Große Unsicherheit herrscht derzeit bei den gemeldeten Corona-Infektionszahlen. Manche Experten rechnen mit Inzidenzen, die zwei- oder dreimal so hoch sind, wie sie das RKI momentan meldet. Das RKI selbst ist auf die Meldungen der Kreise angewiesen und weiß selbst, dass die Zahlen nicht belastbar sind. Nicht umsonst warnt das RKI auf seiner Homepage:
Screenshot www.rki.de am 5.1.2022
Erst Ende dieser Woche rechnet das RKI wieder mit einer verläßlichen Datenlage. Ganze Landkreise sind mit der Erfassung der Daten derzeit überfordert. So zum Beispiel der Kreis Segeberg in Schleswig-Holstein, der nach gleich mehreren Corona-Ausbrüchen in Klubs im Kreis und in Nachbarkreisen feststellen muß:
Webseite des Kreises Segeberg am 5.01.2022.
Erfassung in Hohenlohe funktioniert
Im Hohenlohekreis werden die Infektionszahlen weiterhin tagesaktuell erfaßt und die Meldungen an die übergeordneten Behörden werden tagesaktuell übermittelt. „Insofern kann für den Hohenlohekreis nicht von einem Meldeverzug gesprochen werden“, sagt Sascha Sprenger, Pressesprecher des Landratsamts.
Vom Höchststand am 01. Dezember vom 714,8 sank die Inzidenz innerhalb von vier Wochen auf 181,8. Seitdem steigt die Inzidenz wieder an, am 04. Januar 2022 wurde sie mit 249,2 angegeben. Das entspricht ungefähr der Inzidenz in ganz Baden-Württemberg, die bei 252 liegt. Momentan meldet der Hohenlohekreis 394 aktive Fälle.
Hospitalisierung und Intensivbelastung
Entwicklung der ITS-Belegung in BW. Quelle: LGA BW
Die Fallzahlen auf den Intensivstationen (ITS) sind rückläufig, am 4. Dezember waren noch 471 Menschen mit Coronaerkrankung auf der ITS, davon wurden 289 invasiv beatmet. Die Hospitalisierungs-Inzidenz lag bei 2,9. In ganz Baden-Württemberg sind 12,8 Prozent der Intensivbetten frei – das ist weiterhin eine sehr hohe Belegung. 20,3 Prozent der Intensivbetten in Baden-Württemberg sind von COVID-Patienten belegt.
Weiterhin hohe Belegung der Intresivstationen:
Die Belegung der Intensivbetten im Hohenlohekreis und Umgebung ist laut DIVI-Register am 05. Januar 2022 wie folgt:
Hohenlohe: 7 ITS-Betten, 1 ITS-Bett frei, 3 ITS-Betten von COVID-Patient belegt
Schwäbisch-Hall: 42 / 4 / 8
Heilbronn Land: 55 / 3 / 5
Heilbronn Stadt: 39 / 1 / 16
Main-Tauber-Kreis: 40 / 8 / 2
Alarmstufe I in Reichweite
Damit nähern sich die ITS-Belegung und die Hospitalisierungs-Inzidenz den Schranken, die die Alarmstufe II definieren: Liegt die Hospitalisierungs-Inzidenz unter 3 und bleibt die Anzahl der Menschen mit Coronaerkrankungen auf ITS zwei Tage nacheinander unter 450, dann gilt ab dann nur noch die Alarmstufe I.
In der Alarmstufe I werden einige Restriktionen gelockert, beispielsweise dürfen dann Messen und Ausstellungen wieder stattfinden und die Gastronomie darf wieder länger als bis 22:30 öffnen. Eine detaillierte Übersicht über die Regeln und die Unterschiede zwischen den einzelnen Stufen steht hier zum Download bereit.
Omikron
Im Hohenlohekreis wurden bis jetzt 36 Fälle der Omikron-Variante nachgewiesen, bei zehn Fällen besteht der Verdacht auf eine Infektion mit der Omikron-Variante. Tatsächlich dürften es mehr Fälle sein, denn nicht bei jedem PCR-Test findet eine Sequenzierung statt. Das bestätigt auch Sascha Sprenger: „Wie hoch der Anteil an der Gesamtzahl der Infektionen ist, lässt sich nicht genau feststellen, da von den Laboren nur etwa ein Viertel der positiven Proben sequenziert werden können.“
Auf jeden Fall nimmt die Verbreitung der Omikron-Variante stark zu. Am 4. Januar 2022 meldet das Landesgesundheitsamt über 1.000 bestätigten Omikron-Infektionen bei insgesamt 7.817 Neuinfektionen. Wenn von den Neuinfektionen 25 Prozent, also rund 2.000, sequenziert wurden und davon 1.000 Omikron-Fälle entdeckt wurden, dann sind die Hälfte der Infektionen auf die Omikron-Variante zurückzuführen. Das hat auch eine Abfrage des SWR bei den Testlaboren ergeben. In der letzten Woche des Jahres 2021 lag der Anteil der Omikron-Infektionen noch bei einem Drittel.
Auswirkungen von Omikron noch nicht sicher abschätzbar
Über die Auswirkungen der Omikron-Variante ist weiterhin nur wenig bekannt, jedoch zeichnet sich ab, dass die Omikron-Variante zwar infektiöser ist als Delta, aber die Verläufe in der Regel nicht so schwer sind wie bei Delta. Das stimmt den Koordinator für die intensivmedizinische Versorgung von Covidpatienten in Baden-Württemberg, Götz Geldner, gedämpft optimistisch: In seiner Klinik, dem RKH-Klinikum in Ludwigsburg, gebe es keine Omikron-Patienten auf der Intensivstation. Der Krankheitsverlauf sei bei Omikron deutlich leichter, so Geldners Erfahrung. Da die Delta-Infektionen auf den ITS rückläufig seien, rechnet er nicht mehr mit einer Überlastung der Intensivstationen.
Bedingt Omikron neue Kennzahlen zur Beurteilung der Lage?
Allerdings könnte Omikron ein Game-Changer sein, denn nicht mehr die ITS-Belastung, sondern die Anzahl der Kranken könnte zukünftig für die Gesellschaft kritisch werden. So sieht es jedenfalls Geldner, denn er erkennt ein Problem darin, dass mehr Menschen erkranken könnten. Höhere Krankenstände und höhere Krankenhausbelegung, wenn auch nicht auf die Intensivstationen, verbunden mit krankheits- oder quarantänebedingtem Personalausfall sieht er als mögliche kritische Folgen.
Text: Matthias Lauterer