Sina Trinkwalder war Unternehmensberaterin, bevor sie um 2010 eine Textilmanufaktur in Augsburg aufbaute. Bekannt wurde sie durch Ihren Ansatz, dort Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr gesehen haben, zu beschäftigen. Im ersten Teil eines GSHWÄTZ-Interviews spricht sie über ihr soziales Engagement und darüber, wie es möglich ist, heutzutage in Deutschland noch Bekleidung zu produzieren, unter anderem ihre Jeansmarke Augschburgdenim, die sie in ihrer Firma manomama produziert.
GSCHWÄTZ: Via Zoom ist mir Sina Trinkwalder zugeschaltet. Beim „Vorbildpreis 2016“ in Bayreuth hast du dein Publikum ein wenig schockiert. Kannst du die Situation mal kurz kurz erläutern?
„Ich bin dann präsent, wenn es notwendig ist“
Sina Trinkwalder: In Bayreuth war es folgendermaßen … und nicht nur in Bayreuth. Ich mache das öfters, um Menschen einfach wirklich am Körper spürbar zu vermitteln, was falsch bei uns in der Wirtschaft läuft. Oft dann, wenn ich beispielsweise unterwegs bin, auf Lesungen und Vorträgen, und ich habe eine große Bühne und stehe da drei, vier Meter über dem Publikum. Dann lasse ich sie aufstehen und sich wieder setzen und die meisten fragen sich, warum sie das jetzt machen sollten. Dann kann man wunderbar erklären, dass Menschen einfach das tun, was jemand, der über ihnen steht, einfach befiehlt, ohne selber darüber nachzudenken, ob es überhaupt Sinn ergibt. Das ist die Erklärung dafür.
Menschen tun das, was jemand, der über ihnen steht, einfach befiehlt
GSCHWÄTZ: Mich hat das unheimlich erinnert an den Film Männer von Doris Dörrie, wo auch ein Manager-Test vorkommt. Wo der Herr Ochsenknecht einen Papierhut falten, den dann aufsetzen und auf den Stuhl steigen muss und hinterher heißt es, ja, ein Manager setzt sich keinen Papierhut auf und stellt sich auf einen Stuhl, wenn man es ihm sagt. Haben die Leute nichts gelernt seit der Zeit? Der Film war doch sehr berühmt damals.
Sina Trinkwalder: Da muss ich jetzt sagen, ich kenne ihn auch nicht, den Film (lacht). Insofern finde ich, die Argumentation „Haben die Leute nichts gelernt?“ würde ja nur ab einem gewissen Alter, in einem gewissen Alter greifen. Es gibt jeden Tag neue Menschen auf dieser Welt und jeden Tag gibt es neue Standpunkte, neue Sichtweisen. Insofern glaube ich auch, „hat man nichts gelernt“ ist nicht unbedingt der richtige Ausdruck, sondern wir lernen jeden Tag aufs Neue. Das dürfen wir fragen, ob wir nicht bereit sind, jeden Tag aufs Neue lernen. Da würde ich unterschreiben. Nein, es gibt Leute, die sich dann ganz felsenfest auf den Standpunkt setzen „das haben wir immer schon so gemacht“, es wird anders gemacht und Ende. Und das ist auch momentan ein bisschen unser Dilemma.
Würth verleiht Preis an Trinkhauser: „Unternehmerisches Herz“
GSCHWÄTZ: Ah ja, da nimmst Du was vorweg. Das ist nämlich einer der zwei Sätze, die meiner Meinung nach die deutsche Bekleidungsindustrie in den Ruin getrieben haben. Der eine ist „das haben wir noch nie so gemacht“ und der andere ist, „das haben wir schon immer so gemacht“. Aber das ein kleiner Vorgriff.
Du hast 2017 einen Preis bekommen mit einer Beziehung zu Künzelsau, nämlich den Preis Unternehmerisches Herz, der unter anderem von der WÜRTH-Gruppe verliehen wird, von der Wirtschaftswoche unter anderem und der WÜRTH-Gruppe. Wiie fühlt man sich da, wenn man als relativ kleiner Unternehmer einen Preis bekommt von einer Zeitung und einem Unternehmen, das doch weltweit agiert und eigentlich Großindustrie ist?
Sina Trinkwalder: Wie fühlt man sich da? Ich habe ja, wenn du geguckt hast, sehr sehr sehr, sehr viele Preise bekommen und ich fühle mich danach auch nicht anders als die anderen, sondern „weitermachen“. Das ist mir eigentlich reichlich egal, wie groß oder klein jemand ist. Wenn jemand Notiz von der Arbeit nimmt, die wir in Augsburg machen, dann ist es doch wunderbar und dann begrüße ich das auch.
GSCHWÄTZ: Kannst Du vielleicht ganz kurz darauf eingehen, was du genau in Augsburg machst?
Sina Trinkwalder: Was ich in Augsburg mache? Seit vielen, vielen Jahren, seit nunmehr fast 12 Jahren produzieren wir in Augsburg wieder Bekleidung. Wir wertschöpfen Textilien dort, wo sie vor vielen vielen Jahrzehnten auch gewertschöpft wurden. In einer Zeit bevor man eben bevor man eben im Zuge der Globalisierung woanders hingegangen ist.
GSCHWÄTZ: In der Laudatio zu dem Preis von Würth steht das sehr genau drin: „Sie produziert in ihrer teuren Heimat, verwendet Stoffe aus Deutschland und gibt Langzeitarbeitslosen einen Job in einer Welt mit immer mehr Menschen und begrenzten Ressourcen. Müssen wir anders denken, um nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen? Und Trinkwalder zeigt, wie es gehen kann.“
Corona: „Ich musste niemand meiner Kolleg:innen nach Hause schicken“
Sina Trinkwalder: Ja, vielleicht. Was ganz spannend ist, auch in der Zeit der Krise, der Coronakrise, wo ja die ganzen globalen Ketten implodieren. Wir kamen die letzten eineinhalb Jahre komplett ohne Kurzarbeit aus, ich musste niemand meiner Kolleginnen und Kollegen nach Hause schicken. Wir machen weiter wie bisher. Und ja, es zeigt vielleicht auch, dass es nicht unbedingt die falscheste Entscheidung war, wieder in einer regionalen, beständigen Wertschöpfungskette zu produzieren. Vor allen Dingen ist es die ökologischste.
GSCHWÄTZ: Wie schaffst du das, Jeans auf den Markt zu bringen – Ich habe jetzt zum Beispiel gerade eine an, man sieht es aber nicht – die zum einen in einer sehr guten Qualität sind und zum anderen vom Preisniveau ungefähr auf dem Niveau liegen, wie es die großen Ketten auch anbieten, die dann die Jeans aber für 10 Euro aus Asien importieren.
So rechnet sich die Herstellung einer Jeans
Sina Trinkwalder: Na ja, das Geheimnis ist ganz einfach Du hast es schon gesagt: In einer sehr guten Qualität. Wir würden gar nicht überleben, wenn wir nicht sehr gute Qualität produzierten. Naja, und das zweite ist, dass wir völlig anders kalkulieren. Wenn man sieht, wie heute eine Jeans kalkuliert ist, übrigens jedes textile Produkt … Vor ungefähr fünf bis sieben Jahren war es noch so, dass man sagte der Herstellungspreis mal 3 plus Mehrwertsteuer. Also wenn wir 10 Euro Herstellungspreis oder Fabrikabgabepreis haben, dann wärst du da bei 30, 35 Euro plus Mehrwertsteuer bis bei 45 Euro, salopp gesagt. Die hat aber damals schon 100 Euro gekostet. Mittlerweile sind die Kalkulationen auf das sieben- bis achtfache. Also die Jeans ist nicht teurer geworden bzw. nur minimal teurer geworden. Aber mittlerweile zahlst du 120 bis 150 Euro für dieselbe Geschichte.
Augschburgdenim-Jeans im manomama-Webshop.
Warum? Weil natürlich zum einen die Unternehmen das wirklich brauchen, weil sie sich im Internet um die Reichweite schlagen und einen Haufen in Werbung stecken. Die haben überhaupt gar keine Kohle für Werbung. Und zum Zweiten ist es so, dass sie auch den Verwaltungs- und auch den ökologischen Apparat bedienen müssen. Also so eine Logistik-Geschichte, die kostet ja richtig Geld. Mittlerweile sind wir bei 20.000 Dollar für einen Container. Das wird alles teurer. Das ist bei uns hier nicht teurer geworden. Und das einzige, was teuer ist, aber „teuer“ empfinde ich als völlig falschen Ausdruck, ist Arbeitskraft. Ich setze oder ich richte meine Unternehmen alle volkswirtschaftlich aus. Und volkswirtschaftlich gesehen ist es genau das einzig Richtige zu sagen, dass wir jedem Menschen auch wieder ermöglichen, seinen Erwerb zu erwirtschaften. Egal wie jung oder alt er ist, wie groß, wie klein, wie dick, wie dünn, wie gehandicapped oder wie nicht gehandicapped. Das ist die Aufgabe für mich als Unternehmer. Und dass es teurer in der Herstellung ist, ist natürlich klar, auch weil wir ausschließlich ökologische Materialien und regional verarbeiten. Aber im Endeffekt langfristig gesehen, vom Blick unserer Enkel und Enkelskinder gesehen oder Enkelsenkel gesehen, ist es eine richtig günstige Hose.
Marketingkosten über 50 Prozent
GSCHWÄTZ: Meine nächste Frage ja schon teilweise angesprochen. Eigentlich steckt ja in den „Industrietextilien“ teils 50 Prozent Marketingkosten drin.
Sina Trinkwalder: Das wird wahrscheinlich nicht mal mehr reichen. Ja, das Marketing bei manomama bin ich [lacht]. Mehr ist nicht drin.
GSCHWÄTZ: Nunja, das ist ja auch ein Gesicht und eine Person, die bekannt ist. Da braucht man dann keine Fußballspieler mehr?
„Wenn Leute sagen, das geht nicht, dann ist es deren Begrenzung.“
Sina Trinkwalder: Ja, manchmal wäre mir es ganz recht, wenn es anders wäre. Aber es ist völlig in Ordnung. Ich habe mich wie gesagt vor 12 Jahren für das soziale Projekt entschieden. Heute ist wirklich ein stabiler Mittelständler daraus geworden und wir sind alle stolz. Wir haben ja jetzt auch gerade die Diskussion mit Mindestlohn 12 Euro. Klappt das oder klappt es nicht? Das ist für uns beispielsweise überhaupt gar keine Diskussion. Wir sind gestartet, als es gar keinen Mindestlohn gab. Und auch jetzt, wir haben vor eineinhalb Jahren schon gesagt, wir müssen uns so aufstellen und so umstrukturieren und wir müssen so Produkte produzieren, dass wir auch die Löhne erwirtschaften, dass die Menschen davon leben können.
Kann „überhaupt nicht verstehen, dass wir hier in Deutschland um Mindestlöhne diskutieren.“
Und wenn Leute sagen, das geht nicht, dann ist es deren Begrenzung. Ja, es geht schon, wenn man will. Dazu braucht es auch wirklich tolle Partner. Wir produzieren ja beispielsweise auch viele Einkaufstaschen für die Edeka, Tegut, DM und auch die gehen den Weg, weil auch dort wissen die Einkäufer, alles wird teurer. Niemand kann erwarten, dass immer alles gleich bleibt. Aber wenn alles teurer wird, müssen auch die Löhne steigen. Insofern kann ich die Diskussion überhaupt nicht verstehen, dass wir hier in Deutschland um Mindestlöhne diskutieren.
GSCHWÄTZ: Du hast eben gesagt, Deine soziale Firma. Wie äußert sich das ursprünglich? Wenn ich das recht in Erinnerung habe, waren ja diese Taschen im Prinzip der Einstieg, durch den du den Leuten bekannt geworden bist.
„Du kannst das und komm, wir gehen gemeinsam den Weg“
Sina Trinkwalder: Es ist. Wir machen bis heute zum großen Teil ungefähr 60 bis 65 prozent Einkaufstaschen aus Bio-Baumwolle. Einkaufstaschen für die großen Kooperationspartner, weil das auch der Qualifikations- Einstieg für meine Menschen ist. Für jemand, der noch nie an der Nähmaschine gesessen ist, ist das ein überschaubares Projekt. Das sind Handgriffe, die man erlernen kann. Und über diese Handgriffe hinweg, finden sie wieder Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl, dass sie was drauf haben.
Wenn man bedenkt … Du musst dir vorstellen, wenn dir 500 mal jemand erzählt, du bist zu blöd für irgendwas, du kannst gar nix, ich will dich nicht einstellen, dann glaubt man das irgendwann und dann ist das Selbstwertgefühl komplett weg, das Selbstvertrauen nicht mehr da. Und das müssen wir erst mal wieder aufbauen und sagen „Doch, da gibt’s was und du kannst das und komm, wir gehen gemeinsam den Weg“. Und so fing das Ganze eben an..
GSCHWÄTZ: Es waren also Mitarbeiter, die zu dem Zeitpunkt in irgendeiner Weise krank waren, vielleicht auch psychisch Probleme hatten, die du da ursprünglich eingestellt hast?
„Und bis heute stellen wir Menschen ein, die es auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht einfach haben.“
Sina Trinkwalder: Und bis heute stellen wir Menschen ein, die es auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht einfach haben, wir haben sehr viele Menschen, die einen Migrationshintergrund haben, also Barrieren in der Sprache oder im Lesen beispielsweise. Wir haben Menschen, die vermeintlich zu alt sind, zu wenig leistungsfähig in den Augen der Human-Resources-Abteilungen. Wir haben körperlich gehandicapte. Psychisch gehandicapte haben wir weniger, weil wir ja keine Therapie-Einrichtung sind, den Schuh ziehen wir uns auch nicht an. Psychisch gehandicapte Menschen oder psychisch beeinträchtigte Menschen, die brauchen professionelle Hilfe. Das sind wir der falsche Ansprechpartner. Das darf man eben nicht verwechseln. Weil am Ende des Tages sind wir auch eine Unternehmung, die die schauen muss, dass sie schwarze Zahlen schreibt. Das machen wir seit Jahren. Wir haben keine Bankkredite, keine Fördermittel, nichts. Und das wollen wir auch weiterhin so behalten. Aber wir sind eben keine therapeutische Einrichtung.
GSCHWÄTZ: Bekleidungsnäherinnen zu finden dürfte im Moment schwierig sein, weil es den Beruf in der Ausbildung praktisch nicht mehr gibt in Deutschland?
„Wir haben wieder angefangen, auszubilden“
Sina Trinkwalder: Ja, das war von Anbeginn schwierig, es gibt sie nicht mehr, wie du richtig gesagt hast, aber wir haben wieder angefangen, auszubilden. Und wir selbst bilden in Augsburg Bekleidungsfertiger aus, Modeschneider, Modenäher und schaffen uns selbst unsere Manufaktur Kolleginnen.
GSCHWÄTZ: Wie viele Mitarbeiter hast du im Moment im Produktionsbereich?
Sina Trinkwalder: Es gibt keinen anderen Bereich bei uns. Wir haben keinen großartigen Verwaltungsbereich. Wir haben da zwei Halbtagskräfte und das ist natürlich … momentan sind wir zirka 130 Leute.
GSCHWÄTZ: Das ist ja keine ganz kleine Firma mehr.
Sina Trinkwalder: Nee, so klein ist sie nicht, sie war schon auf 150. Wir haben aber dann auch jetzt die letzten zwei Jahre im Zuge der Pandemie mit Abständen und Tralala und weiß der Geier was alles zum Einen und zum Zweiten auch aufgrund der Tatsache, dass wir bereits viele Ladies und Gentlemen mit in die Rente begleiten durften, gesagt, wir machen jetzt erst mal halblang, um wirklich zu gucken, dass wir alle gesund durch diese Krise kommen.
GSCHWÄTZ: Wenn man jetzt sich die Lage der Bekleidungsindustrie in Deutschland generell vorstellt: Wir haben keine ausgebildeten Mitarbeiter mehr, die Maschinenindustrie ist im Prinzip abgewandert, bei der Deutschland absolut führend war, weil es einfach keine Partnerfirmen mehr gegeben hat. Siehst du irgendeinen Weg, diese Industrie zum Teil wieder zurückzuholen nach Deutschland?
Bekleidungsindustrie in Deutschland: „Ich glaube, zurückkommen wird keiner mehr.“
Sina Trinkwalder: Nein, ich glaube, zurückkommen wird keiner mehr, zumindest nicht unter den Voraussetzungen, wie wir es bei manomama machen. Monomama, der Name kommt von Manu, die Hand, und Mama, die Mutter. Aus den Händen der Mütter. Bei uns steht auch der Manufaktur-Gedanke sehr groß im Vordergrund. Manufaktur deshalb, weil du dir vorstellen musst, wenn du etwas mit den Händen erarbeitest, dann gibt es auch eine intrinsische Motivation. Diese viel besagte intrinsische Motivation, die Selbstwertgefühl vermittelt und die einfach ein gutes Gefühl gibt, dass du etwas drauf hast, dass du etwas kannst.
Was mit Sicherheit wieder zurückkommt – was wir bei Adidas schon gesehen hatten, wobei die schon wieder weg sind – ist vollautomatisierte Schuhproduktion, vollautomatisierte T-Shirt-Produktion. Da brauchst du dann nicht 10 Menschen, um beispielsweise einen Hoodie zu produzieren, sondern einen halben, der parallel fünf Maschinen bedient und fünf Mal aufs Knöpfchen drückt. Das ist in meinen Augen nicht menschenfreundlich, weil niemand Bock hat, den ganzen Tag nur aufs Knöpfchen zu drücken. Ja, das ist auch nicht zielführend für die Motivation, sondern das ist einfach ein Handlanger der Automatisierung. Das, glaube ich, kann wieder nach Deutschland kommen, gerade im Hinblick auf implodierte Lieferketten, dass man versucht, so viel wie möglich zu automatisieren.
Aber das ist genau den Weg, den wir nicht gehen, sondern wir wollen, dass der Mensch im Hintergrund steht, dass eine menschliche, kreative Schaffenskraft im Vordergrund steht, dass wir nach wie vor auf der Wurzel sind, wie ich manomama auch gegründet habe: Wirtschaft FÜR Menschen und nicht durch Menschen. Wir sind eine 130-Leute-Manufaktur und es bleiben wir auch immer.
GSCHWÄTZ: Ist das Manufakturwesen möglicherweise für Deutschland eine Zukunft in verschiedensten Industriebereichen?
Die Renaissance des echten Handwerks
Sina Trinkwalder: Bin ich ganz, ganz sicher, dass dem so ist und wir sind auch mittendrin in einer Renaissance, in einer beginnenden. Wenn man sieht, junge Menschen bekennen sich wieder zum Bäckerhandwerk, zum Fleischerhandwerk, zu ganz archaisch bodenständigen Handwerksgebilden. Ich glaube, dass wir auch in großen Teilen diesen Zenit an Industrialisierung echt überschritten haben. Es wurde alles standardisiert, es wurde alles ge-DIN-Normt. Der Mensch hat keinen Bock mehr auf standardisierte Scheiße. So wird Konsum auch nicht mehr funktionieren. Dass wir Konsum brauchen, da brauchen wir nicht drum herumreden und dass wir ihn auch ein bisschen wollen, ist ja auch in Ordnung. Die Frage ist, wie gestalten wir ihn so, dass wir nicht Raubbau an Mensch, Tier, Umwelt treiben. Und ich glaube, wenn wir wieder viele Kleine nach vorne bringen, durchaus auch mit den Regularien von großen Industrien, wenn es um Lebensmittelsicherheit geht, um Arbeitsschutz geht und und und, dann kann das eine ganz wunderbare, vielfältige Geschichte werden. Wir brauchen auch Vielfalt in der Wirtschaft. Ja, ich finde Einfalt oder Monopolismus und Monopolstellungen finde ich ganz, ganz ganz gefährlich.
Im zweiten Teil des Interviews spricht sie über aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und Verwerfungen in der Bundesrepublik und die Chancen, die sich daraus auch ergeben können.
Die Fragen stellte Matthias Lauterer