„Ökologische Katastrophe“
GSCHWÄTZ: Ich stehe hier in Oberregenbach mit Markus Hannemann, dem Sprecher der Fischhegegemeinschaft Jagst. Es hat seit Wochen und Monaten fast gar nicht mehr geregelt. Wir erleben hier eine einzigartige Dürreperiode. Herr Hannemann, welche Auswirkungen hat diese Dürreperiode jetzt auf die Jagst?
„Das tut den Lebewesen in der Jagst nicht gut“
Markus Hannemann: Die Fische und die anderen Lebewesen in der Jagst, dazu gehören auch Wirbellose oder Muscheln, stehen ständig unter Stress durch die hohen Wassertemperaturen von teilweise bis zu 27 Grad in der Nacht. Es ist einfach sehr extrem und das tut natürlich den Lebewesen in der Jagst nicht besonders gut.
GSCHWÄTZ: Wir haben uns für das Interview am Wasserkraftwerk in Oberregenbach getroffen – und das nicht ohne Grund. Die Kraftwerksbetreiber sind von den jeweiligen Landratsämtern von Schwäbisch Hall und Künzelsau angehalten worden, dass sie kein Wasser mehr anstauen sollen. Warum ist das so wichtig?
„Todesfalle“
Markus Hannemann: Ich möchte nicht alle Kraftwerksbetreiber über einen Kamm scheren, aber es gibt einzelne, die den so genannten Schallbetrieb durch Anstauen des Wassers verursachen, so dass dann über dieses Wehr, an dem wir hier stehen, beispielsweise kein Wasser mehr drüberfließt. Und da kann man sich vorstellen, was unterhalb dieses Bereiches passiert mit dem Wasser. Das heißt, wenn kein Wasser mehr von oben kommt, werden die ganzen Kiesbänke von jetzt auf nachher trockengelegt. Das wird dann quasi zur Todesfalle für die darin lebenden Lebewesen.
GSCHWÄTZ: Was fordern Sie denn von Kraftwerksbetreibern oder was wäre denn wichtig?
Überlebenschancen für die kleinsten Lebewesen
Markus Hannemann: Diesen Schwallbetrieb einzustellen, da er einen immensen ökologischen Schaden an der Jagst verursacht. Man sollte sich einfach an die Regeln halten, an den Mindestpegelstand, die Mindestabgabemenge des Wassers für die Wasserstrecken unterhalb des Wehres. Diese müssen genügend versorgt werden, dass die Lebewesen auch eine Überlebenschance haben.
GSCHWÄTZ: Was passiert, wenn etwa ein Kiesbett durch das Anstauen des Wassers für eine halbe Stunde trockengelegt wird?
Markus Hannemann: Ganz einfach. Dann ist vermutlich alles verendet. Es sind ja nicht nur Fische, sondern zum Beispiel auch Muscheln. Hier in diesem Bereich gibt es etwa die , da gibt es ganz geschützte Muscheln, die Union des Crassus, die kommt hier ganz besonders oft vor hier. Und es ist eine ganz seltene Muscheln Art, die leiden darunter. Oder auch natürlich die Fischen Bärtierchen, die sogenannten Macro Zero Ventus, die Insekten Larven. Auf gut Deutsch gesagt, für die ist es genauso eine Todesfalle.
Ein ganzer Mikrokosmos kann sterben
GSCHWÄTZ: Das heißt, wenn es dann dumm läuft, kann da ein ganzer Mikrokosmos aussterben in kürzester Zeit.
Markus Hannemann: Genau. Das ist eine ökologische Katastrophe. Und daher bitten wir einfach als Naturschützer, dass sich auch die Kraftwerksbetreiber an die Regeln zu halten. Die meisten halten sich ja dran, aber einzelne nicht. Daher sollte man eigentlich von Gesetzes wegen verfügen, dass alle Anlagen auf den neuesten technischen Stand gebracht werden müssten, dass die Pegelstände automatisch und digital übermittelt und veröffentlicht werden und man dadurch auch den tatsächlichen einzelnen Verursacher feststellen kann.
GSCHWÄTZ: Wir haben vorhin davon gesprochen, dass teilweise die Pegelstände zehn Zentimeter unterschritten werden. Da gibt es laut Ihren Aussagen auch Fotos und Videos davon. Was droht denn den Verursachern, die sich nicht daran halten?
„Exempel statuieren“
Markus Hannemann: Das ist eine Ordnungswidrigkeit und wird theoretisch mit einem Bußgeld geahndet. Nur muss es dann halt auch verhängt werden von den Landratsämtern und das muss auch als Exempel statuiert werden.
Text: Dr. Sandra Hartmann