einer aktuellen Pressemitteilung der FDP: „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass Discounter alles Mögliche verkaufen dürfen, aber der Einzelhandel und die Fachgeschäfte geschlossen sein müssen. Auch diese Geschäfte würden die notwendigen COVID19-Abstände einhalten können“.

Für die FDP Hohenlohe stehe der Gesundheitsschutz an erster Stelle. Sobald es die Pandemielage zulasse, sollte die Landesregierung einen Ausgleich zwischen Gesundheitsschutz und einem fairen Wettbewerb ermöglichen. In der gültigen Verordnung vom 28.03 2020 steht, dass Mischsortimente in Lebensmittelgeschäften weiterverkauft werden dürfen, wenn sie nur ein Randsortiment darstellen. Die Definition des „Randsortiments“ schade dem Einzelhandel und den Fachgeschäften laut der FDP massiv. Hier müsse es schnell zu einer Neuregelung kommen. So dürften Discounter zum Beispiel weiterhin Blumensträuße verkaufen, Blumenläden müssen geschlossen bleiben.

Am Ende bleiben nur noch Discounter übrig

„Niemand will, dass es nur noch Discounter gibt, die mit Hilfe der Randsortiment-Verordnung zu Lasten des geschwächten Einzelhandels, von der jetzigen Situation der Wettbewerbsverzerrung profitieren. Dies ist mit den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft nicht zu vereinbaren“. so die FDP-Kreisräte.

Weiterhin empfehlen die FDP-Kreisräte die Nutzung des reichhaltigen Angebots vieler Gastronomiebetriebe in unserer Region im Verkauf außer Haus. Sie plädieren dafür, die heimische Wirtschaft zu stützen.

Quelle: Pressemitteilung der FDP Hohenlohe