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„Beim Bier trifft man sich halt besser als bei der Milch“

Etwas versteckt, unterhalb des großen Panorama-Hotels in Waldenburg, liegt eine kleine Gaststätte, das Bergstüble. Dort trifft sich das Team des 1.DSV (DartsSportVerein) Bergstüble Waldenburg regelmäßig alle 14 Tage am Freitag zum Training. Vorbei am Gastraum führt der Weg die Treppe hinunter zum Trainingsraum des 1.DSV Waldenburg. Flutlicht gibt es in dieser Sportarena nicht, es ist recht dunkel.

Trainingsimpressionen. Foto: GSCHWÄTZ

Dirk „Papa Bär“ Prümen. Foto: GSCHWÄTZ

Vier Dartsautomaten stehen an der rückwärtigen Wand, das Training ist in vollem Gang, eine gute Handvoll Aktiver ist bereits am Werfen. Fachkundige Kommentare werden den Pfeilen hinterhergeworfen, vor allem dann, wenn ein Pfeil danebengeht. Oft wird gelacht, denn wer daneben wirft, muss auch die spöttischen Anfeuerungen der Teamkameraden aushalten können.

Trotzdem findet Dirk Prümen die Zeit, das eine oder andere über den Verein, den Dartssport und das Drumherum zu erklären. Sein Kampfname, der auch auf dem Trikot und seinen Pfeilen steht, ist „Papa Bär“ – und er scheint auch für den Verein die Rolle des Papas übernommen zu haben.

Der Verein selbst besteht schon seit einiger Zeit und nimmt auch schon lange an Wettbewerben teil. Derzeit spielt das Team aktiv in der Dart Liga Hohenlohe, einer freien Liga, die nicht dem Deutschen Sportautomatenbund e.V. (DSAB) angeschlossen ist. „Der DSAB stellt hohe Anforderungen an die Spielstätten“, sagt Prümen und verweist darauf, dass man das dem Wirt, in dessen Räumen das Training stattfindet, nicht zumuten will. In der Dart Liga Hohenlohe spielen etwa 35 Vereine in vier Spielklassen, von der C-Liga bis hinauf zur Bezirksliga. Der 1.DSV Waldenburg hat es bis in die A-Liga, also die zweithöchste Klasse, geschafft. Auch wenn es sich um eine freie Liga handelt, spielt man doch komplette Saisons nach festen Spielplänen. Am 10. Oktober geht nach einer Coronapause die neue Saison los: „Unter 2G-Bedingungen sind Sportveranstaltungen wieder möglich“, ist Prümen froh.

„Da hat uns der Staat mit dem Lockdown ein Ei gelegt“

Einige Vereine hätten während der Pandemie allerdings aufgeben müssen, weiß Prümen, da zum Beispiel die Vereinslokale nicht mehr weitergeführt werden konnten. „Da hat uns der Staat mit dem Lockdown ein Ei gelegt“.

Auf ihren Wirt lassen sie nichts kommen

Ihr Vereinslokal hat den Lockdown glücklicherweise überstanden. Immer wieder öffnet sich die Tür und es wird Essen serviert – vom Schnitzel bis zum Wurstsalat sei einfach alles zu empfehlen, „und vor allem die Pizza“, loben die Sportler ihren Wirt einhellig. Die Getränke sind praktischerweise gleich in einem Nebenraum gelagert – das erspart dem Wirt eine Menge Laufarbeit, denn das eine oder andere Sportbier wird trainingsbegleitend geöffnet. Angelo, der Wirt des Bergstüble, sorgt nicht nur für das leibliche Wohl der Sportler, er ist auch der größte Sponsor des Vereins: Nicht nur, dass er den Trainingsraum seit etwa zehn Jahren zur Verfügung stellt, er sponsert auch die Startgelder für Turniere.

Verein will gemeinnützig werden

Im Dezember soll nach über 15 Jahren die formale Grundlage für die Eintragung als ein gemeinnütziger Verein getroffen werden. Man habe diesen Entschluss schon lange gefasst, aber „das ging ja jetzt lange nicht, weil wegen Corona Versammlungen nicht möglich waren“, sagt Prümen.

Ist das überhaupt ein Sport?

Auf die Frage, ob das Dartsspiel überhaupt ein Sport sei, wechselt Prümen den Ton, er wird professionell wie ein Verkäufer: „Darts fördert die Hand-Auge-Koordination. Das ist ein Konzentrationssport wie zum Beispiel das Bogenschießen.“ Hier sieht er einen Ansatzpunkt für die Gemeinnützigkeit: Er will  Jugendlichen den Dartssport nahebringen, denn viele Kinder und Jugendliche hätten heutzutage Schwierigkeiten bei Konzentration oder Fokussierung. „Da kann der Dartssport wirklich viel leisten“, ist sich Prümen sicher.
Michael Rüger weiß, dass gerade die Topspieler top-fokussiert sind: „Denen, die ganz oben mitspielen, kannst Du eine nackte Frau auf die Nase binden, die lassen sich nicht ablenken.“

Gute oder schlechte Serie? Kommt ganz auf den Spielstand an! Foto: GSCHWÄTZ

Und ganz nebenbei verbessert Darts auch den Umgang mit Zahlen, denn man muss sich abhängig vom Spielstand eine Strategie überlegen, auf welche Zahlen man seine Pfeile abfeuern will. „Manch einer muss das sogar nach jedem Wurf“, grinst Prümen einen seiner Teamkameraden an, dessen Pfeil nicht dort eingeschlagen ist, wo er hinsollte. Alte Hasen rechnen gar nicht mehr, die „sehen“, welche Felder sie anpeilen müssen.

Junge Aktive gesucht

Michael Rüger. Foto: GSCHWÄTZ

Mittels Mundpropaganda und Ansprache über soziale Medien versucht der Verein, Jugendliche zu gewinnen – und wie zufällig erscheinen genau bei diesem Thema zwei Jugendliche zum Training.

Dass der Verein jüngere Aktive benötigt, kann Michael Rüger bestätigen: „Auch Darts ist altersabhängig, so ab 50 merkt man’s“, kann er seine eigenen Erfahrungen einbringen. Er spielt seit 36 Jahren und hat, so sagt  er es, „alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt“. BZO-Liga, das ist die zweithöchste Spielklasse, hat er gespielt. Aber nicht nur der sportliche Erfolg ist ihm wichtig, er lobt vor allem das gesellige Beisammensein der Dartsgemeinde: „Beim Bier trifft man sich halt besser als bei der Milch“, lacht er, wenn er von dem berichtet, was bei Turnieren abseits der Dartsscheibe so alles passiert.

Guter Trainingsbesuch

14 Sportler sind im Verein aktiv, dazu kommen zwei passive Mitglieder. Zum Training kommen nach und nach etwa zehn Spieler. „Zehn sind immer da“, zeigt sich Dirk Prümen mit dem Trainingsfleiß durchaus zufrieden.

Darts ist kein teurer Sport

Neben dem Vereinsbeitrag, der momentan bei zehn Euro im Monat liegt, kostet nur die Anfahrt zu den Turnieren und die Ausrüstung Geld. Ein vernünftiger Satz Pfeile für den Amateursport koste etwa 50 bis 60 Euro, weiß Prümen. „Nach oben ist kein Ende“, ergänzt Michael Rüger. Eine ganze Reihe von Darts-Shops gibt es inzwischen, wo man sich seine Pfeile individuell zusammenstellen kann: langer oder kurzer Schaft, viel oder wenig Grip, unterschiedlichste Flights (Flügelchen) – die Möglichkeiten sind nahezu unendlich. Rügers Empfehlung ist, Pfeile in einem Shop auszuprobieren und nicht einfach im Internet zu kaufen. Eine kleine Auswahl von unterschiedlichen Pfeilen ist auch im Trainingsraum verfügbar. Und wer es ganz individuell mag, der dreht sich sein Material ohnehin selber.

Alles, was man braucht: Ein Satz Pfeile. Foto: GSCHWÄTZ

Coronahilfen: „Vielleicht kriege ich noch was“

Angelo, der Wirt des Waldenburger Bergstüble, ist froh, dass er jetzt wieder kochen und Gäste bewirten kann und beklagt die schleppende Bearbeitung der Coronahilfen: „Ich habe minimal Coronahilfen bekommen, vielleicht kriege ich ja noch was“, stellt er der Politik kein gutes Zeugnis aus: „Das waren große Versprechen der Politik“ sagt er rückblickend. Aber er schaut optimistisch nach vorne: „Meine Stammgäste kommen alle wieder“, hat er bemerkt.
Mit den Darts-Spielern hat er ein langjähriges und gutes Verhältnis, seit mehr als zehn Jahren spielen sie bei ihm. So gut ist das Verhältnis, dass er schweigt und gar keine der Anekdoten erzählen will, die es aus  einer so langen Zeit einfach geben muss. Angelo weiß ganz genau, dass neben dem Sport der Spaß und die Geselligkeit beim 1. DSV Waldenburg eine große Rolle spielen: „Die essen und trinken hier, das ist ein Geben und Nehmen. Ich unterstütze die, wir helfen uns gegenseitig“, begründet er seine Aktivitäten als Sponsor. Er übernimmt Startgelder und stellt den Trainingsraum zur Verfügung: „Ich bin kein Krösus, aber wenn ich da helfen kann, dann helfe ich.“

Der Dartssport verbindet

„Bei uns gibt’s keine Unterschiede“, betont Dirk Prümen abschließend und betreibt noch einmal Mitgliederwerbung: „Ob arm, ob reich, ob Männlein oder Weiblein, jeder kann kommen.“ Und so sind auch zwei Frauen auf der Teamkarte des 1.DSV Bergstüble Waldenburg für die Wettbewerbe gemeldet.

Der Dartsportverein trifft sich 14-tägig im Keller des Berstübles in Waldenburg. immer um 19 Uhr. Nähere Informationen bei  Dirk Prümen: 01590/65 10 45 7

Text: Matthias Lauterer

Ein kleiner Teil der sportlichen Erfolge des 1. DSV Waldenburg. Foto: GSCHWÄTZ