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Immernoch kein Go für Freiflächenphotovoltaik in Steinbach

Erneut stand am 10. Mai 2020 im Gemeinderat Künzelsau die Photovoltaikanlage (PV-Anlage)  „Steinbach II“ auf der Tagesordnung. Beantragt war, den Aufstellungsbeschluß für die Änderung des Bebauungsplans zu fassen.

„Hausaufgaben“ aufgegeben

Bereits vor einigen Monaten wurde das Projekt im Künzelsauer Gemeiderat vorgestellt: Ein ansässiger Landwirt will auf seinen Flächen zwischen Steinbach und Amrichshausen durch eine Projektgesellschaft eine PV-Anlage errichten lassen.

Geplanter Standort zwischen Amrichshausen und Steinbach. Foto: GSCHWÄTZ

Im Unterschied zu anderen derartigen Projekten in Künzelsau will er die Anlage allerdings nicht selber betreiben, sondern die Fläche an den Betreiber zu verpachten. Zum damaligen Zeitpunkt waren verschiedene Punkte noch nicht geklärt, unter anderem fehlte das Einverständnis des Regionalverbandes und das Konzept zur Bürgerbeteiligung war dem Gemeinderat nicht detailliert genug.

Gemeinderat schaut sich die Hausaufgaben gut an

Am 10. Mai 2022 trat Hans-Georg Pfisterer, Geschäftsführer der Projektgesellschaft SolNet, erneut vor den Gemeinderat. Er konnte berichten, dass der Regionalverband zwischenzeitlich dem Projekt zugestimmt hat und dass bezüglich der Eigenbeteiligung eine Regelung mit dem Landwirt getroffen wurde. Auch sei geklärt, dass der Sitz der Betreibergesellschaft Künzelsau sein werde. Für die Beteiligung der Bürger schlug er ein Crowdfunding vor, sodass sich Bürger für 3,6 Prozent Verzinsung für fünf Jahre über ein nicht näher spezifiziertes Darlehen an der Projektgesellschaft beteiligen könnten. Die BaFin müsse den Prospekt vorab genehmigen, insofern sei eine Sicherheit gegeben, denn „Crowfunding ist etwas, da gibts keine festen Regeln für“, so Pfisterer.

Diese Art der Bürgerbeteiligung entsprach ziemlich genau dem Vorschlag, der schon bei der ersten Projektvorstellung gemacht wurde und dem der Gemeinderat bereits damals einige Skepsis entgegenbrachte.

„Keine Bürgerbeteiligung – keine Zustimmung“

Und so widersprach auch Boris d’Angelo: „Ich kann da nur bei einer echten Beteiligung zustimmen. Das ist keine Beteiligung, sondern ein Geldeinsammeln. Eine Beteiligung umfasst zum Beispiel Stimmrechte“, meinte er und stellt den Antrag, die Abstimmung über den Aufstellungsbeschluß so lange zurückzustellen, bis ein Konzept zu einer wirklichen Beteiligung vorliegt. „Keine Bürgerbeteiligung – keine Zustimmung“, sagt d’Angelo.

Forderung nach echter Beteiligung

In dieselbe Kerbe schlägt auch Hans-Jürgen Saknus und zitiert ein aktuelles Urteil des Bundesverfassungsgerichts, nach dem es zulässig sei, eine wirtschaftliche Beteiligung von Bürger:innen und Gemeinden zur Voraussetzung zu machen. Das sei eine klare Forderung nach einer echten Beteiligung, findet er.

Wirtschaftliche Beteiligung: Der Einleger ist direkt am Ergebnis und am Risiko des Unternehmens beteiligt, steigt der Strompreis, erhält der Einleger mehr Rendite. Wird die Anlage etwa bei einer Naturkatastrophe zerstört, trägt der Anleger wirtschaftliches Risiko.

Darlehen: Der Einleger stellt dem Betreiber eine Summe für eine festgelegte Zeit zur Verfügung und erhält dafür eine vorab vereinbarte Verzinsung. Steigt der Strompreis, hat der Einleger nichts davon. Bei einer Insolvenz des Unternehmens trägt der Einleger ebenfalls das Risiko des Verlusts seiner Einlage.

Ernst Bürkert will eine Abstimmung und meint, dass man die Voraussetzungen mit der Bürgerbeteiligung im Nachgang nochmals angehen solle.

Plötzlich doch unternehmerische Beteiligungen möglich

Pfisterer wirft noch ein, dass die spätere Betreibergesellschaft, die IB Vogt GmbH, auch echte unternehmerische Beteiligungen bis zu 49 Prozent anbieten könne. „Erst den Startschuß geben, man kann das dann im Verfahren klären“, sagt er. Es ist klar, warum er einen Beschluss will, denn er steht unter Zeitdruck: Die beiden noch offenen PV-Ausschreibungen durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) finden am 01. Juni und 01. September statt – bis dahin benötigt er den Aufstellungsbeschluß, sonst kann er sich an der PV-Aussschreibung der BNetzA zum 01. Juni nicht bewerben.

Große Mehrheit will den Bebauungsplan noch nicht aufstellen

Das überzeugt die Mitglieder des Gemeinderates nicht und so stimmt eine große Mehrheit von 16 Gemeinderät:innen für den Antrag Boris d’Angelos.

Weitere offene Fragen, etwa „Was passiert, wenn die Betreibergesellschaft veräußert wird?“, müssen daher in dieser Sitzung nicht mehr geklärt werden – das Projekt wird in einer der folgenden Sitzungen wieder auf die Tagesordnung kommen.

„Hausaufgaben“ nicht gut gemacht

Pfisterer hatte dem Gemeinderat bereits bei der ersten Projektvorstellung nicht zugehört, jetzt dürfte auch der Termin 01. Juni 2016 für den Zuschlag der Bundesnetzagentur nicht mehr zu erreichen sein.

Text: Matthias Lauterer




Die Preisträger des Jungwinzerpreises Württemberg kommen aus Ingelfingen

Wer einen Preis als Auszeichnung für seine Arbeit bekommt, der darf darauf stolz sein und der darf mit diesem Preis auch für sich und seine Arbeit werben. Dass es auch ganz anders kommen kann, mussten Gerrit und Yannik Schmetzer, die „junge Generation“ im Ingelfinger Weingut Gaufer erfahren: Sie erhielten bereits im Jahr 2020 den Baden-Württembergischen Jungwinzerpreis, konnten diesen Preis wegen der Pandemie aber nicht für sich ausnutzen – alle Veranstaltungen, bei denen sie sich hätten präsentieren können, sind ausgefallen. „So sind wir aber immerhin die längsten Träger des Preises“, lacht Gerrit Schmetzer – denn die Preisverleihung der Jahre 2021 fielen der Pandemie zum Opfer und so sind sie immer noch die amtierenden Preisträger.

Ausgeschrieben wird der Preis jährlich Preis vom Weinbauverband Württemberg in Kooperation mit dem Fachblatt „Rebe und Wein“. Verliehen wurde den beiden Brüdern der Preis aber nicht deshalb, weil sie einen ganz besonderen Wein der Spitzenklasse kreiert hätten – belohnt wurde eine Marketing-Idee: „Wir wollten weg von den Fachbegriffen wie Sorten und Lagen und wollen so vor allem für die junge Generation einen einfachen Einstieg in den Weingenuß anbieten“.  Die Brüder kreierten also eine eigene Reihe, die sie „Wine for Vibes“, übersetzt etwa „Stimmungswein“, nennen und in der momentan vier Weine für vier Stimmungen oder Gelegenheiten angeboten werden: Fürs Tanzen, Feiern, Lieben und Chillen haben die Brüder einen jeweils passenden Wein zusammengestellt – alle vier Weine sind Cuvées, selbstverständlich aus den eigenen Reben.

In „normalen“ Jahren wäre mit dem Preis die Präsenz auf mehreren großen Weinmessen verbunden gewesen, wo man Kontakte zu Endkunden, Gastronomen oder Weinfachgeschäften hätte knüpfen können. „Das ist alles weggefallen. Wir sind aber im Kontakt mit dem Verband, vielleicht können wir das ja in diesem Jahr wahrnehmen“, hofft Gerrit Schmetzer.

Marketing als Herausforderung für Winzer

Marketing sei überhaupt eines der wichtigen Themen im Weinbau der Zukunft: „Der Markt ist gesättigt, es gibt einen Verdrängungswettbewerb. Jede Flasche, die wir mehr verkaufen, verkauft ein anderer weniger“. Das Internet biete aber auch kleineren Weinerzeugern – wie er einer ist – inzwischen preiswerte und gezielte Möglichkeiten. So habe das Weingut Gaufer während der Pandemie erfolgreich „Online-Weinproben“ durchgeführt: Kunden konnten ein Weinpaket bestellen, die Verkostung fand dann unter fachkundiger Begleitung über das Internet zuhause statt. „Da haben wir uns auch noch das Gläserspülen gespart“, grinst er.

Der Klimawandel wird den Weinbau verändern

Ein weiteres Zukunftsthema sei die Reaktion auf den Klimawandel. Nicht nur die Trockenheit bedrohe die Reben, auch die Klimakapriolen mit Sturm, Starkregen, Hagel, seien eine Gefahr. Die Wissenschaft hat sich dieses Themas schon angenommen und versucht, mit Neuzüchtungen gegenzusteuern. Dort hat sich einiges getan, weiß Gerrit Schmetzer: „Früher musste man mehrere  Jahre warten, bis man wußte, ob eine neue Rebsorte die Erwartungen erfüllt. Durch die modernen Methoden der Biologie kann man schon an einer kleinen Pflanze vieles erkennen. Das reduziert die Zeit bis zur Einführung einer neuen Rebsorte beträchtlich.“ Er nennt als Beispiel Neuzüchtungen pilzresistenter Rebsorten – die wurden erforderlich, weil die Umweltauflagen das „Spritzen“ stark einschränken.

Gerrit Schmetzer baut viele Weine im kleinen Holzfass aus. Foto: GSCHWÄTZ

High-Tech nimmt immer mehr Raum ein

Der dritte Faktor, der den Weinbau der Zukunft bestimmen wird, ist High-Tech. Nicht nur aus den Biowissenschaften, auch in der Weinbergtechnik. Gerrit Schmetzer erwähnt einen Roboter, der die Reben nachts mit UV-Licht bestrahlt, um Pilze abzutöten. Der Mensch greift der Natur also beim Naturprodukt Wein kräftig unter die Arme.

Alten Beruf komplett aufgegeben

Inzwischen hat Gerrit Schmetzer seinen ursprünglich erlernten Beruf aufgegeben, hat in Neustadt an der Weinstraße/Wstr Weinbau und Önologie studiert und bei namhaften Winzern in der Pfalz und Baden gearbeitet. Nun bringt er seine Arbeitskraft vollständig ins Familienweingut ein. Auch sein Bruder Yanik ist dem Wein verbunden – er arbeitet bei einer Firma, die technische Geräte für die Weinerzeugung herstellt – „das ist gut, wenn man so direkte Kontakte in die Industrie hat“.

Den Wein macht nicht nur der Winzer

Gerrit Schmetzer nimmt eine Probe. Foto: GSCHWÄTZ

Im Weinkeller zeigt Gerrit Schmetzer, wie wichtig die Fachbegriffe, die den Kunden nicht interessieren müssen, dann doch sind. Er blüht regelrecht auf, wenn er von Farb- und Gerbstoffen spricht, die sich gegenseitig stabilisieren und wie man die Farbe des Weins auf ganz einfache Weise und ganz ohne Chemie ein wenig steuern kann. Er ist in seinem Element und wird ganz enthusiastisch, sprüht geradezu vor Ideen – und was ganz wichtig ist: Er ist stolz auf „sein“ Produkt. Auch deshalb, weil es eben nicht nur „sein“ Produkt ist, sondern ein Produkt der Region und der Natur.

Der Weinmarkt ist im Wandel

Aber noch im Keller spricht er wieder über den Weinmarkt und seine Kunden. Aufgrund der relativ kleinen Mengen, die das Weingut produzieren kann, kann er seine Weine nicht den großen Lebensmittelketten oder Internet-Weinhändlern anbieten. Seine Kunden sind eher Gastronomen und selbständige Lebensmittelmärkte, die nicht nur über den Zentraleinkauf beziehen – und natürlich die Kunden, die direkt ab Hof oder über die Webseite kaufen.

Kleine Weingüter haben es schwer

Schmetzer weiß, dass es kleine Weingüter in einem Marktumfeld, in dem ein „großer Name“ die Marktposition beeinflusst, schwer haben. Nicht zuletzt deshalb würden gerade viele Weingüter oder Weinbauern das Geschäft aufgeben. Trotzdem sieht er sein Weingut für die Zukunft gut aufgestellt: Man sei wirtschaftlich gut durch die bisherige Pandemie gekommen und habe einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Selbst in großen Weinführern, die weltweit vertrieben werden, ist der Name Gaufer, die Stadt Ingelfingen und das Kochertal inzwischen zu finden.

Text: Matthias Lauterer

 

 




Neue 2,9ha große Photovoltaikanlage zwischen Mäusdorf und Kügelhof geplant

Einmal mehr stand die Freiflächen-Photovoltaik im Mittelpunkt einer Gemeinderatssitzung in Künzelsau. Gleich über drei Projekte war am 22. Februar 2022 zu beschließen.

Bebauungsplan Steinacker Vogelherd beschlossen

Am weitesten fortgeschritten ist das Projekt „Solarpark Steinacker Vogelherd“ oberhalb von Nagelsberg (GSCHWÄTZ berichtete). Das Projekt war aufgrund der Einwendung des Regionalverbands stark verkleinert worden, eine ursprünglich geplante Bürgerbeteiligung an der Betreibergesellschaft konnte daher nicht realisiert werden. Bauen und betreiben werden den Solarpark Johannes Braun und Klaus Kempf, Landwirte aus Nagelsberg, die dafür eine Betreibergesellschaft gegründet haben. In vorhergegangen Sitzungen wurde das Projekt im Gemeinderat schon als „geradezu eine Blaupause“ (Rainer Süßmann) oder „Vorzeigeobjekt“ (Robert Volpp) bezeichnet.
Die verbliebenen Einwendungen von „Trägern öffentliche Belange“, beispielsweise zum Artenschutz, konnten zur Zufriedenheit geklärt werden, dem Projekt steht jetzt nichts mehr im Wege. Der Gemeinderat  stimmte denn auch der Satzung über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan sowie dem Vertrag zwischen der Stadt Künzelsau und der Betreibergesellschaft einstimmig zu.

Neues Projekt in Mäusdorf

Lageplan geplante PV-Anlage in Mäusdorf, links oben Richtung Kügelhof.  Foto: Sitzungsunterlagen

Ein neues Projekt stellte Jochen Schurg, Landwirt aus Mäusdorf vor: Er plant eine Anlage von 2.9ha Größe südlich der Straße zwischen Kügelhof und Mäusdorf, die er als zusätzliches Standbein für seinen Hof selber betreiben möchte. Ralf Stier, der mit seinem Unternehmen ingenia die Planung des Projekts durchführt, präsentierte das Projekt: Die Regelungen der Stadt Künzelsau seien erfüllt, auch die regionale Wertschöpfung, da Jochen Schurg als heimischer Unternehmer die Anlage selber betreiben will.
Einzig die Rückbauverpflichtung nach 30 Jahren will Stier nicht so hinnehmen: Module würden höchstwahrscheinlich länger als 30 Jahre Leistung bringen, er schlägt eine Rückbauverpflichtung vor, wenn die Anlage längere Zeit nicht betrieben werden sollte.

„Vorbehaltlos befürwortet“

Der Ortschaftsrat hat, so sagt es Ortsvorsteher Ernst Baudermann, das Projekt „vorbehaltlos befürwortet“.
Diskussion gibt es trotzdem, etwa über mögliche „Zweitnutzungen“, d.h. Nutzpflanzungen auf dem Gelände, das eigentlich als extensiv geplant ist. In diesem Falle müßten dann Ersatzflächen geschaffen werden, darauf weist Erhard Demuth hin. Reintraut Lindenmaier schlägt eine Windnutzung auf dem Gelände vor: „In Norddeutschland stört es niemanden, wenn neben der Ferienanlage ein Windrad steht“ – sie findet allerdings damit wenig Zustimmung.
Auch bei diesem Projekt ist sich der Gemeinderat einig und stimmt einstimmig für die Erstellung eines Bebauungsplans.

Kritik am Projekt in Steinbach

Links neben der bestehenden PV-Anlage ist eine zusätzliche Anlage geplant. Foto: GSCHWÄTZ

Ganz anders sieht der Gemeinderat ein Projekt eines Landwirts in Steinbach: Dort soll neben der bereits bestehenden Anlage eine ungefähr gleich große Anlage gebaut werden. Diese soll allerdings nicht vom Landwirt, dem Eigentümer des Geländes, projektiert und betreiben werden, sondern von einer Betreibergesellschaft, hinter der wiederum ein Investor steht. Der Eigentümer selbst würde durch Pachtzahlungen profitieren – das Steueraufkommen würde nicht in Künzelsau bezahlt werden. Das widerspricht den Kriterien der Stadt, die eine lokale Wertschöpfung vorgeben. Außerdem bestehen Bedenken wegen der möglichen Zerstörung des regionalen Grünzugs. „Wie sollen wir damit umgehen?“ fragt Hans-Jürgen Saknus, schließlich sei auch östlich der bestehenden Anlage eine weitere Anlage möglich, dann hätte man mitten im Grünzug rund 9ha Solaranlage.
Dem Projektierer und dem Landwirt, beide waren nicht anwesend, sind diese Fragen bekannt – eine Antwort wurde dem Gemeinderat nicht gegeben.

„Irgendwelche Anträge“

Auch wenn Bauamtsleiterin Roswitha Deptner sagt, dass diese Fragestellungen eigentlich erst Thema im folgenden  Bebauungsplanverfahren seien und damit im derzeitigen Status noch gar nicht beantwortet werden müßten, läßt sich der Gemeinderat nicht darauf ein. Von „nicht die Katze im Sack kaufen“ ist die Rede.  Auch dürfte einigen Gemeinderät:innen die Aussage der Antragsteller, dass sie den Beschluß benötigen, um Anträge zu stellen, nicht wirklich gut gefallen haben. Welche Anträge das sein sollen, wurde nicht klar. Christian von Stetten fragt: „Welche Zuschüsse könnte der Betreiber jetzt anfordern?“ – und erläutert, dass es für derartige Anlagen momentan gar keine Zuschüsse gibt. Er war mit dem Antragsteller bereits in einer vorhergehenden Sitzung aneinandergeraten, als der sich auf gesetzliche Regelungen bezog, die von Stetten bestritt. Und auch Roswitha Deptner kann nicht weiterhelfen, sie spricht nur von „irgendwelchen Anträgen“, genaueres weiß sie nicht.

Keine Abstimmung

Auf eine Abstimmung über den Aufstellungsbeschluß wollen sich Bürgermeister und Gemeinderat nicht einlassen – würde der Beschluß abgelehnt, dürfte sich der Gemeinderat nämlich frühestens in einem halben Jahr wieder damit befassen. Der Rat läßt mit der beschlossenen Vertagung den Antragstellern die Tür offen, durch Beantwortung der offenen Fragen das Projekt in einer der nächsten Sitzungen auf den Weg zu bringen.

Kriterien sollen angepaßt werden können

Während der Diskussionen dieser drei Projekte ergaben sich mehrere Punkte, in denen die Kriterien der Stadt Künzelsau an ihre Grenzen geraten sind: Landwirtschaftliche Zweitnutzung, die mögliche Zerstörung des regionalen Grünzugs oder die Rückbauverpflichtung.
Verena Löhlein-Ehrler, folgt einem juristischen Prinzip: Wenn Regeln scheinbar nicht eindeutig sind, muß man sich die Frage stellen, welche Intention hinter den Regeln steht. „Wollen wir keinen Rieseninvestor oder wollen wir keine großen Anlagen?“ fragt sie und erinnert daran, dass die Regelungen dazu dienen sollten, dass kleine lokale Bewerber zum Zuge kommen können.
Ebenfalls im Raum steht die Überlegung, ob man von Betreibern eine Sicherheitsleistung für den Rückbau, etwa in Form einer Sicherungshypothek, einfordern soll und ob die feste 30-Jahresfrist für den Rückbau technisch sinnvoll ist.

Der Gemeinderat ist sich darüber einig, dass das fraktionsübergreifende Gremium, das die Regeln formuliert hat, über eine Erweiterung und Weiterentwicklung der Regeln beraten soll.

Text: Matthias Lauterer




„So etwas ist hirnrissig in der heutigen Zeit“

Der 11.11. ist traditionell Karnevals-, Fasnachts-, Fasnets- oder Faschingsauftakt. Ausgerechnet an diesem Tag tagte der Germeinderat Künzelsau und mußte einen Beschluß fassen, dessen bürokratischer Hintergrund durchaus Anlaß für eine scharfzüngige Büttenrede geben könnte. Beschlossen wurde letztlich die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zum Bau einer Freiflächenfotovoltaikanlage auf einer Fläche von ungefähr 2 Hektar oberhalb von Nagelsberg.

Ursprünglich deutlich größer geplant

Das Projekt wurde bereits in früheren Sitzungen im Gemeinderat vorgestellt. Ursprünglich sollte der Bebauungsplan eine Fläche von rund 5 Hektar umfassen, auf denen in zwei Bauabschnitten eine Freiflächen-Photovoltaikanlage errichtet werden sollte. Zwei ansässige Landwirte wollten dieses Projekt verwirklichen und hatten eine umfassende Planung vorgelegt – darin enthalten waren unter anderem bereits Angaben über die Bodengüte, zum Umweltschutz und der Artenvielfalt sowie über die Blendfreiheit. Eine Präsentation, wie man sie selten zu Gesicht bekommt, war die einhellige Meinung. Damals war der Gemeinderat von dem Projekt überzeugt, da es alle Kriterien der Stadt Künzelsau für den Bau solcher Anlagen erfüllte: „Wir waren alle unisono, das kommt ja nicht so oft vor bei uns“, erinnert sich Gemeinderätin Verena Löhlein-Ehrler (CDU).

So stellten sich die Antragsteller den ersten Bauabschnitt vor (hinten rechts: Belsenberg). Quelle: Sitzungsunterlage

 

Die Rechnung nicht mit dem Regionalverband gemacht

Einzige Planungshürde war letztlich der Regionalverband, der sich unter bestimmten Voraussetzungen ein Eingriffsrecht vorbehält. Da die geplante Fläche in einem „regionalen Grünzug“ liegt und sich der Regionalverband dort bei Eingriffen, die mehr als 2 Hektar umfassen, in der Verantwortung sieht, kündigte der Regionalverband an, gegen das geplante Projekt zu sein: Schließlich sei es zu groß.

Widersprüchliches Agieren des Regionalverbandes

Nicht zu groß wäre das Projekt beispielsweise, wenn neben der beantragten Fläche bereits eine ähnliche Anlage bestehen würde: Daher, so ließ der Regionalverband schon durchblicken, würde man sich dem Bau einer zweiten großen Solaranlage zwischen Amrichshausen, Steinbach und Ohrenbach wohl nicht verschließen. Auch dieses Gebiet liegt im regionalen Grünzug. Es wäre also theoretisch möglich, den regionalen Grünzug ganz ohne Einbeziehung des Regionalverbandes komplett mit Solaranlagen zu bepflastern – wenn man es nach und nach macht und darauf achtet, immer direkt neben eine bestehende Anlage zu bauen.

Gemeinderäte zeigen Unverständnis

Unverständnis für die Richtlinien des Regionalverbands zeigt Verena Löhlein-Ehrler (CDU): „Ich komme nicht aus der grünen Ecke, aber die Energiewende ist uns politisch vorgegeben, wir haben das umzusetzen. Wenn man uns die Wege dazu so beschneidet, dann ist das merkwürdig“, findet sie.  Sie wohnt in Garnberg, kennt das Gelände gut und weiß: „Das stört dort niemanden“, auch nicht die Natur, denn durch die geplanten Maßnahmen „würde die Biodiversität eher zu- als abnehmen“, ist sie sich sicher.

Der Regionalverband sei weit weg von den Menschen, das fange schon bei der Sprache an:  „Mit einer ‚linearen landschaftsprägenden Infrastruktureinrichtung‘ ist eine Straße gemeint, ich habe das nachgefragt“, berichtet sie und ergänzt: „Ich bin ja Juristin und sowas eigentlich gewöhnt, aber …“ läßt sie den Satz vielsagend ausklingen.

„Ohne Not ausgebremst“

Eine solche Anlage, gebaut von einem lokalen Investor, der auch eine Bürgerbeteiligung ermöglichen will, sei doch ideal und viel sinnvoller als beispielsweise eine Windkraftanlage, die ganz sicher „raumbedeutsam“ sei. Sie sagt: „Wir fühlen uns ohne Not ausgebremst.“

„So etwas ist hirnrissig“

Auch Johannes Rückgauer (UBK) aus Nagelsberg kennt das Projekt und die Projektbeteiligten gut. Er denkt, dass die beiden Landwirte Klaus Kempf und Johannes Braun letztendlich den Rechtsweg vermeiden wollten und daher ihr Projekt angepaßt, das heißt verkleinert, haben. Er findet für seine Beurteilung der Maßgaben des Regionalverbandes deutliche Worte: „So etwas ist hirnrissig in der heutigen Zeit.“  Er befürchtet, dass die Regeln des Regionalverbandes letztendlich große Konzerne bevorzugen könnten, die sich die Zeit und den Aufwand eines Rechtsstreits möglicherweise leisten könnten. Regionale und lokale Gesichtspunkte würden dann vernachlässigt: „Die Bürgerbeteiligung ist natürlich erstmal vom Tisch“, bemängelt er. Rückgauer kann die Regelsetzung durch den Regionalverband nicht nachvollziehen und fragt sich, welcher demokratischen Kontrolle derartige Entscheidungen unterliegen. Er sieht eine „Wertvernichtung und eine Frustration“ bei den Projektbeteiligten und sagt: „Meiner Meinung nach bremst der Regionalverband. So schaffen wir die Klimaziele nie.“

„Nach wie vor euphorisch, dass wir etwas tun, was Sinn macht“

Johannes Braun aus Nagelsberg, einer der beiden Initiatoren der Anlage, macht zu Anfang des Gesprächs einen ernüchterten Eindruck: „So isches halt“, meint er, wenn er feststellt, dass man jetzt nur zwei Drittel der ursprünglich geplanten Strommenge erzeugen könne. Und natürlich kämen durch die Änderung der Pläne jetzt zusätzliche Kosten für die verkleinerte Anlage auf ihn zu. Weitere Kosten entstünden, wenn perspektivisch vielleicht doch eine Erweiterung infrage käme – diese Kosten wären in der ursprünglichen Planung mit zwei Bauabschnitten in einem gemeinsamen Bebauungsplanverfahren nicht entstanden. Auch er empfindet die Handlungsweise des Regionalverbands als „nicht nachvollziehbar“. Im Hinblick auf den Klimaschutz sagt er: „Wenn jemand auf sein absolutes Recht beharrt, dann kommen wir nicht weiter.“ Vom „Amtsschimmel“, der am Werk sei, spricht er, und davon, dass „Besonnenheit und Maß“ fehle: „Natürlich brauchen wir Richtlinien – aber diese müssen auch dazu da sein, dass man sie an den Einzelfall anpasst.“
Seine Stimme wirkt plötzlich gar nicht mehr ernüchtert, sondern tatkräftig, als er  sagt: „Wir sind nach wie vor euphorisch, dass wir etwas tun, was Sinn macht.“

Solaroffensive der Landesregierung

Der damalige Landes-Umweltminister Franz Untersteller (Die Grünen) kündigte Ende 2020 an,  bis zum Jahr 2030 pro Jahr 550 Megawatt installierte Solarleistung aufzubauen, um die installierte Leistung auf 11 Gigawatt zu bringen. Das ist kein allzu ambitioniertes Ziel, wenn man weiß, dass im Jahr 2020 bereits 660 Megawatt neu errichtet wurden.
Untersteller plante für die Solaroffensive fest mit Freiflächenanlagen. Wie die Einschränkungen durch den Regionalverband mit dem Klimaschutzgesetz und der Solaroffensive der Landesregierung in Übereinstimmung zu bringen ist, hat GSCHWÄTZ beim Umweltministerium nachgefragt.

Task Force: Die Politik arbeitet – hat aber noch keine Ergebnisse vorzuweisen

Die Diskrepanz zwischen der Aufgabenstellung der Landesregierung und dem Handeln untergeordneter Behörden, ist der Landesregierung durchaus bekannt. Man hat aus diesem Grund bereits gehandelt: „Die Landesregierung untersucht im Rahmen der vom Ministerrat beschlossenen Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus der Erneuerbaren, wie Hemmnisse für den Ausbau der erneuerbaren Energien beseitigt werden können.“ Die Task Force prüft derzeit unter anderem die Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien über die Erstellung eines fachlichen Entwicklungsplans, einer Teilfortschreibung oder Fortschreibung des Landesentwicklungsplans sowie die Öffnung von regionalen Grünzügen für Windkraftanlagen und Freiflächen-Photovoltaik.
Auch das Umweltminsterium scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben: Bürgermeister Stefan Neumann berichtet von Gesprächen im Umweltministerium, in denen die Diskrepanz im Handeln der einzelnen Behörden und Verbände von betroffenen Bürgermeistern und Landräten deutlich gemacht wurde. Er hofft, dass in absehbarer Zeit einheitliche und nachvollziehbare Richtlinien angewendet werden.

Johannes Braun sagt dazu: „Wenn man ein Thema priorisiert, dann muss man nicht nur reden, sondern dafür sorgen, dass das Thema auch umgesetzt werden kann. Das einzig Gute ist, dass das jetzt wohl verstanden wurde.“ Die Ergebnisse, die die Task Force erarbeiten wird, helfen ihm für seine Anlage allerdings nicht mehr.

Text: Matthias Lauterer

[Die Verantwortlichen des Regionalverbands haben sich aus Zeitgründen noch nicht zu diesem Thema geäußert]




Äpfel zu verteilen

Die Obstbauern suchen den Kontakt zum Verbraucher und möchten am 4. September 2021 mit einer Apfelverteilaktion zum Thema „regional _ klimaneutral?!“ ins Gespräch mit den Kunden kommen.

Der Kreisbauernverband teilt mit:

„Unsere Obstbauern im Dialog mit den Verbrauchern!“

„Unsere heimischen Obstbauregionen möchten mit der Aktion auf sich aufmerksam machen. Und darauf, welche Vorteile es hat, regionales Obst zu kaufen. Denn: Wer Äpfel aus regionalem Anbau kauft, erwirbt nicht nur leckere Früchte von höchster Qualität, sondern er leistet damit auch ganz nebenbei einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Kurze Transportwege, gesicherte deutsche Qualität und der Verbrauch heimischer Produkte unserer Landwirte & Höfe sind drei eindeutige Pluspunkte für regionales Obst. Egal, wie und wo sie gekauft werden: Ob direkt auf dem Hof, auf dem Wochenmarkt oder im Lebensmitteleinzelhandel. Unter dem Motto „regional = klimaneutral?!“ wollen deutsche Obstbauern mit den Verbrauchern vor Ort ins Gespräch kommen.“

„Wir kommen zu unseren Kunden!“

„Am Samstag, den 4.September 2021 auf den Wochenmärkten der Region können Sie im Laufe des Vormittages den Stadtbummel mit einem saftigen, frisch geernteten Apfel aus der Heimat genießen – persönlich überreicht von Ihren Obstbauern aus der Umgebung. Dabei können Sie sich über die vielen Vorteile von heimischem Obst informieren und alles fragen, was Sie schon immer wissen wollten – egal, ob zum Anbau, zur Lagerung, zur Ernte, zur Vermarktung oder was Sie sonst noch gerne wissen möchten.“

Weitere Info

Der Veranstalter ist die Bundesfachgruppe Obstbau. Es beteiligen sich mehr als 1000 Obstbaubetriebe aller deutschen Obstbauregionen von Kiel bis zum Bodensee. Mehr Infos unter www.regional-klimaneutral.info.

Pressemitteilung des Kreisbauernverbandes




Weg für Freiflächen-Photovoltaik freigemacht

Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Anfragen zur Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf der Gemarkung der Stadt Künzelsau. Und immer wieder begann die Diskussion von vorn. Sowohl für die Stadt Künzelsau mit dem Ziel Klimaneutralität als auch für potenzielle Investoren eine unbefriedigende Situation, war es doch nie klar, mit welchen Erfolgsaussichten Projekte in den Gemeinderat eingebracht werden konnten.

Gemeinderat will Rahmen für Freiflächen-Photovoltaik

Nachdem im Jahr 2020 die Diskussion über ein Projekt der EnBW wieder aufgeflammt war, beschloss der Gemeinderat, sich selber einen Rahmen zu geben. Dieser Rahmen wurde – nachdem in einer fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe erarbeitet wurde – bei der Gemeinderatssitzung vom 30. März 2021 zur Abstimmung gebracht.

Größenbeschränkung auf drei beziehungsweise fünf Hektar

Wichtigste Einschränkung ist die Größe der Anlagen: Es soll maximal eine Größe von drei Hektar erlaubt werden, nur falls ein Energiespeicher geplant und gebaut wird, darf die Anlage fünf Hektar Fläche beanspruchen.

Vorrang der Landwirtschaft

Standorte dürfen nicht überall geplant werden, zum Beispiel werden Gebiete mit guten Ackerböden ausgeschlossen, genauso wie Waldgebiete, Naturschutzgebiete, Biotope und Schutzgebiete. Auch flächige Naturdenkmäler, Überschwemmungsgebiete und Vorranggebiete für vorbeugenden Hochwasserschutz dürfen nicht für eine Photovoltaikanlage verwendet werden. Zusätzlich sollen die Anlagen nicht von bebauten Wohnbereichen aus sichtbar sein.

Ökologische Aspekte

Die Solaranlagen sollen neben der Stromerzeugung auch der Artenvielfalt dienen. Daher sollen die Flächen nach Möglichkeit extensiv bewirtschaftet werden können, von Schafen beweidet werden und ohne Chemie gepflegt werden. Zäune sollen einen Abstand von 20 Zentimetern zum Boden haben, um Kleintiere nicht zu behindern. Durch eine maximale Grundflächenzahl von 0.7 soll eine großflächige Schattenfläche vermieden werden.

Beteiligung von Bürgern und regionaler Betriebe

Zu guter Letzt will der Gemeinderat, dass ein Teil der Wertschöpfung der  neu geplanten Anlagen auch bei Bürgern und Betreibern der Region ankommt. So sollen regionale oder ortsansässige Betreiber bevorzugt werden, die Betreibergesellschaft soll ihren Sitz in Künzelsau haben und Bürger sollen sich an den Anlagen finanziell beteiligen können.

Abgleich mit vorliegenden Anträgen

Das vorliegende Projekt der EnBW auf der Höhe zwischen Belsenberg und Hermuthausen würde aufgrund seiner Größe und wegen des Vorrangs der Landwirtschaft voraussichtlich nicht in den Rahmen passen. Es wird in der nächsten Gemeinderatssitzung nochmals besprochen werden. Das Projekt zweier Nagelsberger Landwirte auf dem sogenannten „Steinacker Vogelherd“ über Nagelsberg entspricht dem Rahmen hingegen sehr gut.

„Sehr gut vorbereitet“

Nach kurzer Aussprache, in der vor allem die konstruktive Zusammenarbeit in der vorbereitenden Gruppe gelobt wurde, wurde der Kriterienkatalog zur Zulassung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen vom Gemeinderat einstimmig beschlossen.

Text: Matthias Lauterer

Freiflächen-Photovoltaikanlage in Amrichshausen. Foto: GSCHWÄTZ

Freiflächen-Photovoltaikanlage in Amrichshausen. Foto: GSCHWÄTZ




Keine persönlichen Briefe mehr vom Landratsamt

Das Landratsamt Hohenlohekreis teilt mit, daß die Voranträge für die Teilnahme am Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) 2021 bis zum 15. Dezember 2020 über FIONA zu stellen sind. Das Landratsamt weist darauf hin, dass anders als in den Vorjahren in diesem Jahr kein persönliches Anschreiben an die Antragsteller geschickt wird.

Im Vorantrag ist der Gesamtumfang für jede einzelne FAKT-Teilmaßnahme anzugeben. Dies ist besonders bei den einjährigen Tierwohlmaßnahmen (Sommerweideprämie, tiergerechte Mastschweinhaltung und tiergerechte Masthühnerhaltung) zu beachten. Wurde der FAKT-Vorantrag ausgefüllt, ist dieser noch in FIONA abzuschließen. Nur abgeschlossene Voranträge gelten als eingereicht.

Weitere Informationen und Hilfestellung für Antragsteller gibt es unter: www.fiona-antrag.de oder direkt beim Landwirtschaftsamt des Hohenlohekreises unter 07940 18-645.

Was ist FAKT?

Das Ziel von FAKT ist der Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft, der Schutz des Klimas und der natürlichen Ressourcen Wasser, Boden, Luft, der Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität sowie die Förderung der artgerechten Tierhaltung.

FAKT fördert – nach dem Baukastensystem kombinierbar – landwirtschaftliche Betriebe, die eine oder mehrere Maßnahmen aus den Bereichen

  • Umweltbewusstes Betriebsmanagement
  • Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft und besonders geschützter Lebensräume
  • Sicherung landschaftspflegender, besonders gefährdeter Nutzungen und Tierrassen
  • Ökologischen Landbau / Verzicht auf chemisch-synthetische Produktionsmittel im Betrieb
  • Umweltschonende Pflanzenerzeugung und Anwendung biolog. / biotechn. Maßnahmen
  • Freiwillige Maßnahmen zum Gewässer- und Erosionsschutz
  • Besonders tiergerechte Haltungsverfahren

durchführen.

Quelle: Pressemitteilung des Landratsamts Hohenlohekreis / Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz

Die Pflege der Kulturlandschaft ist Teil des Programms FAKT. Foto: Unsplash/ Sam Carter




„Wenn der Hohenlohekreis im Jahre 2020 keine anderen Probleme hat“

Seltene Einmütigkeit zeigten auf der Kreistagssitzung vom 09. November 2020 die Kreisräte von CDU, FWV, Grünen, SPD, FDP und Linke. Ein gemeinsam eingebrachter Antrag soll dafür sorgen, dass „an den Schulen in Trägerschaft des Hohenlohekreises regionale Lebensmittel verwendet werden“ und bei Tierprodukten „Ware aus artgerechter Tierhaltung oder Weidehaltung bevorzugt“ werden. Weiterhin sollen Lebensmittel in Bioqualität verwendet werden, „mindestens entsprechend dem Anteil der im Hohenlohekreis biologisch bewirtschafteten Landwirtschaft“.  Bei Veranstaltungen und Festen oder anderen offiziellen Anlässen sollen vorzugsweise Getränke und Lebensmittel aus der Region und biologischer Produktion angeboten werden. „Andere Erzeugnisse wie zum Beispiel Kaffee, Tee, Gewürze und auch Südfrüchte werden aus biologischem oder fairem Handel bezogen.“ Zur Reduzierung des Mülls bei allen Sitzungen, Veranstaltungen und Festen werden nur noch Mehrwegflaschen, -geschirr und -besteck verwendet. Nur „in Ausnahmefällen kann nachhaltiges Einweggeschirr aus Pappe, Holz oder Bio‐Kunststoff verwendet werden.

Bioregion Hohenlohe soll unterstützt werden

Martin Braun (Grüne) begründet den Antrag damit, dass ein Zeichen gesetzt werden soll, Abfall zu vermeiden und die Bioregion Hohenlohe zu unterstützen.

CDU: „Regional und biologisch in der Vergangenheit immer aktiv“

Die CDU kann dem Antrag nicht geschlossen zustimmen, kündigt Dieter Palotta an. Zwar sei die CDU „regional und biologisch in der Vergangenheit immer aktiv“ gewesen, trotzdem gebe es in der Fraktion Kritik, „weil traditionell erzeugte Lebensmittel benachteiligt oder sogar stigmatisiert werden“. Es solle dem Konsumenten überlassen bleiben, welche Lebensmittel er verwenden wolle.

FDP: „Wir brauchen aber auch die konventionelle Landwirtschaft“

Michael Schenk (FDP) freut sich, dass es gelungen ist, aus zwei Anträgen einen gemeinsamen Antrag zu machen. Er würde sich freuen, wenn auch die Kommunen im Sinne dieses Antrags handeln würden und regt an, den Hohenlohekreis zum „Fair-Trade-Kreis“ zu entwickeln, wie es Künzelsau und Pfedelbach vormachen. Aber auch er äußert Kritik am gemeinsamen Antrag: „Wir brauchen aber auch die konventionelle Landwirtschaft“.

Rolf Weibler: „Konventionell und biologisch sind gleich gesund, nur ist biologisch teurer“

Rolf Weibler von der CDU, betont, dass er vor vielen Jahren den ersten Bauernmarkt auf seinem Hof durchgeführt habe. Er findet den Antrag „sinnlos“: „Wenn der Hohenlohekreis im Jahre 2020 keine anderen Probleme hat“. Er meint „Konventionell und biologisch sind gleich gesund, nur ist biologisch teurer“. Außerdem stört ihn die Unbestimmtheit des Begriffs „regional“.

AfD: „Bedauerlich, dass die AfD ausgeschlossen wurde“

Anton Baron findet es „bedauerlich, dass die AfD ausgeschlossen wurde“ und verurteilt diese, wie er es nennt, „Ausgrenzung“. Er wendet ein: „Welcher Landwirt in Hohenlohe hält seine Tiere nicht artgerecht?“ und erklärt, dass die AfD den Antrag prinzipiell für richtig hält, sich aber trotzdem enthalten werde.

Grüne: „Bioprodukte tragen mehr zu Artenschutz oder Klimaschutz bei“

„Wir haben konventionell und biologisch in den Antrag geschrieben, damit es eben keinen Konflikt gibt“, wehrt sich Catherine Kern (Grüne) gegen das Argument der Stigmatisierung. Sie versteht die Polarisierung nicht: „Wir haben gute konventionelle Landwirtschaft im Hohenlohekreis.“ Aber, so betont sie: „Bioprodukte tragen mehr zu Artenschutz oder Klimaschutz bei.“ Sie begrüßt den gemeinsamen Antrag der, wie sie es ausdrückt, „demokratischen Parteien“. Martin Schäfer (Grüne) ist selbst Bio-Landwirt. Er begrüßt den Antrag, weil er den Weg der einzelnen Landwirte unterstützen kann: „Jeder Landwirt kann sich überlegen, ob er konventionell beibehält oder umsteigt.“

Der letzte Wortbeitrag zum Thema kommt von Landrat Dr. Matthias Neth: Er erläutert die Situation im Landkreis, der nur eine einzige eigene Küche betreibt. Auf jeden Fall will er aber die Zulieferer des Schulessens in die Richtung des Antrags bringen. Auf Veranstaltungen des Landkreises sei das Mehrwegprinzip so gut wie verwirklicht und im Landratsamt gebe es auch schon lokale Getränke und Fair-Trade-Heißgetränke. Die Verwaltung befürworte den Antrag und bedanke sich, sagt er.

Entsprechend dem Verlauf der Diskussion wird der Antrag mit 34 Ja-Stimmen bei vier Enthaltungen und einer Gegenstimme angenommen.

Text: Matthias Lauterer

 

Die Spitzenleute der Fraktionen und Gruppen saßen in der ersten Reihe. Foto: GSCHWÄTZ

 

Kreistagssitzung vom 9. November 2020 in Neuenstein. Foto: GSCHWÄTZ




„Wir Bauern können nicht heute Millionen in tierwohlgerechte Ställe investieren, wenn diese durch einen gefühlt willkürlich entstandenen Gesetzesbeschluss morgen schon veraltet sind“

Erst Ende Mai 2020 haben Maike und Markus Wilhelm ein neues Deckzentrum auf Ihrem Schweinehof in Mulfingen in Betrieb genommen. Wie der Bauernverband Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems  mitteilt, wurde das Projekt mit wissenschaftlicher Beratung und als besonders tierwohlgerechter Stall geplant. Trotzdem sei es aufgrund des zeitgleich verabschiedeten Bundesratsbeschluss zur Tierhaltung heute schon „veraltet“, denn im Juli 2020 hat der Bundesrat die siebte Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschlossen. Dies war nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes des Landes Sachsen-Anhalt vom November 2015 („Magdeburger Urteil“) nötig geworden.

Typisch Hohenloher Betrieb

Markus Wilhelm beschreibt seinen Familienbetrieb als einen typischen Hohenloher Betrieb. Seine Frau Meike und er hätten sich bewusst für die Sauen-Haltung entschieden und deshalb auch das neue und tierwohlgerechte Deckzentrum mit 140 Plätzen errichtet. Durch die späte Klarheit habe der Betrieb das Problem, dass sie den neuen, bis vor 6 Monaten weit über die damals geltenden Vorschriften hinaus, für 800 000 Euro erbauten Stall, in acht Jahren so nicht mehr betreiben zu dürfen. Denn die darin lebenden Tiere haben hier „nur“ 3,8 von den nun gesetzlich geforderten 5 Quadratmetern Platz.

Viele tausend Euro notwendig

Viele tausend Euro wären für die Familie Wilhelm notwendig, um den Stall auf den aktuellen Stand der Vorschriften zu bringen. Als Alternative bliebe nur  die Reduzierung des Viehbestands, mit der Folge, dass weniger Einkommen erzielt wird. Dieses Dilemma der unkalkulierbaren politischen Beschlüsse ist für die Landwirte existenziell.

Dilemma der unkalkulierbaren politischen Beschlüsse ist für die Landwirte existenziell

Der Bauernverband Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems möchte von Vertretern der Politik wissen, wie man sich dort die Landwirtschaft der Zukunft vorstellt. „Wir wollen wissen, wo die Reise hingeht“, betont der Geschäftsführer Helmut Bleher. „Wir Bauern können nicht heute Millionen in tierwohlgerechte Ställe investieren, wenn diese durch einen gefühlt willkürlich entstandenen Gesetzesbeschluss morgen schon veraltet sind“, so Maurer weiter.

Aus diesem Grund tauschten sich Vertreter des Bauernverbandes und der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf dem Hof von Maike und Markus Wilhelm in Mulfingen über die vom Bundesrat beschlossenen Regelungen in der Tierhaltung und entsprechende Auswirkungen der Neuerungen vor Ort in Hohenlohe aus.

Ebner: „Warum wurden die Landwirtinnen und Landwirte vom zuständigen Ministerium so lange in Unsicherheit gelassen?“

Abgeordneter Ebner bekennt sich bei seinem Besuch zu einer, für landwirtschaftliche Betriebe existentiell notwendigen, Planungssicherheit. „Das Magdeburger Urteil gab es bereits 2015. Warum wurden die Landwirtinnen und Landwirte vom zuständigen Ministerium so lange in Unsicherheit gelassen?“ Auch auf die Trendumkehr in der Gesellschaft, den Wunsch und die Notwendigkeit nach mehr Tierwohl und einer höheren Umweltverträglichkeit, müssen sich die landwirtschaftlichen Betriebe sicher einstellen können. „Deshalb fordern wir seit langem, dass Leistungen für die Umwelt und die Gesellschaft besonders honoriert werden“, so der Abgeordnete.

„Landwirte dürfen dabei nicht bis an die Schwelle ihrer Existenzsicherheit gefordert werden“

Das beschreibt auch Jürgen Maurer als Vorsitzender des Verbandes und als Landwirt ähnlich. Er weiß, dass sich viele Bäuerinnen und Bauern fragen, wie es weiter gehen soll. Er kündigt an, für die Existenz der Höfe in der Region zu kämpfen. Dabei verkennt er nicht, dass die Bedürfnisse der Menschen unserer Gesellschaft von der Landwirtschaft aufgenommen werden müssen. „Tierwohl ist jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Landwirte dürfen dabei nicht bis an die Schwelle ihrer Existenzsicherheit gefordert werden. Zudem brauchen sie, mit dem Blick auf immer neu entstehende Auflagen, mehr Planungssicherheit“, betont Maurer.

Schweinezüchter Markus Wilhelm: „Wir können weiter existieren, wenn man uns mitnimmt“

Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen und kontroversen Diskussionen, wie es funktionieren könnte, ist sich die Gruppe einig, dass Landwirtschaft auskömmlich und zukunftsfähig sein muss. „Wir können weiter existieren, wenn man uns mitnimmt“, sagt Markus Wilhelm.

Markus Wilhelm, Landwirt aus Mulfingen
Foto: Bauernverband Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems e.V.

Markus Wilhelm erläutert seinen Besuchern die politische Problematik
Foto: Bauernverband Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems e.V.