Er brachte Deutschland in Führung bei dem wichtigsten Spiel gegen Ungarn am vergangenen Mittwoch in der Stuttgarter MHP-Arena – ein Angstgegner, denn Deutschland hat seit dem WM-Sieg 1954 kein einziges Mal gegen Ungarn gewonnen. Jamal Musiala schießt die Deutschen in Führung, Kapitän Gündogan macht den Sieg mit einem zweiten Treffer sicher.
Zwei Spiele, zwei Treffer
Wer aber ist dieser junge Ausnahmespieler, der den Ball um seine Füße wirbeln lässt wie kaum ein anderer und nicht nur technisch auf einem anderen Level zu spielen scheint, sondern noch dazu zum Torabschluss kommt? Der kreative derzeit torgefährlichste Spieler heißt Jamal Musiala. Die Stuttgarter erinnerten an den Banden des öffentlichen Nahverkehrs zur Begrüßung der deutschen Mannschaft daran, dass Musiala in Stuttgart geboren ist und hießen ihn herzliche willkommen. Von 2005 bis 2010 lebte er mit seiner Familie in Fulda, 2011 wanderten sie nach England aus. Von da an spielte und überzeugte er im englischen Fußball.
Dribbelkönig
In der Schweiz wird er als „Dribbelkönig“ gefeiert. „Musiala spielt den Schotten Knoten in die Beine“, schreibt etwa das Nachrichtenportal Blick nach dem überragenden 5:1-Sieg im deutschen Auftaktspiel der Heim-EM 2024. Auch hier kann er im wahrsten Sinne punkten mit einem Torschuss. 2 EM-Spiele für Deutschland. Zweimal verwandelt Musiala. Der 21-Jährige trägt „mit Stolz“ die Rückennummer 10. „Er dribbelt, zaubert, trifft“, titelte auch die Frankfurter Rundschau unlängst. Nur ein Land scheint dabei alles andere als gückllich. In England, dem Titelfavoriten, ist der Unmut groß, dass Musiala bei der EM 2024 nicht für die Three Lions spielt. Dabei war für eine große England-Karriere eigentlich schon alles vorbereitet.
Frustrierte Engländer
Die britische Tageszeitung Daily Mail drückte ihre Frustration über das Scheitern dieses Plans wie folgt aus: „Zwei Gedanken kommen mit jedem Deutschland-Spiel bei diesem Turnier immer stärker auf. Der eine ist, dass sie immer mehr zum Favoriten werden und der andere betrifft die Identität der bekloppten Seelen, die es erlaubt haben, dass sich Jamal Musiala aus dem englischen Fußball entfernt.“
Der Stachel sitzt tief, der Frust ist groß – es ist nicht das erste Mal, dass die englische Presse wegen der verpassten Musiala-Chance wütet.
Es gelang dem DfB, Musiala für Deutschland zurückzugewinnen
Wie Stefan Kuntz als ARD-Experte berichtete, streckte der DFB zum Jahreswechsel 2020/2021 die Fühler nach Jamal Musiala aus – eigentlich erst einmal für die deutsche U21. Dabei kam jedoch heraus, dass das Mittelfeld-Juwel bereits eine Einladung für die englische Nationalmannschaft von Trainer Gareth Southgate hatte. Den englischen Nationaltrainer kennt Jamal Musiala schon seit Grundschul-Kindertagen.
Hätte der Fuldaer einmal für die englische A-Nationalmannschaft gespielt, hätte er nicht mehr im deutschen Nationaltrikot auflaufen können. Fortan wurde das Gewinnen von Jamal Musiala für den DFB von der Aufgabe des U21-Trainers Stefan Kuntz zur Chefsache von Joachim Löw.
Die Männer im Hintergrund
Der damalige Bundestrainer vereinbarte dank der Hilfe seines Nachfolgers Hansi Flick Ende Januar 2021 ein Treffen mit Jamal Musiala – und überzeugte den damals 18-Jährigen für Deutschland. „Herr Löw hat mir bei diesem Treffen einen sehr klaren Weg für mich in der Nationalmannschaft aufgezeigt“, verriet Musiala danach.
Der englische Nationaltrainer Gareth Southgate zeigte sich über die Entscheidung von Jamal Musiala „schon etwas enttäuscht“, berichtete Musiala, der Southgate persönlich über seine Herzensentscheidung für sein Geburtsland – wie es Musiala ausdrückte – informiert hatte. Sie „konnten meine Entscheidung nachvollziehen und haben mir alles Gute für meine Zukunft gewünscht. Ich habe mich total über ihre positive Reaktion gefreut. Das sind echte Sportsmänner“, erklärte Musiala damals der „Sport Bild“.